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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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war, unaufhaltsam den Bach runter ging – dann war er an seiner Tür angekommen und zückte den Schlüssel.
    Elisabeth hockte noch immer im Schrank und war anscheinend eingeschlafen. Arno rüttelte sie leicht. Mit einem erschrockenen Laut fuhr sie zusammen und wich verschlafen von Arnos Hand weg. Er hielt sie ihr offen hin, um sie hochzuziehen. Dass sie erneut aufjapste, als sie aus dem Schrank kletterte, ließ ihn sie misstrauisch mustern.  
    „Habt Ihr Schmerzen?“, fragte er scharf.
    „Es geht schon.“ Vorsichtig bewegte sie die Schultern.
    „Sie haben Euch doch nicht ... geschlagen?“
    Sie schüttelte den Kopf – wegwerfend, nicht verneinend. So weit war die Örtlerin gesunken. Die Nonne, die ihr am meisten am Herzen lag, zu prügeln. Was war mit ihrer heilen Welt hier geschehen?
    „Können wir jetzt endlich los? Wie viel Zeit ist noch bis Vigil?“
    „Eine Flucht heute Nacht ist ausgeschlossen, wir müssen sie auf morgen verschieben. Der Männerkonvent ist komplett in Aufruhr. Selbst Ihr werdet wahrscheinlich erst nach Vigil hinüber können. Gibt es eine Möglichkeit, Euer Fehlen so zu entschuldigen, dass es unsere Flucht nicht gefährdet?“
    „Die morgendlichen Horen sind abgesagt“, erleichterte sie ihn. „Bis zur Beichte haben alle Schwestern in ihren Zellen zu bleiben.“
    „Ein Glück. Dann lasst uns jetzt einen Plan entwerfen.“
    „Ja.“
    „Den werdet Ihr dann an Mathilda weitergeben.“
    Sie bejahte wieder.
     
    „Habt Ihr alles im Kopf?“, vergewisserte er sich am Ende.
    Elisabeth nickte. Im hinter ihnen liegenden Gespräch hatte sie oft und mit demselben Nachdruck genickt. Ihm geradewegs in die Augen gesehen, die Stimme erhoben, um ihm ins Wort zu fallen, wenn sie meinte, etwas richtigstellen zu müssen, selbst Vorschläge gemacht.
    Am Ende stand ein Plan. Alles andere als perfekt, den Umständen entsprechend eben, doch sie hatten eine gute Möglichkeit, es zu schaffen. Und das hatte er nicht zuletzt auch Elisabeth zu verdanken.
    „Gut“, nickte jetzt er und lächelte sie an. Streckte ihr seine Hand hin – doch sie wich aus. Sah ihn nicht mehr an. Erst da wurde ihm bewusst, dass ihr Gesicht, in das er eben die ganze Zeit geblickt hatte, unter den beiden Schleiern kaum zu sehen war. So als verwandelte sie sich zurück in die Nonne, die sie hier gewesen war. War es das, was ihn bewog, es auszusprechen, wo es eigentlich nichts mehr zu sagen gab?
    „Ich verlasse mich auf Euch, Elisabeth.“
    Seine Worte blieben ihm im Hals stecken. Mit einer abrupten Drehung stolperte sie von ihm weg, seitwärts. Sank auf der Bettkante in sich zusammen und vergrub das Gesicht in ihren Händen.
    „Ich komme nicht mit“, schüttelte sie den Kopf – eher ihren ganzen Körper – und neue Tränen tropften unter ihren Händen hervor. „Ich kann es nicht, ich habe es versucht, ich habe es wirklich versucht, aber ich bin nicht stark genug, ich ...“
    Er sprang zu ihr, setzte sich neben sie, vorsichtig seine Hand auf ihren Unterarm legend. „Dass Ihr Angst habt, ist ganz normal“, versicherte er ihr ernst.
    Sie schluchzte nur.
    „Im Kloster ist alles sicher und festgelegt“, kramte er Heussgens Argumente zusammen. „Draußen dagegen ...“ Das auch noch auszusprechen, schien ihm dann doch nicht angebracht. „Ihr werdet nicht allein sein“, begann er stattdessen. „Katharina wird bei Euch sein und Pater Heussgen, der nicht eher von Euch weichen wird, als Ihr sicher verheiratet ...“
    Elisabeth sprang auf. „Ihr befreit Katharina und nehmt sie mit.“ Sie klang endgültig. „Und Ihr müsst versprechen, dass Ihr ihr nichts verratet. Sie würde sonst nicht gehen.“
    „Ihr wollt, dass sie Euch verlässt?“ Erst jetzt wurde ihm die Tragweite ihrer Entscheidung gegen ihre Geliebte gänzlich bewusst.
    „Sie kann nicht hierbleiben. Und jetzt schon gar nicht mehr. Und ich werde ...“
    Es war herzlos von ihm, doch er musste es trotzdem aussprechen. „Und ihr werdet ohne sie besser dran sein?“
    Sie rutschte auf die Knie. Die Verzweiflung beugte ihren Rücken, ließ sie zittern. Sie biss die Zähne aufeinander, um sie am Klappern zu hindern. „Ich liebe sie. Ich liebe sie wirklich, sehr, viel zu sehr. Ich ...“ Sie würgte. Hustete.
    Arno griff sie hart am Oberarm, zerrte sie auf die Füße. Es stand ihm nicht zu, gerade ihm nicht, der er sich selbst so schwer getan hatte. Und doch. „Wenn Ihr sie liebt, dann verstehe ich nicht, dass Ihr sie gehen lassen wollt.“
    Sie sackte wieder weg.

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