Und führe uns nicht in Versuchung: Kriminalroman (German Edition)
»Hopp« wuchteten die zwei dem Klang nach die Leiche hoch.
»Gut, dass der ned nach außen blutet«, meinte der Troidl noch. »Sonst hätten wir da überall die Blutspuren.«
»Im Grab vom Roidl sieht man schon was, da darfst morgen a bisserl Erde drüberschmeißen.«
Der Troidl gab nur ein undeutliches Grunzen von sich. Anscheinend war die Leiche wirklich verdammt schwer.
Eine ganze Weile hörte man gar nichts. Ich wäre am liebsten gestorben, weil ich mir vorstellte, wie der Troidl und der Metzger jetzt den Friedhof nach mir durchkämmten. Aber anscheinend »dampfelten« sie noch gemeinsam ein »Zigarettl«.
Ihre Verabschiedung fiel reichlich wortkarg aus, in Form eines dumpfen Grunzens. Aber was will man von Leuten erwarten, die gerade auf dem Friedhof jemanden niedergemetzelt haben.
Ich saß bestimmt noch eine halbe Stunde, nachdem die zwei losgefahren waren, hinter meinem Busch und lauschte auf verdächtige Geräusche. Als ich wieder einigermaßen normal atmen konnte, schlich ich mich davon.
Im Dorf war es ebenfalls totenstill. Vielleicht waren inzwischen alle erschossen worden. Aber wen konnten die zwei auf dem Friedhof erwischt haben? Das war doch alles total unlogisch! Von den Rosenkranztanten ging bestimmt keine einzige um diese Uhrzeit zum Grabgießen. Ich konnte mir eigentlich überhaupt niemanden vorstellen, der um diese Zeit auf dem Friedhof herumweizte. Na ja. Bis auf den Grabschänder natürlich.
Oh je. Der Grabschänder. An den hatte ich gar nicht mehr gedacht. Der war ja jetzt wahrscheinlich tot. In der Nacht war es eben doch gefährlich, auch für Grabschänder.
Am nächsten Tag parkte ich ziemlich verkehrt vor dem Friedhof. Das war eine Sicherheitsmaßnahme von mir. Wenn ich zu lange auf dem Friedhof bleiben sollte, dann würde das bestimmt jemandem auffallen. Zum Beispiel dem Kreiter, der würde mit seinem Claas Axion nämlich nicht an meinem Fiesta vorbeikommen und sicher auf den Friedhof gehen, um mich zu suchen und vor Grabschändern zu erretten. Oder dem Metzger. Oder dem Troidl. Außerdem hatte ich Resis Köter mitgenommen, einerseits damit meine Großmutter ihren Frieden hatte, andererseits damit ich meinen Frieden vor Mördern hatte. Mein eigener Hund war nicht dazu zu bewegen gewesen, mitzukommen.
Ich hatte jetzt noch Atemprobleme von meiner Stippvisite bei der Polizei. Natürlich hatte ich mir lange überlegt, ob ich Anzeige erstatten sollte. Ich war mir ganz sicher, dass mir kein Mensch glauben würde. Bei Max war ich mir sogar so sicher, dass er meine Geschichte belächeln und die Augen verdrehen würde, dass ich sie ihm gar nicht erst zu erzählen versuchte. Aber andererseits war ich von meiner Großmutter dazu erzogen worden, immer brav zu sein. Deswegen war ich zum Schorsch gerannt und hatte zu Protokoll gegeben, dass der Metzger und der Troidl in einer Gemeinschaftsaktion jemanden erschossen hatten, der ziemlich schwer gewesen sein musste.
»Und wer soll das gewesen sein?«, hatte der Schorsch gefragt.
»Woher soll ich das wissen«, hatte ich zurückgefragt. Schließlich war er der Polizist und nicht ich.
»Keine Vermisstenanzeigen? Nirgendwo eine Leiche aufgetaucht?«, wollte ich wissen.
Der Schorsch hatte sich weit in seinem Chefsessel zurückgelehnt und die Arme hinter dem Kopf verschränkt. Dann hatte er sehr schwer geseufzt. Zwei Leichen langten doch für dieses Jahr, fand er. Unauffindbare Leichen brauchte es nicht auch noch. Und dann hatte er die Augen verdreht.
Da drängte sich jetzt irgendwie der Verdacht auf, dass er mit dem Metzger und dem Troidl unter einer Decke steckte. Wieso sonst sollte er sich weigern, meine Anzeige aufzunehmen? Er hatte nicht einmal Lust gehabt, zum Friedhof rauszufahren und nachzugucken. Ob er vielleicht nicht doch die eine oder andere Spur entdeckte.
»Lisa«, hatte er gesagt und dabei mit den Fingern auf der Tischplatte getrommelt. »Überleg doch mal. Das ist doch ein Schmarrn. Der Metzger erschießt doch keinen Grabschänder nicht.«
Nein? Und was hatte ich dann letzte Nacht gehört? Die Böllerschüsse zu Ehren der allgemeinen Dummheit?
Schließlich war ich gegangen, damit der Schorsch sich nicht ständig sein fehlendes Großhirn angucken musste. Irgendwie bereute ich es schon, dem Schorsch die nächtliche Metzgersaktion verraten zu haben. Bestimmt würde er das dem Metzger petzen, und dann war ich die Nächste, die irgendwo erschossen herumlag.
Da sich der Schorsch nicht dazu aufraffen konnte, im Grab vom Roidl nach
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