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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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alleine war. Aber einen Kanten Brot in die Tasche stecken ... Mathilda fiel ein, dass sie etwas sehr ähnliches ja auch getan hatte, indem sie Georgs Apfel angenommen hatte.
    Gut, Selbstanklage wurde also erhoben, wenn man wusste, dass man seine Regelverletzung nicht geheim halten konnte. Auch deswegen - wenn sie die Reaktion der Äbtissin beim Strafkapitel richtig gedeutet hatte - weil die Strafe bei einer Selbstanklage geringer ausfiel. Aber warum hatte Schwester Jordanin etwas gestanden, was sie überhaupt noch nicht getan hatte?
    Mathilda presste die Lippen aufeinander, hob den Lappen auf und warf ihn in den Kübel mit Wasser. Sie bückte sich – und stieß mit ihrem Hinterteil an Katharina.
    „Uff.“
    Beinahe wäre Mathilda gestürzt. Nur mittels eines Ausfallschrittes konnte sie sich abfangen. Doch schließlich stand sie wieder sicher und grinste Katharina ins gerötete Gesicht. Auch das ihre war heiß.
    Katharina deutete den Korridor entlang. Die Hälfte hatten sie schon. Sie nickten sich zu und machten sich wieder an die Arbeit.
    Schwester Jordanin hatte etwas von der Sehnsucht nach Nähe gesagt, der sie gerade noch widerstanden habe. Hatte sie damit vielleicht Sehnsucht nach Katharina gemeint? Das würde immerhin zu dem passen, was die erzählt hatte. Die beiden Nonnen schienen eng befreundet zu sein. Mathilda konnte sich sehr gut vorstellen, dass das auch wieder gegen eine Klosterregel verstieß.
    Der Punkt war nur der, dass Schwester Jordanin eben nicht getan hatte, was sie so ersehnte. Damit hatte sie gegen keinerlei Regel verstoßen. Und war dennoch furchtbar hart bestraft worden.
    Nein, Mathilda fand keine Antwort darauf. Ob sie vielleicht Pater Arno fragen könnte? Er antwortete schließlich immer. Sogar in der Beichte gestern – jetzt musste sie wirklich lachen – hatte er mit ihr diskutiert. Sie hatte ja schon oft gebeichtet, früher. So jedoch noch nie. Irgendwie hatte sich diese Beichte ebenso angefühlt wie ihre Gespräche und Diskussionen in der Lehrstube. Nur halt an einem anderen Ort. Aber das hatte Mathilda nicht weiter gestört. Mit Pater Arno war sie irgendwie so – vertraut.
    Fast erschrocken über diesen Gedanken kam ihr sofort in den Sinn, dass sie dieses Gefühl des Vertrautseins getrost auch auf die Liste ihrer Regelverstöße setzen und sich dafür selbst anklagen könnte. Könnte, aber nicht würde!
    Hoppla.
    Sie bekam wieder einen Schubs und hörte ein leises Auflachen hinter sich. Als sie sich umwandte, grinste Katharina noch immer. Das hatte sie also mit Absicht getan. Gut, was die konnte, konnte sie auch.
    Ab jetzt achtete Mathilda darauf, Katharina ab und zu in die Quere zu kommen, beim Bücken, oder wenn sie sich rückwärts vorwärtsbewegte. Auch Katharina bemühte sich darum.
    Schnell, den Lappen frisch gemacht – und weiter. Bald würde der Flur geschafft sein.
    „Hab ich euch erwischt!“
    Der Aufschrei von hinten ließ sie beide gleichermaßen herumfahren. Binnen eines Blickes wusste Mathilda, dass Katharinas Vermutung der Wahrheit entsprochen hatte. Dort stand die hässliche Schönin mit Feuereifer im Gesicht und lächelte hinterhältig.
    „Ihr habt euch unterhalten.“
    Mathilda schwieg, nicht sicher, ob sie deshalb ihr Silentium unterbrechen dürfe, immerhin hatte die Schönin keine Frage an sie gerichtet.
    „Das haben wir nicht.“ Katharina durfte sprechen – und tat es auch. Mit in die Hüften gestemmten Armen stand sie da und funkelte die ältere Schwester an. „Wir haben, weisungsgemäß, kein Wort während unserer Arbeit gewechselt.“
    „Ess isst egal, wass Ihr ssagt, Katharina Greulichin. Ich weiß, wass ich gessehen und gehört habe. Und dass werde ich jetzt der Äbtissin mitteilen, damit ssie heute wieder ein außerordentlichess Strafkapitel einberufen kann.“
    Und damit lief sie an ihnen vorbei und verschwand ums nahe Eck.
    Der kurze Disput hatte auch andere Nonnen angelockt, die nun dastanden und teilweise bestürzte, teilweise befriedigte Blicke auf die vermeintlichen Übeltäter warfen.
    Mathilda stand so lange starr, bis Katharina ihr ein Zeichen gab. 'Weiter!' Da bückte sie sich, machte wie Katharina ihren Lappen frisch und wischte weiter. Rechts, links, vor, zurück und wieder rechts ... Als sie schließlich aufsah, waren die neugierigen Nonnen alle verschwunden.
    Was jetzt, was jetzt, was jetzt? Mathilda knirschte vor Verzweiflung leise mit den Zähnen. Es war genauso gekommen, wie sie vorausgesagt hatte. Sie hatten sich solche Mühe

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