Und führe uns nicht in Versuchung: Kriminalroman (German Edition)
Blutspuren zu suchen, musste ich es eben tun. Auf die Polizei war echt kein Verlass.
Direkt am Eingang des Friedhofs stand ein neues Schild. »Am Gottesacker sind Radfahren, Rauchen, Handys und Hunde verboten«. Sind uns unsere Toten nichts mehr wert, hatte nämlich die Rosl gefragt, dass wir keinen rauchfreien Gottesacker durchsetzen können? Nachdem ich jetzt sah, wie schlimm der Friedhof umgewühlt war, hatte ich eher den Eindruck, man sollte auf dem Schild das Gräberschänden ausdrücklich verbieten. Mehrere Gräber waren fast zwanzig Zentimeter ausgehoben, die Erde, die Blumen und die Gestecke lagen verstreut neben den Grabstätten. Resis Hund fand das alles so toll, dass er mich quer über den Friedhof zerrte, bis ich ihn beim Familiengrab des Metzgers zum Stehen brachte. Hier war tatsächlich der Grabstein umgeworfen, er lag halb auf dem Grab dahinter.
»Wer so was wohl macht?«, fragte die Mare so dicht hinter mir, dass ich quietschte. »Die wollen doch was vertuschen.«
»Wer?«, fragte ich atemlos vor lauter Schreck.
»Wahrscheinlich einer, der heimlich eine Leiche entsorgen will«, schlug Mare blutrünstig vor. Resis Hund hatte sich wieder an seine sexuelle Mission erinnert und versuchte, an Mares Bein zu gelangen. Ich gab ihm einen unauffälligen Tritt, und er stellte sich mit einem erschrockenen Quietschen dicht an mein Knie. »Vorher alles zamwühlen und dann jemanden eingraben, des fällt gar nicht auf. Beim Metzger ham s’ g’sagt, wir sollten eine Bürgerwehr aufstellen und den Friedhof bewachen.«
Friedhof bewachen? Lieber hatte ich zerwühlte Gräber, als dass ich mich in der Nacht auf den Friedhof setzte. Solche Einfälle kamen auch nur von den Langsdorfers, die die anderen aufstachelten, aber selbst nie bei den Aktionen mitmachten.
»Du kannst ja schon mal die erste Schicht übernehmen«, schlug ich vor. Da suchten selbst Grabschänder das Weite. Resis Hund hatte den Tritt wieder vergessen und zerrte in die Richtung vom Metzgergrab.
Mare sah mich böse an. »Du hast leicht reden. Euer Grab schaut ja auch nicht so aus.«
Ja. Das war wirklich toll.
»Und manche macht des auch stutzig«, sagte die Mare missgünstig. »Wieso die Wilds wieder nicht unter den Grabschändern leiden müssen. Da fragst dich halt schon.«
»Was fragst du dich da?«, fuhr ich sie böse an und zog Resis Hund zurück.
»Mei. Wieso des alles so is«, erklärte Mare zufrieden.
Ich war für einen Moment wohl unaufmerksam, denn plötzlich riss sich der blöde Hund von mir los und stürzte sich mit Begeisterung auf das Grab neben der Mare, das besonders übel zugerichtet war, begann keuchend zu schnuppern und wie wild zu buddeln.
Ich sprang nach vorn und versuchte verzweifelt, den bescheuerten Hund wegzuzerren, aber der war wie verhext, das Grab schien ihn richtig wild zu machen. Das war nahe dran an einem Hundeorgasmus.
»Mei. Da fragt man sich schon«, wiederholte die Mare. »Wer des wohl war.«
»Das ist Resis Hund!«, erklärte ich keuchend und zerrte an dem Halsband. Ich bereute es, die Wasserpistole zu Hause gelassen zu haben, davor hatte der blöde Hund echt Respekt. Und wenn das so weiterging, würde ich mir im Internet ein Teletac-Gerät bestellen. Oder ihn beim Tierarzt abliefern und kastrieren lassen.
Die Mare ging höchstzufrieden weiter, und ich packte die Hundeleine und zog den orgastischen Hund vom Grab weg.
»Wasserpistole«, drohte ich ihm an und begann nach dem offenen Grab der Roidls zu suchen. Unauffällig gab ich ihm noch einen kleinen Tritt, und das brachte ihn wieder auf die richtige Spur.
Das roidlsche Grab war tatsächlich schon offen, zwei dicke Balken lagen darüber. Ich sah hinunter in das Loch und stellte mir vor, wer dort gestern gelegen haben mochte. Aber entweder war der Troidl schon da gewesen und hatte Spuren vernichtet, oder es hatte gar keine Spuren gegeben. Wütend gab ich einem Stein einen Tritt, der mit einem lauten Krachen gegen den nächsten Grabstein hüpfte.
Da Anneliese schon wieder telefonierte, beschloss ich, zu ihr zu fahren, um ihr die neuesten Ereignisse brühwarm zu erzählen. Ich berichtete ziemlich ausführlich, dass der Grabschänder vom Metzger niedergestreckt worden war und dass mir kein Mensch glaubte.
Anneliese sah frustriert aus. Sie schien gar nicht mitzukriegen, was ich ihr alles anvertraut hatte. Sie hatte heute früh wie befürchtet wieder ihre Periode gekriegt. So pünktlich wie ein Uhrwerk, hatte sie ein paarmal gesagt. Jetzt saß sie
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