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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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allerdings wurde sein bewusst ruhiges Ein- und Ausatmen jäh unterbrochen, als geflüsterte Stimmen an sein Ohr drangen – offenbar war Mathilda angehalten worden. Arno runzelte die Stirn. Es war die ganze Zeit eben so still gewesen, dass er sie und ihn allein in der Kirche gewähnt hatte. War doch jemand hier gewesen? Und hatte zugehört, wie Mathilda und er ...
    „ Hasst du nicht ersst am Montag gebeichtet? Warum dauert dass dann sso lange?“  
    Dieses Zischen! Er raufte sich die Haare. Ausgerechnet Schwester Schönratin. Warum war die nicht an der Pforte? Was wollte sie hier? Die hatte doch nie etwas zu beichten – auch wenn sie vom Laster der Missgunst durchdrungen war, wie Arno insgeheim meinte. Den Teufel fürchtete die jedenfalls nicht. Er hoffte inbrünstig, dass sie der armen Mathilda keine Schwierigkeiten machen würde.
    Aber das würde sie – und dagegen musste er etwas tun!
    Er zwang sich sitzenzubleiben, falls die Schönratin ebenfalls die Absicht hätte zu beichten – es wäre seit Pfingsten garantiert das erste Mal. Doch die Zeit verstrich, ohne dass sie vor ihm auftauchte.
    Auch sonst kam niemand mehr. Sollte er wirklich so viel Glück haben? Wie lange musste er jetzt noch auf eventuelle Nachkömmlinge warten?
    Er musste nach der Örtlerin läuten. Und zwar vor dem Mittagessen. Der würde er sagen, dass er derjenige gewesen sei, der Mathilda dazu gezwungen hätte, das Beichtritual zu durchbrechen – aus erzieherischen Gründen.
    Eilig lief er den Wandelgang entlang zum Hinterausgang, der vor dem Redhaus mündete.

Visionen einer Nonne
     
     
    „Ich muss die Äbtissin sprechen“, sagte er der freundlichen Laienschwester an der Pforte. „Würdet Ihr bitte anfragen, wann sie ins Redhaus kommen kann?“
    Unverzüglich verschwand die Nonne hinter dem Gitter – welches sie sogar eines Nickens entband. Nun ja, dafür widersprach sie auch nicht.
    Die Örtlerin würde sich wundern, was Arno außerhalb der regulären Besprechungszeit von ihr wollte. Und selbstredend war es verfänglich, dann auch noch von Mathilda anzufangen.
    Er musste strategisch vorgehen. Dazu war es notwendig, die Wahrheit innerhalb dessen, was geschehen war, ein wenig deutlicher zu machen. Da es jedoch um das Seelenheil des ihm anvertrauten Schützlings Mathilda ging – und um Verminderung der sehr an Gewalt grenzenden Strafen bei Übertretung der Klosterregeln, die ja kein göttliches Recht waren – war das legitim. Ebenso wie es dem berechnenden Prior-Äbtissingespann nur recht geschähe, wenn Arno den Spieß umdrehte und die Gier, mit der sie sich Mathilda zum Eigennutz des Klosters einverleibt hatten, gegen sie verkehrte.
    Im Kern ging es ausschließlich um die Tatsache, dass er, Arno, die Verantwortung dafür trug, dass ihr Beichtgespräch etwas ... aus dem Rahmen gefallen war. Diese Verantwortung würde er offenlegen, nicht aber den Inhalt des Beichtgespräches.
    „Mutter Örtlerin erwartet Euch im Redhaus“, kam dann erfreulicherweise durch das Gitter. Arno dankte und wandte sich zum Gehen.
    Anfangs war es ihm skurril vorgekommen, wenn es hieß, die Äbtissin 'erwarte' ihn dort, wohin er vor ihr gelangen würde und auf sie warten. Eine etwas weniger streng ausgelegte Klausur wäre dem alltäglichen Miteinander der beiden Konvente schon zuträglich. Zumal die Örtlerin, einmal hinter ihrem Klausurgitter angekommen, gar nicht mehr so zwanghaft korrekt war.
     
    „Ich habe ohnehin gleich einen Termin mit Bruder Palgmacher“, erzählte sie dann auch gut gelaunt. „Da passt es mir jetzt ganz gut. Was habt Ihr auf dem Herzen, Pater Arno?“  
    Er holte Luft und begann: „Ich möchte Euch über etwas – freilich eingeschränkt durch das mir auferlegte Beichtgeheimnis – in Kenntnis setzen, Mutter Örtlerin – was mir Sorgen bereitet.“
    „Geht es um Katharina Greulich?“, fragte sie sofort.
    „Nur indirekt.“ Arno legte eine Pause ein, um ihr Interesse nachhaltiger zu binden. „In erster Linie geht es um Mathilda von Finkenschlag.“ Er hatte ihren Adelstitel extra mitgesprochen.
    Die ehrwürdige Nonne kam näher ans Gitter. „Ja?“
    „Sie war diese ganze Woche extrem verunsichert, nachdem sie Eure Strafkapitel hat mitansehen müssen.“ Was die Wahrheit war, nichts als die Wahrheit. „Ich kann natürlich keine Einzelheiten preisgeben, nur so viel: Sie hat in der Beichte zugegeben, dass sie nicht sicher sei, ob sie das Klosterleben auf die Dauer ertragen werde.“ Auch das war wahr – ob Mathilda selbst

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