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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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etwas.
    Ohne hinzusehen griff Mathilda zu und steckte es in die Tasche ihres Umhangs.
    Da war Georg auch schon vorüber und eilte schnellen Schrittes auf die Klosterpforte zu.
    Sie tastete in die Tasche: ein Apfel. Nicht sehr groß, aber rund, prall und völlig glatt. Makellos.
    Plötzlich lief ihr doch das Wasser im Mund zusammen. Auf einen Apfel hatte sie wirklich Appetit.

Zwei Seelen
     
     
    Mathildas Schritte hallten die Treppe herauf – heute war sie wieder schneller – und Arno blickte auf, um sie zu begrüßen. Landete direkt in ihren freudigen blauen Augen.
    „Ave Maria“, strahlte sie ihn an.
    Das Lächeln, das sich in seinem Gesicht ausbreitete, im letzten Moment unterbindend, legte er seine Stirn in Falten und antwortete ernst:
    „Ave Maria!“ Laut und deutlich – dreistimmig.
    Er zuckte zurück. Auch die beiden anderen Männer im Zimmer hatten ihre Gesichter der Türe zugewandt und grinsten der ankommenden Frau entgegen. Ärgerlich lenkte er seinen Blick auf seine Unterlagen und fuhr fort, Hartwigs Aufsatz zu lesen.
    Und warum stand Mathilda noch immer mitten im Raum? Erwartete sie noch ausdrücklichere Zuwendung?
    Nun, daran hatte sie offensichtlich keinen Mangel, ertappte Arno sie doch gerade dabei, wie sie in unübersehbar kommunikativer Weise zu Bruder Georg hinüberschaute – der ... Was hatten die beiden da zu besprechen, noch dazu in diesem stummen Zwiegespräch?
    „Gibt es ein Problem?“, ging er mit strenger Stimme dazwischen.
    „Oh ...“
    Jetzt errötete sie auch noch!
    „Es ging nur um die Apfelernte. Ich habe heute Vormittag bei der Cellerarin gearbeitet ...“
    „Wollen wir unsere kostbare Unterrichtszeit wirklich mit“, er legte eine bedeutungsvolle Pause ein, „Äpfeln verschwenden?“ Wie nett, dass die beiden sich in ihrem Procedere auch noch an die Symbolik der Bibel hielten, grinste Arno grimmig in sich hinein.
    „Nun?“ Seine Augenbraue passte einfach zu gut hierher. „Ob es Euch wohl gelingt, Euren Platz wiederzufinden?“
    Das Mädchen musterte ihn einen Moment lang, wohl um zu erforschen, ob sie seinem Sarkasmus mit Humor begegnen dürfe. Dann schenkte sie ihm ein echtes Lächeln und saß gleich darauf an ihrem Tisch. Schlug das Inhaltsverzeichnis auf und sah schon wieder zu ihm herüber.
    Das konnte er nicht zulassen! Dass sie in einem fort seine Aufmerksamkeit einforderte. Er hatte sich um alle Schüler gleichermaßen zu kümmern.
    „Heute werdet Ihr für Euch arbeiten“, wies er sie an. Er wollte gerade anheben, das zu erklären – und schloss seinen Mund wieder. Er brauchte sich vor ihr doch nicht zu rechtfertigen!
    Sie wirkte dann auch gar nicht enttäuscht, als sie sich allein über ihren Text beugte.
    Aber Arno konnte schließlich nicht immerzu bei ihr sitzen. Gestern hatte er die meiste Zeit mit ihr verbracht. Heute musste sie ohne ihn auskommen.
    „Bruder Georg“, war der erste auf seinem Weg. „Wie kommt Ihr zurecht mit Eurem Platon?“
    „Es fällt mir schwer“, gab der zu. „Ich komme nur langsam voran, aber es geht.“
    „Braucht Ihr meine Hilfe?“
    „Äh ...“, er wand sich ein bisschen, „ich muss im Augenblick recht viel nachschlagen.“
    „Hatten wir nicht vereinbart, dass Ihr meine Vokabelliste auswendig lernt?“ Auch hier war Arnos Augenbraue gefordert, und er setzte sie selbstverständlich ein. Geschlechtsunspezifisch, wie man sah.
    „Ich hatte so viel in den Gärten zu tun, Ihr wisst doch, die Apfelernte ...“
    Arno schnaubte. Tat dem Jungen nicht den Gefallen, in sein verschämtes Lachen einzustimmen. „Dann verlängere ich diesen Arbeitsauftrag bis Montag. Und heute werde ich mit Bruder Hartwig dessen Aufsatz besprechen, er hat ihn nämlich pünktlich abgegeben.“
    Kurz an sein eigenes Pult zurückkehrend, um dessen Aufzeichnungen zu holen, bemerkte Arno, dass Mathilda das kleine Zwischenspiel anscheinend schon die ganze Zeit beobachtet hatte. Er fing ihren Blick auf und nutzte die Gelegenheit zu einer Erklärung. „Die Schüler entscheiden sich für eine Aufgabe und verpflichten sich dazu, diese gewissenhaft zu erfüllen. Wenn ich feststelle, dass das nicht geschieht, steht es mir frei, denjenigen von meinem Unterricht auszuschließen.“
    „Nein, nein, ich verspreche, in der nächsten Stunde die Vokabeln präsent zu haben“, versicherte Georg hastig von hinten.
    Arno drehte sich nicht extra zu ihm um. „Dann an die Arbeit!“
    Für ihn selbst hieß das: an Hartwigs Tisch.
     
     
    Heute war Pater Arno in

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