Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
Vom Netzwerk:
war, um alles immer richtig zu verstehen.“
    „Genau, mein Freund, ganz genau“, plusterte sich Palgmacher weiter auf. „Und das ist der Grund, weswegen ich es für mehr als fragwürdig halte, wenn wir die Lesungen nicht in der gottgegebenen lateinischen Ursprungsversion praktizieren, sondern in der willkürlichen deutschen Übersetzung – die in diesem Falle die Interpretation eines Lehrers ist, der seine Schüler zu wenig anleitet. Oder gar bewusst irreleitet!“
    „Pater Arno hat mich niemals irregeleitet“, verteidigte Georg ihn mit Inbrunst.
    „Was sich daran zeigt, dass er nach wie vor an unserer Seite steht.“ Dies von Simpert, an Georgs Seite.
    „Was sich daran zeigt, dass er hier seinen fragwürdigen Lehrer in Schutz nimmt.“ Hafner saß nur noch auf der Stuhlkante.
    „Und ich sage Euch die ganze Zeit, dass er überhaupt nicht fragwürdig ist.“ Wieder Georg, Arnos Held!
    Der hatte sich indessen Schritt für Schritt dem Wachtposten an der Tür genähert, den die Auseinandersetzung seiner Gefangenen nicht im Geringsten zu kümmern schien.
    „Ich muss etwas erledigen“, erklärte er in selbstverständlichem Ton. „Ihr habt meine Identität festgestellt, und ich werde zurückkommen, sobald ich fertig bin.“
    „Ich habe meine Befehle“, war die sture Antwort.
    „Ich auch“, startete Arno einen letzten Versuch. „Ich werde die Äbtissin wecken, denn sie hat mir aufgetragen ...“
    Weiter kam er nicht.
    „Wayden, was habt Ihr da zu schaffen?“ Palgmacher – der offenbar mehr Gewinn darin sah, auf Arno herumzuhacken, als sich in die Grundsatzdiskussion einzubringen. „Ihr werdet es früh genug erfahren, wenn Euer Freund geschnappt wurde.“ Dann stutzte er – und ein Grinsen machte sich in seinem Gesicht breit. „Ich werde einmal nachsehen, was es dort draußen Neues gibt“, warf er sich in die Brust. „Ich werde Euch dann Bescheid geben.“  
    Mit einem knappen Nicken trat die Wache beiseite, ließ den Prior würdevoll aus dem Raum schreiten – und stellte sich unmittelbar hinter ihm wieder breitbeinig in den Weg.
    Nach einem Blick in die unzugängliche Miene des Soldaten machte Arno resigniert aufseufzend kehrt und ließ sich auf einen Stuhl am Rande fallen. Die Diskussion war zu Ende. So hatte er wenigstens seine Ruhe.
     
    Die Soldaten brauchten Ewigkeiten. Arno saß in sich zusammengesunken auf seinem Platz, die Arme verschränkt, das Kinn auf die Brust gepresst, und konzentrierte sich darauf, die unaufhaltsam verstreichende Zeit zu ertragen, ohne panisch auf und ab rennen zu können. Eingesperrt. Bewacht. Unter Beobachtung ausnahmslos feindlicher Augen, so schien es ihm.
    Wenigstens kam von Hofers Leuten draußen keine Nachricht. Heussgen also schien Glück gehabt zu haben. Die Frauen dagegen ...
    Er hatte natürlich nochmals versucht, aus dem Kapitelsaal zu entkommen. Zum Abtritt jedoch wurde man nur zu dritt und unter Bewachung zweier Soldaten gelassen. Wenn er Albrecht und Werder hätte gewinnen können – doch beide schienen von Arno und seinen Plänen für heute Nacht nichts zu ahnen. Saßen nicht einmal zusammen, sondern unter die Getreuen gemischt, unerreichbar. Hätten Sommer und Huber nicht bleiben und die Flucht der Nachhut unterstützen können? Dann hätte ihnen irgendwie gelingen können, in den Frauenkonvent vorzudringen, sich jeder eine der drei zu schnappen und ...
    Seine Beine zuckten, weil sie aufspringen wollten. Loslaufen, die Wache über den Haufen rennen, endlich zur Kirche! Er musste dorthin, musste verhindern, dass die drei erwischt wurden. Seit Stunden, so schien es ihm, durchforsteten die Soldaten das Gebäude – wahrscheinlich machten sie nicht einmal vor der Kirche selbst Halt. Was würden sie tun, wenn plötzlich drei dick vermummte Nonnen vor ihnen auftauchten, unübersehbar als Flüchtende zu identifizieren?
    Er senkte den Kopf noch weiter, krallte seine Hände in sein Haar.
    „Na, Wayden?“
    Arno schrak auf.
    Palgmacher. Wieder einmal zurückgekehrt aus der Welt jenseits des Kapitelkerkers. Mit einem neuen Angriff. Der hatte Arno gerade noch gefehlt! Reichte es diesem Bastard nicht, die ganze Zeit über seine Berechtigung zu demonstrieren, als einziger nach Belieben ein und aus spazieren zu dürfen?
    Jedes Mal, wenn er sich erhoben hatte und aus dem Raum stolziert war, hatte er Arno von Neuem in Angst und Schrecken versetzt, dass er diesmal Mathilda ...
    Nun baute er sich unheilvoll vor Arno auf. „Ihr seid ja ganz krank vor Sorge um Euren

Weitere Kostenlose Bücher