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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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Gott noch Mathilda. Arno war in einer Sackgasse, konnte weder umkehren noch vorwärts weiter. Beziehungsweise, er musste umkehren. Nach Altomünster, um Mathilda zu sagen, dass er sie nicht lieben konnte. Und der Örtlerin, dass er nicht länger Mönch und Priester war. Damit brach er seine ewige Profess, beging eine schwerwiegende Sünde, die er die Äbtissin ahnden lassen würde. Sein Leben war zu Ende.  

Freitag, 20. Januar 1522
    Harren und Hoffen
     
    Keine Hoffnungslosigkeit soll deinen Geist bedrücken. Kein Klagen und Murren kommt über dein Lippen. Vielmehr strahle dein Gesicht frohen Mut aus. Heiterkeit herrsche in deinem Gemüt, und aus deinem Mund erklinge Danksagung.
    Petrus Damiani
     
     
    Dass es im Unterrichtsraum ganz entsetzlich still war, nahm Mathilda überhaupt nicht mehr wahr. Gebeugten Hauptes saß sie Nachmittag um Nachmittag da und übersetzte. Aber nicht den Kempen, nicht das 'Buch von der Nachfolge Christi', das ihre eigentliche Aufgabe gewesen wäre. Sie übersetzte alle Psalmen, die traurig genug waren, ihrem Elend Ausdruck zu verleihen. Und während jeder Rekreation sang sie sie, schrie ihre Pein damit in die hallende Kirche hinaus, während sie sich rückwärts an die Wand presste, die Hände neben sich gelegt. Sobald sie nämlich zu singen aufhörte, begann der Sog, nach vorn, zur Brüstung und darüber hinaus. Zu Arno.
     
    Ab und zu hörte sie dabei ein Türenklappen, leise Schritte, die ihr sagten, dass Mutter Örtlerin gekommen war – und lauschte. Warum auch immer. Mathilda hatte keinen Grund dafür in Erfahrung bringen können. Aber das war auch völlig gleich. Alles würde kommen, wie es kommen musste. Mathilda war klar, dass man sie hier nicht ewig weiter studieren lassen, nicht weiterhin täglich alleine vom Balkon der Laienschwestern aus singen lassen würde. Es würde enden, wie bisher alles geendet hatte. Das war nur folgerichtig – und deswegen auch völlig egal. Danach – würde wieder etwas kommen. Oder eben nicht.
    Aber noch ging es so und sie würde nichts unternehmen, um dieses fast angenehme Elendsgleichgewicht, das sich für sie eingependelt hatte, zu durchbrechen.
    Katharina sah ihr nur mit dunklen Augen nach, wenn sie nach dem Mittagessen das Refektorium verließ, sagte aber niemals etwas. Ihr ging es gut. Sie strahlte. Dienstagabend war es gewesen, dass sie kurz nach Beginn des Nachtsilentiums an Mathildas Kammer geklopft hatte.
    „Ich hab nicht viel Zeit“, hatte sie gesagt. „Elisabeth“, sie deutete auf die Türe, „sie wartet schon.“
    Mathilda hatte schon an Katharinas leuchtenden Augen erkennen können, dass alles wieder gut war zwischen den beiden Frauen.
    „Ich muss dir etwas Großartiges erzählen.“
    Katharina war zu Mathilda getreten und hatte ihre Hände gepackt. „Stell dir vor, sie hat es sich überlegt. Elisabeth und ich kommen mit Pater Heussgen mit, wenn der geht.“
    Unvermutet hatte sie in ihrem begeisterten Überschwang geendet und Mathilda prüfend angesehen.
    „Aber was ist mit dir? Du siehst so elend aus.“
    Und da hatte Mathilda nicht mehr an sich halten können. War weinend an Katharinas Schulter zusammengesunken und hatte alles erzählt. Von Sebastian, Georg und dem Finsteren Gang. Schließlich auch, wie sie ihre Liebe zu Arno entdeckt hatte, von der Umarmung - und der Verzweiflung, die seit seinem Verschwinden immer mehr an ihr fraß.
    „Er wird sich für Gott entscheiden und nicht zu mir zurückkommen“, schluchzte sie. „Und wenn doch, dann nur, weil er mich wegschicken will. Er – wehrt sich so.“
    „Scht“, hatte Katharina gemacht und sie vorsichtig gewiegt. „Nicht weinen, scht. Es ist sicher alles nicht so schlimm, wie es jetzt aussieht. Wie doch auch bei Elisabeth und mir. Arno wird zurückkommen und entdecken, dass er nur mit dir sein will. Scht. Ich bin ganz sicher. Und dann werden wir alle gemeinsam von hier weggehen.“
    So unrealistisch sie auch geklungen hatte, Mathilda hatte sich langsam beruhigt, schließlich sogar gelächelt. Ja, Katharina konnte auch recht haben. Es war nicht gesagt, dass alles so bleiben würde wie jetzt.
    Schließlich war Katharina gegangen und hatte Mathilda zurückgelassen, für den Moment einigermaßen getröstet. Dennoch, sie hatte Angst, für immer hier im Kloster begraben zu sein. Wenn auch nichts klar war, ohne Arno von hier fortzugehen, kam nicht infrage.
     
    Seitdem hatten sie kaum ein Wort mehr miteinander gesprochen, denn Katharina klopfte abends nicht mehr bei ihr

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