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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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sprechen konnten, hätten sie auch an den gegenüberliegenden Enden des Korridors anfangen können zu wischen. Aber selbst stumm war es schöner, nebeneinander zu arbeiten und so hatten sie sich wortlos darauf geeinigt, dass Katharina auf der rechten Seite wischte, Mathilda auf der linken. Immer schön voneinander weg und aufeinander zu. Dabei warfen sie sich hie und da Blicke zu, lächelten, deuteten auf das, was sie entdeckten, kleine Steinchen, einen Stofffetzen etwa und hingen ansonsten ihren eigenen Gedanken nach.
    Es war schön, mit Katharina zusammen zu sein. So lustig und unbeschwert – selbst im Wissen, dass sie auf der Hut sein mussten, weil der Feind jederzeit zuschlagen konnte. Heute hatte Mathilda das Gefühl, dass sie beide durch diese feindliche Welt verbunden waren. Egal, ob diese Verbundenheit in dieser Welt erlaubt war oder nicht. Das war Freundschaft, oder? Sie sah der wieder auf sie zu wischenden Katharina in die Augen, lächelte unwillkürlich – und genoss die Freude darüber, dass diese das erwiderte.
    Ohne Freundin könnte ich hier nicht überleben, spürte sie ganz stark in diesem Moment. Aber mit ihr ist es jetzt beinahe schön.  
    Das war beruhigend. Dass es selbst hier glückliche Augenblicke gab. Heute mit Katharina. Gestern mit Pater Arno ...
    In solchen Augenblicken hatte sie das Gefühl, es zu schaffen. Hier irgendwie durchzukommen – ohne dem, was sie verloren hatte, ewig nachtrauern zu müssen.
    Das war gut. Das wollte sie so. Sie wollte nicht immerzu Angst um Vater haben. Und sie wollte nicht länger Sebastian beweinen.
    Als ob sie Mathildas Gedanken gehört hätte, nickte Katharina ihr in diesem Moment nachdrücklich zu. Mathilda musste kurz seufzen, aber dann nickte sie auch.
    Ihre Wut auf Sebastian war nicht mehr weggegangen. Naja, sie hatte sich auch nicht darum bemüht, sich vielmehr extra hineingesteigert gestern Abend. Weil es ungleich besser war, wütend zu sein, als sich zu sehnen und zu leiden. Einen Mann zu lieben, war Sünde. War es auch sündig, ihm zu zürnen? Darüber würde sie mit Pater Arno sprechen – vielleicht ergab sich nachher im Unterricht die Gelegenheit. Er hatte ja von ihr verlangt, die Liebe nicht zu unterdrücken, sondern sie in göttliche Liebe zu verwandeln. Dass man Wut in Liebe umwandeln konnte, bezweifelte sie. Das war doch eher das Gegenteil. Wenn das jedoch ihr Weg war, sich endgültig von ihrer Trauer um Sebastian zu befreien?
    Das war ihr Ziel, und das würde sie erreichen, so gut sie konnte. Egal, wie die Vorschriften dafür lauteten.
    Wieder erreichte sie ein verschmitztes Grinsen von Katharina – die wirklich Mathildas Gedanken zu kommentieren schien. Die nickte mit aller Überzeugung – und Katharina lachte.
    Ja, dies war eindeutig ein guter Tag. Im Moment , wie sie sich gleich darauf energisch verbesserte. Denn darin, wie sie innerlich mit ihren Gefühlen für Sebastian umging, mochte sie tatsächlich frei sein – ihr äußeres Verhalten dagegen unterlag vollkommener Unfreiheit.
    Katharina, die gerade wieder auf sie zu kam, runzelte fragend die Stirn, um sie gleich darauf zu entspannen – sie reagierte auf Mathildas eigenes Stirnrunzeln. Rasch glättete sie die – und sandte der Freundin ein Lächeln. In Momenten wie diesem könnte man ihre feindliche Welt wirklich beinahe vergessen. Doch der Feind schlief nicht, gerade heute nicht. Mathilda sah über ihre Schulter, noch verschonte die Schönin sie offensichtlich. Ob die ahnte, wie groß Mathildas Angst vor dem war, was sie ihr antun konnte?
    Pater Arno hatte ihr erst einmal eine schwere Last von den Schultern genommen, indem er ihr erklärt hatte, nicht zu sündigen, wenn sie gegen eine Klosterregel verstieß.
    Gleichzeitig jedoch war ihr der Schreck in die Glieder gefahren, als ihr bewusst geworden war, dass diese Übertritte per Selbstanklage ins Schuldkapitel gehörten. Wie sie es am Donnerstag bei den andern Nonnen gesehen hatte.
    Höchstwahrscheinlich sündigte sie nicht, verstieß aber gegen eine weitere Klosterregel, wenn sie genau das nicht tat. Wobei sich sowieso die Frage aufwarf, was es dann noch ausmachen sollte? Wenn es sowieso nur ein weiterer Verstoß war. Immerhin hatte sich Katharina ja auch nicht selbst angeklagt.
    Nein, es musste einen anderen Grund dafür geben. Wenn man wusste, dass man ohnedies ertappt worden war, etwa. So wie bei Schwester Weilerin. Zerbrechendes Geschirr machte eben Krach und ließ sich nicht so einfach verbergen, wenn man nicht gerade

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