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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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– und niemand, absolut niemand würde ihr Einhalt gebieten.
    Noch bevor sich die Tür des Kapitelsaals schloss, konnte sie hören, wie die Äbtissin mit unheilvoller Stimme sagte: „Nun Jordanin, zu Euch.“
    Danach wurde Mathilda durch die Gänge gestoßen, an der Haube gerissen, auf den Rücken geschlagen. Dabei fauchte die gemeine Stimme unablässig vor sich hin: „Ess wird übel enden mit dir. Ganz übel. Dafür werde ich schon ssorgen.“
    Mathilda rannte das letzte Stück und flüchtete regelrecht in ihre Zelle, wo sie sofort den Riegel vor riss.
    Und während die Schönin draußen auf die Türe einhämmerte und keifte: „Mach auf, ess steht dir nicht zu, dich einzusperren“, packte Mathilda eine ihrer immer noch in der Kammer stehenden Kleiderkisten, stemmte sie in die Höhe und warf sie an die Wand.
    Diesmal splitterte kein Holz. Aber immerhin krachte es so beeindruckend, dass Putz rieselte und die Scheußlichin aufhörte auf die Türe einzudreschen und endlich, endlich Ruhe gab.
    „Wass – wass hasst du getan?“
    Mathilda gab keine Antwort.
    „Ssag, wass hasst du da drin getan?“ Die Stimme der Schönin hatte einen leichten Panikton angenommen. „Finkenschlagin, ssag, wass du gerade gemacht hasst!“
    Mathilda lächelte böse, schwieg aber.
    Da hörte sie sich eilig entfernende Schritte. „Mutter Örtlerin, zu Hilfe, die Finkenschlagin hat ssich ssoeben etwass angetan!“
    Mathilda wartete, bis die Schritte verklungen waren, dann riss sie sich die Haube vom Kopf und warf sich aufs Bett. Jetzt war wirklich alles aus.

Wahl der Qual
     
     
    An Schlaf war nicht zu denken. Stattdessen wanderte Arno, schon seit er vor einer ganzen Weile nach Beginn des Nachtsilentiums in seiner Kammer angekommen war, in gewohnter Manier neben seinem Bett auf und ab.
    Komplet war ausgefallen heute. Nach dem Abendessen hatte man nämlich feststellen müssen, dass offenbar weitere drei Brüder verschwunden waren – was eine langwierige Krisensitzung mit der Örtlerin zur Folge gehabt hatte.
    Dass das Kloster mit Benjamin und Bruder Albrecht nun zwei Brüder mit einem wichtigen Amt verloren hatte, kümmerte Arno allerdings wenig. Dass die Sicherheitsvorkehrungen um den Herrenkonvent noch weiter verschärft worden waren, machte ihre Lage dagegen schon sehr viel beschwerlicher.
    Fiel niemandem auf, wie dumm es war, Mönche gewaltsam hier festzuhalten, die keine Mönche mehr sein wollten? Palgmacher schien das völlig egal zu sein. Er hatte an allen Außentoren Wachtposten aufstellen lassen. Wobei Arno sich fragte, nach welchen Kriterien er diese wohl ausgewählt hatte. Mit Preuß, Heussgens Torhüter, jedenfalls hatte er einen Glücksgriff getan – für Arno!
    Weiterhin verwaltete nun Palgmacher selbst sämtliche Schlüssel des Konvents. Jeder, der in die Bibliothek, auf die Ländereien, zum Abtritt oder sogar in die Kirche wollte, musste dafür einen Antrag beim Prior stellen.
    Sobald der von drüben zurückgekehrt war, hatte er die Hand nach Arnos Schlüsseln für Konvent und Kirche ausgestreckt.
    Wie gut, dass dieser eine solche Maßnahme für wahrscheinlich gehalten und bereits heute Nachmittag seine Schlüssel offiziell an die Örtlerin abgegeben hatte. Deren Quittung dafür war echt. Arno hatte sie darum gebeten – und dass sie nicht alle Schlüssel von ihm erhalten hatte, war ihr großzügig entgangen. Offenkundig vertraute sie ihm, noch immer. Daran hatten auch Palgmachers erneute Versuche eben, ihn endlich doch noch auszubooten, nichts geändert.
    Arno gab sich keinen Illusionen hin. Der in drohendem Ton ausgesprochene Satz der Äbtissin: „Ich erwarte dann auch Pater Wayden morgen früh zur Morgenbesprechung“, würde ihn nicht zuverlässig davor bewahren, im Klosterkerker entsorgt zu werden. Für den Fall eines solchen Angriffs von Seiten Palgmachers Getreuen hatte er jedoch vorgesorgt. Die langstielige Axt, die er für die Flucht organisiert und zusammen mit den Schlüsseln im Geißelschrank des Kapitelsaals deponiert hatte – wo Palgmacher ganz gewiss nicht suchen würde – hatte er in seine Zelle geholt. Es war ein beruhigendes Gefühl bewaffnet zu sein – hier in seiner Kammer, aber auch morgen auf dem Weg zu den Schlüsseln und anschließend hinüber zum Frauenkonvent.
    Gewalt anwenden würde er natürlich nur im äußersten Notfall. Tun aber würde er es, er hatte keine Wahl. Mathilda und er mussten so schnell wie möglich fort von hier, ehe sich die Schlinge um seinen Hals noch enger zog. Morgen

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