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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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lassen.
    Ersatzweise setzte sie sich. Deutete neben sich – natürlich vergeblich.
    „Das ist kein Wunder, du bist schon sehr lange hier im Kloster, oder?“
    Sie kam sich vor, als redete sie gegen eine Wand. Oder mit einer Statue. Elisabeth stand mit gänzlich unbewegtem Gesicht starr mitten im Raum und blickte ins Leere. Hörte sie Mathilda überhaupt? Immerhin blieb sie. Oder war sie bloß unfähig, sich zu bewegen?
    Mathilda wartete, nun still. Doch die Andere blieb. Wie leblos, aber sie blieb. Das Schweigen dehnte sich, begann, in den Ohren wehzutun.
    „Die Welt draußen ist nicht schlimm“, nahm Mathilda den Faden wieder auf. „Und du bist doch nicht allein. Katharina wird bei dir sein. Arno und ich. Und Pater Heussgen. Mach dir keine Sorgen, es wird sich alles finden.“
    Elisabeth schluckte.
    Die erste Reaktion. Na endlich! Gespannt beobachtete Mathilda sie. Sah sie Luft holen. Die wieder ausstoßen. Den Kopf schütteln. Besorgt wartete sie.
    „Ich brauche deine Hilfe.“
    „Aber ja! Alles, was ich ...“
    „Wir müssen zu Katharina.“
    Oh. Ob das klug war? Wäre es nicht sicherer, wenn sie bis morgen warteten? Wenn sie heute Nacht erwischt werden würden ...
    „Ich muss ihr sagen, dass ich nicht mitkommen werde.“
    „WAS?“ Mathilda war auf den Beinen. Packte Elisabeth bei den Schultern, ohne Rücksicht jetzt.
    Die leistete allerdings auch keine Gegenwehr. „Ich wollte es ihr nicht sagen, sie würde doch nicht mehr weg wollen. Aber Pater Arno verlangt das von mir. Und darum müssen du und ich ...“
    „Du hast ihr versprochen, mit ihr zu gehen!“ Mathilda brüllte. „Sie war so glücklich. Sie liebt dich so sehr. Wie kannst du ihr das antun? Das kannst du nicht, du kannst doch ein solches Versprechen nicht brechen! Du bist ...“
    „Ich kann nicht.“
    „Was soll das heißen, du kannst nicht? Das ist nicht wahr! Du kannst. Und du musst. Du kannst ihr doch nicht so weh tun, sie liebt dich doch, Herrgott, sie liebt dich doch!“
    Plötzlich war da nichts mehr, keine Wut, die ihr die Energie zu schreien gegeben hätte. Nur noch erschöpft wandte Mathilda sich ab, ließ sich auf das Bett fallen. Es war einfach nur traurig. Unendlich traurig.
    „Du musst verstehen, ich ...“
    „Ich verstehe schon. Du liebst sie nicht.“ Oder nicht genug. Die arme Katharina! Die so stark gewesen war im Kapitelsaal heute. Eine Heldin. Die sich unglaublich mutig zu ihren Gefühlen bekannt hatte. Zu der Frau, die sie liebte. Während die ... „Du willst Katharina einfach im Stich lassen?“, spie sie aus.
    „Ich lasse euch nicht im Stich. Ich werde alles tun, was in meiner Macht steht, damit eure Flucht gelingt. Aber jetzt musst du mir helfen, Katharina zu überzeugen, dass sie ohne mich geht.“
    In verzweifelter Verständnislosigkeit rang Mathilda die Hände. „Ich begreife dich nicht! Wie kannst du sie lieben und zugleich ... sie wegschicken?“
    Mit einem Mal wurde ihr bewusst, dass sie bis vorgestern ebenfalls davon hatte ausgehen müssen, dass Arno sie wegschickte. Aber das hat er nicht , begehrte sie auf. Er wollte es, aber er hat es nicht fertiggebracht. Obwohl der Preis für ihn hoch ist, obwohl er Angst hat. Weil er mich liebt. Wieder wurde sie überrollt von einer Welle Mitleids mit Katharina.
    „Bitte“, war alles, was von Elisabeth kam. „Bitte!“ Tränen strömten über ihre Wangen. Zwei platschten leise auf den Boden.
    Schweigen.
    Dann: „Bitte komm mit mir zum Kerker und rede du mit ihr.“
    Mathilda sprang auf. „Du willst durch das Kloster laufen? Und dann durch die Tür brüllen? Die werden uns erwischen und zu Katharina in den Kerker werfen! – Du hast gesagt, du würdest alles tun, damit unsere Flucht gelingt. Bitte lass es.“
    Elisabeth zögerte.
    „Und auch davon abgesehen – ich würde nicht mitkommen. Was soll ich denn dort? Du willst es dir doch nur leicht machen. Erst zerstörst du eure Liebe – und ich soll Katharina dann wieder aufbauen? Noch dazu durch eine verschlossene Kerkertür?“
    „Ich dachte ...“
    „Es ist mir egal, was du denkst.“ Mathilda kam sich selber fremd vor. Noch nie hatte sie sich so kalt und herzlos verhalten. Doch mit dieser Frau hatte sie kein Mitleid. „Alles, was mich interessiert, ist, dass wir anderen morgen hier wegkommen. Ich will, dass du mir versprichst, nichts zu tun, was unseren Plan gefährdet.“
    Elisabeth schien nicht im Mindesten irritiert davon, wie herrisch Mathilda mit ihr umsprang. Im Gegenteil. Sie nickte fast demütig

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