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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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es den Teufel?“
    Heussgens Frage ließ Arno sich endlich von der zur Türe zurückgewichenen Mathilda ab- und wieder den anderen zuwenden.
    „Mit der gleichen Selbstverständlichkeit, mit der es Gott gibt“, erwiderte er.
    „Ihr meint, mein Lieber, aufgrund der Tatsache, dass es Gott gibt, gibt es auch den Teufel?“ Pater Heussgen schien in Fahrt zu kommen und rieb sich erwartungsvoll die Hände.  
    Verwundert sah Mathilda ihn an. Offensichtlich hatte er großen Spaß an derlei Disputen.
    „Sprecht Ihr von der Dualität?“, wandte sich nun Hartwig, der bisher nur still dagestanden und mit begierigem Gesicht gelauscht hatte, an Heussgen.
    „Exakt“, nickte dieser, dem Novizen einen anerkennenden Blick zuwerfend. „Die alles bestimmende Dualität.“ Nun sah er Mathilda in die Augen, während er sich auf seinen Platz zurückzog. „Weißt du, was damit gemeint ist?“
    „Ich bin mir nicht sicher“, schüttelte Mathilda den Kopf. „Aber ich weiß, Dualität bedeutet Zweiheit.“
    „Dualität bedeutet darüber hinaus einen unversöhnlichen Gegensatz.“ Heussgens Augen blitzten. Er winkte mit der Hand. „Setzt Euch, Mathilda und Hartwig. Mir scheint, als würde es noch eine Weile dauern, bis wir diese Frage beantwortet haben.“
    Sollte sie? Oder würde sie Arno damit unwiderruflich verärgern? Der sah anderswohin – während Heussgen ihr schon wieder ermutigend zunickte. Zögernd setzte sie sich auf einen der Stühle vor Heussgens Tisch, Arnos Unwillen hinter sich. Dann aber verfolgte sie gespannt, wie Heussgen mit der Hand in die Tasche seiner Kutte fuhr und etwas daraus hervorzog.
    „Siehst du diese Münze hier?“ Er hielt einen Silbertaler in der Hand und drehte ihn hin und her. „Sie hat zwei Seiten.“
    Arno in Mathildas Rücken stöhnte. Was Heussgen nur zu einem spöttischen Blick bewog, nicht aber dazu, das Gespräch zu beenden.
    „Dualität bedeutet, dass der gute Friedrich“, und damit deutete er auf den geprägten Kopf auf der Vorderseite der Münze, „niemals den Vogel hier wird sehen können.“ Er drehte die Münze um. Ein Adler mit ausgebreiteten Schwingen erschien. Wieder schwenkte er die Münze vor Mathildas Augen. „Sie werden nicht zusammenkommen, egal, wie schnell ich den Taler drehe.“
    Mathilda nickte. Das war soweit klar. „Friedrich und der Adler sind also unvereinbare Gegensätze.“
    Heussgen lachte. „Auf dieser Münze schon. Aber Dualität gibt es überall.“ Er hob den Kopf. „Wer weiß ein Beispiel?“
    „Licht und Dunkelheit“, sagte Hartwig sofort. „Leben und Tod.“
    „Wärme und Kälte“, sagte Mathilda.
    „Liebe und Hass“, steuerte Katharina bei.
    Was Arno erneut zum Stöhnen brachte.
    Mathilda, die ihn nicht sehen konnte, erstarrte. Liebe auf der einen Seite, Hass auf der anderen. Wer liebte, hasste nicht. Aber wer liebte und sich dagegen wehrte? Wie leicht oder schwer war es dann, zu hassen?
    Schwer war es, Arno bei diesem Gespräch dauernd stöhnen zu hören! Tat er das aus Liebe – oder aus Hass?
    „Gott und Teufel.“
    Es war seine dunkle Stimme, die die Stille des Raumes durchschnitt. „Das ist es doch, worauf Ihr hinaus wollt.“
    „Exakt“, bestätigte Heussgen, drehte den Taler noch einmal in seiner Hand und ließ ihn dann wieder in seiner Tasche verschwinden. „Gott und Teufel, die beiden Seiten ein und derselben Münze.“
    „Damit hättet Ihr bewiesen, dass es ihn gibt“, erinnerte Hartwig. „Aber sagtet Ihr nicht eben, es gäbe ihn nicht?“
    Arno schnaubte leise, sagte aber nichts weiter dazu. Jedoch spürte Mathilda die Spannung, die von ihm ausging, im Nacken.
    „Ihr habt richtig gehört“, bestätigte Heussgen. „Ich sagte, es gibt den Teufel nicht.“
    „Aber – ist Gott nicht ein unvereinbarer Widerspruch zum Teufel?“, fragte Mathilda.
    „Das ist er, in der Tat“, nickte Pater Heussgen. Er hob die Augen und wandte sich direkt an Arno: „Was sagt Ihr dazu? Wo ist der Teufel?“
    Wieder fühlte Mathilda die Spannung hinter sich, hörte den Widerwillen in seiner Stimme. „Eurer Argumentation zufolge kann der Teufel nur dort sein, wo Gott nicht ist.“
    „Exzellent“, rief Heussgen begeistert aus. „Und wo ist Gott nicht?“
    „Wo Gott ist, kann der Teufel nicht sein“, kam Katharinas nachdenkliche Stimme hinter dem Trenngitter hervor. „Aber - ist Gott nicht überall?“
    „Wunderbar“, rief Heussgen und strahlte Katharina an. „Gott ist überall. Also kann es den Teufel gar nicht geben,

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