Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
Vom Netzwerk:
wissen.
    „Nachgespürt, ob ich es wünschte.“
    Das war – anders bei ihm selbst, nicht wahr? Arno wünschte es zu sehr ...
    „Aber ich habe verzichtet“, schloss Pater Bertram – und es fühlte sich so an, als ob er damit eine Tür zuschlüge und alle Hoffnungen Arnos zunichtemachte.
    Einen langen Moment des Schweigens musste der sich ausschließlich aufs Weiteratmen konzentrieren. Dann erwischte er einen neuen Lichtstreif an seinem Denkhorizont. „Wie hast du das geschafft?“ Das war die Frage, die er für sich beantworten, das, was er tun musste.
    „Ich habe dem nachgespürt, was ich wünsche“, wiederholte Pater Bertram. „Und dadurch begriffen, dass Gott es war, mein Leben mit Gott, was ich wollte.“ Ein Lächeln stahl sich in seine Mundwinkel. Ein wehmütiges, sehr zärtliches. „Dass das es war, was ich mehr wollte“, verbesserte er sich.  
    „Aber – warum? Wie ... wie hast du geschafft, ... deine Geliebte weniger zu wollen?“
    Nun lachte der alte Pater amüsiert auf. „Es war so.“
    „Aber ...?“ Arno begriff nicht. Ihm fehlte noch immer ein Stück in seiner Gedankenkette.
    „Ich hatte die Wahl zwischen einer körperlichen Partnerschaft mit einer Frau mit Gründung einer Familie und einem weltlichen Leben mit ihr – und meiner geistigen und seelischen Partnerschaft mit Gott, wenn du so willst.“
    „Zwischen der irdischen Liebe und der göttlichen. Ja.“ Arno nickte. Das Lächeln in seinem Gesicht war schneller als er. Mathildas und sein ewiges Thema. Kein Grund zu lächeln. Das war es, sein Leiden.
    Welches er loswerden wollte! „Das war meine Frage“, beharrte er. „Wie du es geschafft hast, dich wieder für die göttliche Berufung zu entscheiden.“
    „Und meine Antwort war die, dass ich die göttliche mehr wünschte.“
    „ABER WIE?“ Warum verstand der Andere ihn nicht? Es war doch eine einfache Frage! Arno war aufgesprungen. Ungeduldig. Ärgerlich.
    Pater Bertrams Augen waren ihm ruhig gefolgt. „Ich habe den Eindruck, wir sind an die Stelle gestoßen, an der du blind bist, Arno.“
    „Was ...?“
    „Ich habe mich sozusagen für eine Liebesbeziehung mit Gott entschieden. Das bedeutet, dass ich auf eine Ehe mit einer Frau verzichten muss. Aber das ist so. Das tue ich. Und zwar mit Freuden. Weil ich andernfalls das, was ich jetzt mit Gott lebe, verlöre. Gott wäre nicht mehr das für mich, was er jetzt ist. Und ich möchte nicht, dass sich das ändert. Darauf, was ich mit Gott habe, möchte ich nicht verzichten. Um nichts auf der Welt.“ Seine Augen bohrten sich in Arnos, die nun nicht mehr darum herum kamen zu sehen. „Verstehst du?“
    „Gott ...!“ Nein, dieser Ausruf verwandelte sich nicht in ein Gebet. Arno hustete. „Gott erfüllt dich mehr?“
    Pater Bertram lächelte. Nickte. Und sah Arno an. Schwieg.
    Er fragte ihn nicht.
    Arno fragte sich nicht.
    Mathilda antwortete einfach. Mit ihren blauen Augen, die niemals stumm bleiben konnten. Die er jetzt vor sich sah wie in seinem Traum. Die sich zu ihm umgewandt hatte, ihre Hand nach ihm ausgestreckt. Die ihn rief: 'Arno, komm zu mir zurück! Lass mich nie mehr allein, ich liebe dich, dich will ich lieben, nur dich!'
    Arno riss sich heraus. Sie antwortete, ehe er gefragt hatte, sie war doch die Versuchung, der er widerstehen musste! Dass er sie in seinen Armen wollte: Sünde! Fleischlichkeit! Dass er sie an sich pressen wollte, sie ... halten, festhalten, in sich aufnehmen, sich in ihr auflösen ...
    Das war nicht sein Fleisch, nicht nur. Das war anders als das, was ihn nach Aurelia von einer Frau zur nächsten getrieben hatte, ohne je zu finden, wonach er sich gesehnt hatte. Das mit Mathilda war anders, war mehr, war ...
    ... das, wonach ich mich sehne, damals gesehnt habe, immer. Sie ist es, die ich will. Begehren. Haben. Halten. Geben. Trösten. Heilen. Nähren. Trinken. Alles.
    Schon wieder schreckte er auf. War es das wirklich? War das sein Alles?
    Aber wo ist Gott? Mein Gott, wo bist … Das 'du' kam nicht. Wo ist Gott, der nicht mehr mein Gott sein kann?  
    Er sank zu Boden, auf die Knie, sein Oberkörper knickte nach vorn, seine Hände schoben sich seine Schläfen entlang und krallten sich in sein Haar. Die stachelige Tonsur schien inmitten dieses heiß-stickigen Raumes sämtliche Kälte der Welt aufzunehmen. Doch ehe die seine gelähmte Seele hätte kühlen können, versickerte diese Kälte im Wirbel seiner ungerichteten Gedanken. Gefühle. Wirbel.
    „Was erfüllt dich, Arno?“
    Er vergrub sein

Weitere Kostenlose Bücher