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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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Rotbartsoldaten ging schnell. Die Verhöre, die folgten, als klar wurde, dass auch Hartwig, Sommer und Huber fehlten, weniger.
    In heller Aufregung katapultierte Palgmacher Fragen durch den Raum.
    Wer hatte engeren Kontakt zu den Abtrünnigen gehabt? Wo waren sie mit dem Häretiker zusammengekommen? Wer hatte in den Äußerungen verdächtige Sinneswandlungen bemerkt?
    „Wayden?“
    Der hatte sich schon gefragt, wann es ihn treffen würde – offenbar hatte Palgmacher sich ihn als Leckerbissen bis zuletzt aufgespart.
    „Ihr seid mit dem Häretiker befreundet.“ Die Eröffnung der Schlacht. „Und der Lehrer eines Flüchtigen. Was habt Ihr dazu vorzubringen?“
    Arno biss die Zähne zusammen. Hatte er etwas vorzubringen?
    „Eigentlich müsste ich dem Hauptmann Maierhofer sagen, dass sie Euch gleich mitnehmen sollen. Immerhin frönt Ihr doch genauso der Häresie!“
    Sämtliche aufkeimenden Gespräche im Saal waren abrupt verstummt.
    „Tut, was Ihr nicht lassen könnt“, sagte Arno mit gleichgültiger Stimme in die Stille. „Und berichtet morgen unserer Äbtissin davon.“ Ihm war nicht anzumerken gewesen, dass sein Puls sich beschleunigt hatte.
    „Die kann mir gar nichts“, stellte Palgmacher dreist fest. „Wenn sie morgen mitbekommt, dass Ihr mit nach München geritten seid, ist es zu spät.“
    „Ich bin auch mit Hartwig befreundet gewesen.“
    Verblüffte Köpfe schnellten zu – Georg, der sich erhoben hatte und nun mit fester Stimme fortfuhr:
    „Und das, obwohl ich kein Lutheraner bin. Und auch Pater Heussgen wünsche ich nichts Böses – auch wenn ich seine Meinungen für Irrtümer halte.“
    Er hatte Arno zuliebe gelogen. Hartwig und er hatten sich all die Zeit mehr oder weniger wohlmeinend ignoriert.
    Der Stolz auf seinen Schüler hatte Arno sich aufrichten lassen. Er lächelte zu ihm hinüber – und Georg erwiderte das.
    In der Zwischenzeit war Simpert aufgestanden und an Georgs Seite getreten. Benjamin folgte auf dem Fuße. Die beiden Hafners und Genger blieben zwar sitzen, suchten jedoch Blickkontakt zu ihrem Prior. Niemand döste mehr, alle verfolgten gespannt das Schauspiel. Sandizell sah unentschlossen aus, schien sich jedoch nicht einmischen zu wollen. Und was bedeutete es, dass sowohl Albrecht als auch Werder sich im Hintergrund hielten?
    „Pater Arno hat sich nichts zuschulden kommen lassen“, erklärte Georg weiter. „Im Gegenteil. Er ist der beste Beichtvater, den ich je kennengelernt habe!“
    Oh, damit war er zu weit gegangen. Er sollte immerhin in Zukunft weiterhin mit dem Prior auskommen können. Besorgt hatte Arno Luft geholt, doch Palgmacher kam ihm zuvor.
    „Euer geliebter Pater Arno trägt die Schuld, dass die Hälfte der ihm anvertrauten Novizen zum Feind übergelaufen ist!“
    Arno kam nicht einmal dazu, sich für eine der ihn anspringenden Erwiderungen zu entscheiden, als nun mitten hinein ins beipflichtende gegnerische Gemurmel Benjamin antwortete:
    „Die Hälfte von zwei ist doch ein wenig dürftig, um sie als Beweis heranzuziehen, wie mir scheint. Ein Lehrer hat Einfluss auf seine Schüler, keine Frage. Doch ihm die Verantwortung für deren Glauben zu übertragen ...“
    „Pater Arno hat nie etwas getan“, fing Georg an, wurde jedoch von Sieber unterbrochen, der zwischenzeitlich auch stand:
    „Es ist immer fragwürdig, wenn im Unterricht keine eindeutigen Richtlinien vermittelt werden, sondern die Schüler selbst angehalten werden, sich eine Meinung zu bilden. Wiederum ohne diese Richtlinien.“
    Arno starrte ihn an. Ihn hatte er sympathisch gefunden?
    „Meine Rede, Sieber!“ Palgmacher stellte sich breitbeiniger hin. „Das einzige Mittel gegen Häresie ist die Lehre des wahren Glaubens. Und der steht allein in der Heiligen Schrift.“
    Angesichts dieser Wahrheit waren erst einmal alle still.
    Es fiel Arno schwer, nicht beide Argumentationswege durch die Bibel zu zitieren, die in einem Falle zur Kommunion als Opfergabe führten, in Heussgens jedoch zur symbolischen Gedenkfeier. Doch aus dieser Diskussion musste er sich jetzt heraushalten.
    Benjamin war der Erste, der sich zu Wort meldete. „Das kann ich nicht beurteilen, weil ich kein Latein kann. Ich bin darauf angewiesen, mir berichten zu lassen, was die Wahrheit ist.“
    „Das ist dein Glück“, behauptete Sieber. „Für uns, die wir das Wort selber lesen können, ist es immer wieder schwierig zu entschlüsseln, was genau gemeint ist. Ich habe im Studium sehr oft erfahren, dass auch ich nicht gut genug

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