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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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ihm ewig zu dienen, richtig war. Und plötzlich“, konnte er sich auf nichts mehr verlassen. „Plötzlich bin ich nicht sicher, ob ich mir je sicher habe sein können. Als ob nicht alles falsch ist, immer das Falsche gewesen ...“
    Dass er sich belogen haben könnte. Vielleicht hatte er sich ein ganzes Leben lang belogen.
    „Und ich lebe in neuer, schrecklicher Sünde. Ich betrüge Gott und alles, woran ich glaube, geglaubt habe, alles, wofür ich immer gelebt habe. Ich kann nicht mehr beten, und es wird immer schlimmer ...“
    Bertram hatte die Hand gehoben. „Nicht so schnell, Arno. Schweig erst einmal. Lehn dich zurück und atme tief durch.“
    „Aber ich ...“
    „Halt. Warte. Es reißt dich sonst mit, sorgt nur dafür, dass du dich sinnlos anklagst und es dir nur noch schlechter geht. Unterbrich dich. Warte.“
    Es war schwer. Dieses Gespräch war es, auf das Arno zugelebt hatte. Seine Hoffnung ...
    Die er nicht haben durfte!
    Die dieser Mann – der alles über ihn wusste, der sein Beichtvater war, selbst glücklich mit Gott – ihm dennoch zugestand.
    Und das war so verlockend. Diese Erlaubnis zur Hoffnung. Die Arno sich aber verdienen musste, sie rechtfertigen. Deshalb wollte er reden, sich dem Anderen erklären, deshalb hatte er Angst, die in seinem Kopf umhertrudelnden Worte endgültig durcheinanderzubringen, wenn er sie nicht alle zugleich herausbrachte.
    Doch Pater Bertram hatte kein Erbarmen. Ungerührt saß er, Arno stumm und unnachgiebig bedeutend, dass er zu schweigen habe. Erst als sein Atem sich wirklich beruhigt hatte und er in der Lage war, Bertrams Blick zu erwidern, nickte der endlich. Hob jedoch seinerseits zu sprechen an, ehe Arno den Mund hatte öffnen können.
    „Du vermischst da zwei Dinge, Arno. Deine neue Sünde. Und das Schwanken in deiner Sicherheit. Was wollen wir zuerst anschauen?“
    „Es ist ein und dasselbe, ich kann es nicht trennen“, stellte Arno klar.
    „Zu schwanken ist an sich keine Sünde“, entgegnete Bertram. „Es ist schwer für dich – eine Krise – und du magst anfälliger gegen die Versuchungen der Sünde sein als sonst. Doch für sich gesehen, ist es legitim und fruchtbar, dass wir uns von Zeit zu Zeit vergewissern, ob der Weg, den wir eingeschlagen haben, noch immer der richtige für uns ist.“
    „Aber ich will das nicht infragestellen“, rief Arno erstickt aus. „Und ich will nicht schwanken! Ich will, dass ich so bin, wie ich immer war!“ Prompt klang er wie ein trotziges Kind. Hastig presste er die Lippen aufeinander.
    Bertram lächelte. Arno sah es nicht, er hatte die Augen fest zugekniffen, aber es war, als wäre es im Schweigen zwischen ihnen hörbar. Liebevolle Nachsicht. Beschämend.
    „Das verstehe ich. Und doch musst du dich damit auseinandersetzen. Mit beidem.“
    Arnos Lippen unbewegt. Unbeweglich. Er schluckte. Wusste erst im Moment des Sprechens, was er aussprechen würde. „Das Schlimmste ist, dass ich nicht imstande bin, es als Sünde zu empfinden. Sie.“
    „Eine Frau.“ Das war keine Frage gewesen.
    „Die Frau, die ich ...“ Das kam nicht über seine Lippen. „Ich will sie“, formulierte er es stattdessen. „Ich will sie so sehr, dass ich das nicht als Sünde empfinden kann. Ich kann es nicht bereuen. Weil ich ...“ Er atmete aus. Atmete ein. Wieder aus. Selbst wenn es so war – so wäre – er war nicht imstande, es auszusprechen.  
    Hatte Bertram es trotzdem gehört? Er nickte. So wissend. So abschließend.
    „Das ist schlimm“, begehrte Arno auf. „Ich lebe in Sünde und kann nicht bereuen. Das ist das, was am schlimmsten ist.“
    „Und du bist zu mir gekommen ...“ Bertram ließ den Satz unvollendet.
    „... damit du mich daran erinnerst, was ich immer wollte. Ich wollte immer so sein wie du!“
    Wieder nickte der Ältere. „Ich bin glücklich. Ich lebe glücklich in meiner Liebe zu Gott. Und zu den Menschen meiner Gemeinde.“
    „Hast du nie geschwankt, Vater?“ Das hatte er in der Tat noch nie gefragt. „Hast du dich nie in eine Frau verliebt?“ Und das überwunden? Atemlos gebannt lauschte er der Lösung seines eigenen Leidens.  
    „Doch, das habe ich.“
    „Bevor du damals zu uns kamst?“
    „Ja. Und auch danach.“
    „Ehrlich?“ Ein wildes Glück durchströmte Arno. „Dann hast auch du gesündigt? Äh – in Gedanken?“, schränkte er rasch ein.
    „Ich habe mich gefragt, ob ich die Sünde begehen wollte“, präzisierte Bertram.
    „Das – gewünscht?“ Das musste Arno einfach

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