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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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allen Menschen zu übertragen. Hm. Alle lieben. Im Geiste ging sie die Menschen durch, die hier um sie waren. Die meisten kannte sie noch überhaupt nicht. Plötzlich hatte sie ein scharf gezischtes 's' im Ohr. Beinahe hätte sie gelacht. Die Schönin lieben? Wie denn?
    Oh nein, wo war sie denn jetzt schon wieder mit ihren Gedanken? Dabei wollte sie doch gerade versuchen, die Gefühle für Sebastian – Moment einmal. Hatte sie heute überhaupt an ihn gedacht? Mathilda musste tatsächlich überlegen. Den ganzen Tag war sie so beschäftigt gewesen ... Gut also, immerhin konnte sie sich deutlich erinnern, in welcher Weise sie in der letzten Zeit an ihn gedacht hatte. Mit schmerzendem Herzen und ganz viel Sehnsucht. Jetzt sollte sie wohl diese Gefühle für ihn in allgemeine Liebe umwandeln.
    Sie runzelte die Stirn. Das war gar nicht so einfach. Wie liebte man denn – allgemein?
    Sie hatte verschiedene Gesichter dabei vor Augen. Sebastian natürlich, an den sie doch gar nicht extra denken sollte, ihren Vater, sogar Schwester Jordanin. Irgendwie mochte sie die jetzt richtig gerne. Und Pater Arno. Klar, den auch.
    Nein, also so ging das nicht. Sie konnte sich doch nicht ein Gesicht aus dem Kopf schlagen – nur um dann noch drei andere vor sich zu sehen.
    Verdrossen holte sie ihren Rosenkranz aus der Tasche unter dem Skapulier und wickelte ihn um ihr Handgelenk. Beten würde ja wohl helfen. Sie kniete sich auf die Bank und senkte den Kopf. Wer betet, sündigt nicht , dachte sie noch, dann aber versuchte sie, in die tiefe Kontemplation des Rosenkranzgebetes abzudriften.
     
    Sie war beim zweiten Gesätz angekommen, als sie das Geräusch hörte. Es klang, als würde etwas über den Fußboden schaben. Etwas Kleines. Gab es hier etwa Mäuse? Mathilda sah auf, konnte aber nichts entdecken. Da hörte sie es wieder. Ein Kratzen diesmal. Nicht in ihrer Kammer. Das Geräusch war von der Türe gekommen. Sie hob den Kopf. „Wer ist da?“
    Keine Antwort, nur wieder dieses Gekratze.
    Mathilda stellten sich die Haare an ihren Armen auf. Wer ist da? , wiederholte sie stimmlos vor Angst. Wie ein Kaninchen angesichts der Schlange starrte sie mit weit aufgerissen Augen zur Tür.  
    Wo sich die Klinke langsam senkte.
    Hilfe!
    Sie hatte nicht verriegelt, um Himmels willen! Warum hatte sie das nicht getan? Sie hatte ihn doch mit großer Beruhigung gesehen, den kleinen Balken, der seitlich neben der Türe in die Wand eingelassen war – und den sie nur hätte herausziehen müssen, um die Türe von innen zu versperren.
    Aber jetzt ist es zu spät!
    Mit angehaltenem Atem, den Mund lediglich zu einem stummen Schrei geöffnet, beobachtete sie starr, wie die Klinke sich immer weiter senkte.
    Was sollte sie tun, was sollte sie tun, was konnte sie nur tun?
    Denk nach , hörte sie Magister Reuchels Stimme. Denk nach, du hast ein Problem, jetzt kümmere dich um die Lösung.  
    Sie hatte keinen Grund, Angst zu haben, sie war hier am sichersten Ort der Welt – in einem absolut uneinnehmbaren Nonnenkloster. Hier gab es nur Nonnen!
    Aber warum antwortet dann diejenige nicht?
    Die Antwort auf diese Frage ließ sie hart zusammenzucken. Weil es eben keine der Nonnen ist – sondern ein Geist. Oder … der, der darüber zürnte, dass sie keine Angst vor ihm hatte? Der … Teufel …?  
    „Nein!“
    Ihre Stimme war kaum ein heiseres Krächzen gewesen. In weiterer, jedoch stummer Abwehr hatte sie ihre Hände gehoben und hielt das Kreuz des Rosenkranzes in Richtung Tür.
    Die sich jetzt langsam öffnete – und nichts als Dunkelheit hereindringen ließ. Finsterste, bedrohlichste Schwärze.
    Mathilda zwang sich, tief Luft zu holen, um endlich ihre Pein laut herauszukreischen ...
    Als ein kalkweißes Gesicht im Türspalt erschien.
    „KATHARINA“, sackte sie mit einem entgeisterten Schrei zusammen.
    „Pst“, machte die auch sofort, riss die Tür weit auf, schoss zu Mathilda und verschloss ihr den Mund mit der Hand. „Leise. Wenn uns jemand hört.“
    „Ich hatte Angst, du wärest ...“ Jetzt erschien es ihr selbst unglaublich, was sie gerade noch gedacht hatte.
    „Und ich dachte, dass du vielleicht schon schläfst“, erwiderte Katharina und kümmerte sich nicht weiter um Mathildas erleichtertes Japsen. Sie war schon wieder an der Tür und schloss sie leise. „Niemand darf mitbekommen, dass ich hier bin.“ Sie fasste an den kleinen Metallknopf und zog den Verriegelungsbalken vor. „So“, nickte sie. „Wir sind erstmal sicher.“
    „Es ist

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