Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
Vom Netzwerk:
stellen. Was verlangte Gott denn noch, dass er ihn zusätzlich mit der Anwesenheit einer gegenwärtigen Frau quälte?
    Deren Blick schon wieder auf ihm ruhte.
    Er ertrug das nicht, sie, er ertrug sie nicht mehr, er musste hier raus! Dass er schon wieder aufsprang, bewog sie natürlich nicht dazu, endlich anderswohin zu sehen, doch es half nichts. Keine Sekunde länger hätte er es in ihrer Gegenwart ausgehalten. Er stürmte hinaus, schlug die Tür hinter sich zu – und lief direkt in Ursula Klöblins neugierige Augen hinein, die mit einem Buch in der Hand hinter dem rhetorischen Regal hervortrat.  
    Alles an ihm wurde zu Stein. Er musste weg! Hinauf ins Skriptorium, wohin er immer geflohen war. Warum war Hartwig nicht mehr dort oben? Und Georg noch nicht? Stattdessen Heussgen – nicht auszudenken, ihm unter die Augen zu geraten!
    „Ave Maria“, rang er sich ab, viel zu schnell, viel zu laut – schaffte es dann aber, würdevoll langsam den Raum zu durchschreiten, um hinter den griechischen Philosophen unterzutauchen.
    Mathilda ist eine Frau.  
    Das hatte er vom allerersten Augenblick an wahrgenommen. Und das war nicht der Grund, weswegen seine Füße weiter stolperten, bis an die Wand, damit er sich dagegenlehnen konnte.
    Mathilda von Finkenschlag ist eine Frau, und ich ...  
    Das war es. All die Jahre, fern der Außenwelt im Kloster, umgeben von Nonnen, hatte er im Glauben gelebt, die Frauen hinter sich gelassen zu haben, immun zu sein für deren irdische Verlockungen. Und kaum kam eine Frau in seine Nähe, die als solche erkennbar war – knickte prompt der Priester in ihm ein und drohte, sich in den Mann zurückzuverwandeln, den er in sich doch lange überwunden hatte.
    Denn das hatte er! Er hatte sich entschieden. Gegen alle Frauen dieser Welt. Und zwar aus zwei guten Gründen. Aurelia und Rosa. Die jede für sich bewiesen hatten, dass Arno Priester hatte werden müssen. Heute war er einer, und zwar ein guter, ein berufener. Und die Anwesenheit einer Frau würde daran nichts ändern.  
    Sich straffend, stieß er sich von der Wand ab und atmete tief ein und aus. Ja, er war Priester, und er würde sich dieser Prüfung stellen wie ein solcher. Es ging um Schuld und Sühne, um Sünde und Versuchung. Und darum, zu beweisen, dass er sich zu recht für Gott entschieden hatte. Und das würde er!
    Nun fiel ihm das Atmen leichter. Und ihm war auch eingefallen, was er im Skriptorium wollen könnte.
    Da Hartwig sich ja bereits in diesem frühen Stadium als unfähiger Kandidat für Mathilda präsentiert hatte, musste Arno auf den zweiten Teil seines Planes ausweichen. Er würde also sofort Sandizell seine Idee der Bildungsvorträge unterbreiten.
    Der ältere Laienbruder liebte dieses Kloster mitsamt dessen Geschichte, hatte persönlich Anteil daran – und betrachtete sich als großen Redner. Verfügte also über ideale Voraussetzungen dafür, alle interessierten Nonnen und Mönche einträchtig in einem Raum zusammenzuführen. Indem er ihr ehrwürdiges Kloster in den Mittelpunkt stellte, so hatte Arno sich überlegt, würde er die Örtlerin bei ihrer Eitelkeit packen und deren Zustimmung für diese Klausurlockerung am leichtesten erlangen.
    Mit neuer Energie ließ er die Bücher Bücher sein und eilte in Richtung Treppe zum Skriptorium.
    „Habt Ihr nicht gefunden, was Ihr gesucht habt, Pater Wayden?“
    Im Herumfahren glättete er sein erschrockenes Gesicht. Hatte die alte Ursula ihn schon wieder erwischt!
    „Ich habe alles, was ich brauche, danke, Schwester Klöblin“, erwiderte er huldvoll – und hob eine Augenbraue. Die ältere Frau kicherte prompt. Hier war so manche Schwester – selbst ehemalige Äbtissinnen wie diese Alte hier – keineswegs zur Nonne berufen. Lediglich besser in der Lage gewesen, das zu verschleiern.  
    „Ich wollte nur 'Eurem' Bruder Sandizell einen Besuch abstatten – da er ja offensichtlich gerade frei ist.“
    Ursulas Lächeln übertraf sogar die Ironie des seinen. „Nur zu! Ich bin sowieso noch zu keinem Ergebnis gekommen, was die Suche nach meiner neuen Lektüre angeht.“
    Nun, wenigstens stand sie zu ihren Sandizeller Ambitionen. Mit zur Schau gestellter Unterwürfigkeit verneigte er sich vor ihr und schritt zur Treppe. Doch, er fühlte sich wirklich besser.

Donnerstag, 29. Dezember 1521
    Wer ohne Schuld ist ...
     
    Christus spricht: Aber es sein zu wissen, dass die ordentliche Bettgewand sollen sein von Stroh, darauf sollen sie haben zwei wollene Decken von Loden ohne

Weitere Kostenlose Bücher