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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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akzeptieren, dass eben dieses Potential sie zuweilen überschäumen lässt – und ihr ein bisschen Zeit geben, es in die vorgegebenen Bahnen zu lenken.“
    „Diese Bahnen jedoch müssen wir ihr schon aufzeigen“, wandte sie ein.
    „Nicht aber gewaltsam“, beharrte er. „Denn das könnte alles im Keim ersticken.“
    Nachdrücklich straffte er die Schultern. Das hatte er richtig gemacht. Er hatte sein Ziel erreicht. Indem er in der Äbtissin ein Bild hatte entstehen lassen, das sich zugegebenermaßen von der Wahrheit ein wenig unterschied. Er jedoch hatte nicht explizit gelogen – oder kaum. Beichten müssen würde er das natürlich trotzdem. Ich habe gelogen – und kann auf die Umstände leider nicht näher eingehen, weil ich meinerseits das Beichtgeheimnis verletzen würde. So würde es gehen. Denn das wiederum war wahr – und anders hätte er Mathilda nicht helfen können.  
     
    So verließ er das Redhaus trotz allem sehr zufrieden.
    Zumal ein äußerst gutgelaunter Palgmacher, der eben zu seinem Termin mit der Örtlerin eingetroffen war, ihm einen freien Nachmittag und ein arbeitsärmeres Wochenende beschert hatte.
    „Heute Nachmittag werde ich die Mönchs- und Gemeindebeichte übernehmen und am Sonntag die Heilige Messe feiern“, hatte er gönnerhaft versprochen – als wären es nicht seine ureigenen Aufgaben. „Und ich gedenke, Euch auch in Zukunft wieder mehr zu unterstützen, Wayden“, hatte er noch gönnerhafter hinzugefügt – nicht zum ersten Mal, sodass das nichts hieß. Davon abgesehen, konnte Arno den Gedanken, dass ihm zukünftig derlei schwierige Beichtgespräche mit Mathilda erspart bleiben würden, nur begrüßen.
    Vielleicht würde sein Leben von nun an wieder in ruhigeren Bahnen laufen.
    Zunächst würde er heute Nachmittag noch einmal bei Palgmacher beichten – und danach die freie Zeit und das schöne Herbstwetter nutzen und auf den Ländereien spazieren gehen. Dazu hatten ihm seine Pflichten schon lange keine Zeit mehr gelassen.

Samstag, 22. Oktober 1521
    ... dass die, die sich nicht bessern wollen ...
     
    Ich wurde als Abtrünniger und Häretiker bezeichnet. Ich sei es wert, in den Kerker zu gehen und aus ihrer Gemeinschaft ausgeschlossen zu werden. Hand an mich zu legen, wagten sie nicht … Doch schlossen sie mich von ihren gemeinsamen Gebetsübungen aus. Mein Mut blieb ungebrochen, und ich ließ nicht ab von der erkannten Wahrheit, die sie als Eigensinn bezeichneten.
    Oekolampadius in seiner 'Responsio posterior'
     
     
    „Findest du das nicht auch merkwürdig?“, murmelte Katharina und sah dabei starr geradeaus. „Ausgerechnet die Schönin?“
    Ja, auch Mathilda hatte sich gewundert, als die ältere Nonne während des gestrigen Kapitels die samstäglichen Putzarbeiten verteilt und Mathilda mit Katharina zusammen zum Klausurkorridor-Putzen eingeteilt hatte. Unauffällig nickte sie. Gleich, wenn sie den langen Flur hinter sich hätten, würden sie ein paar Worte wechseln können.
    Da kam schon die Ecke. Schnell noch durch die Türe auf die Treppe. War hier vielleicht jemand? Mathilda lauschte. Nichts zu hören. Erleichtert seufzte sie auf. Hier waren sie jetzt erst einmal sicher. Langsam stiegen sie die Stufen abwärts.
    „Vielleicht will sie einfach nur nett sein“, versuchte sie sich in universeller Liebe zu üben.
    Womit sie Katharina sichtlich erheiterte. „Die und nett? Das wäre ganz was Neues. Ich sage dir, sie wird uns auflauern.“
    „Du meinst, sie stellt uns eine Falle?“, hauchte Mathilda und schob alle Bemühungen, ihre Gefühle für die Schönin in eine freundliche Richtung zu zwingen, erst einmal beiseite.
    „Ganz genau“, nickte Katharina. „Sie wird uns wahrscheinlich die ganze Zeit beobachten. Und wehe ...“
    „Schweigen wir also?“
    Katharina nickte wieder. Und seufzte. „Sonst wäre es ja wohl auch zu schön gewesen, oder?“
    Sie waren unten an der Treppe angekommen. Oben quietschte leise die Türe, die sie kurz zuvor erst hinter sich geschlossen hatten, als würde sie ganz behutsam geöffnet. Die beiden nickten sich bedeutungsvoll zu, blieben einen Moment stehen und spitzten die Ohren.
    Nichts. Dort oben stand einfach nur jemand – und lauschte seinerseits.
    Katharina hob die Hände und tat so, als müsse sie sich übergeben. Mathilda grinste feixend, nickte und deutete voraus. ' Lass uns weitergehen!' In stummem Einvernehmen liefen sie nebeneinander her, die Schönin irgendwo hinter sich wissend.
     
    Da sie sowieso nicht miteinander

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