Und führe uns nicht in Versuchung: Kriminalroman (German Edition)
zumindest das Gefühl, dass ich gleich Durchfall bekommen könnte. Aber nachdem ich eine Viertelstunde am Klo gewesen war, hatte sich auch diese Hoffnung zerschlagen. Danach hatte ich Herzrhythmusstörungen in einem Ausmaß, das einen Krankenhausaufenthalt ratsam erscheinen ließ. Aber nach dem Abendessen war auch das ausgestanden. Als ich mir überlegte, ob ich mit dem Auto fahren oder zu Fuß gehen sollte, spürte ich so eine irrsinnige Schwäche in den Beinen, dass ich mir überlegte, mich gleich auf die Eckbank zu legen und nicht mehr aufzustehen.
Dann hatte ich etwa zweihundertmal bei Anneliese angerufen, aber die telefonierte nonstop. Wahrscheinlich mit ihrem Gynäkologen über die beste Sexstellung bei der Empfängnis. Oder sie hatte den Telefonhörer neben das Telefon gelegt, damit ich sie nicht mehr erreichen konnte. Nachdem ich beschlossen hatte, dass das alles eh nicht mein Problem sei, war ich mir plötzlich ganz sicher, dass ich nie eine anständige Journalistin werden würde, wenn ich mich vor allem drückte, was mir ein wenig Angst einjagte. Also suchte ich die Telefonnummern vom Metzger und vom Troidl, aber die beiden hatten anscheinend nicht bei der Marlis angerufen. Eine Weile hing ich noch vor unserem Telefon herum, wählte noch zweimal die Nummer des Mörders, wie Anneliese immer sagte, aber der war noch immer nicht erreichbar. Morgen würde ich das Handy Maarten geben.
Schließlich raffte ich mich doch auf. Der Fall musste einfach aufgeklärt werden, auch wenn ich gleichzeitig Durchfall und Herzrhythmusstörungen haben und schwach und antriebslos auf dem Friedhof herumliegen würde.
Allein traute ich mich nicht auf den Friedhof. Ich redete mir ein, dass ich es bestimmt schaffen würde, wenn dann irgendwann der Troidl auftauchen sollte. Da hätte ich bestimmt weniger Angst, zusammen mit dem Troidl. Der war ja auch bewaffnet, und auf mich würde er bestimmt nicht schießen, versuchte ich mich aufzumuntern. Aber direkt neben dem Friedhofstor zu warten war auch auffällig, deshalb setzte ich mich in unser altes »Bushäusl«. Das hatten Anneliese und ich vor zig Jahren erfunden, so eine Stelle in der Hainbuchenhecke, da konnte man sich hineinsetzen und so tun, als wäre es ein Bushäusl. Nun gut. Inzwischen war ich vielleicht etwas zu groß und zu alt für so etwas, aber einen gewissen Schutz bot die Hecke immerhin.
Es war totenstill.
Bis auf meinen Herzschlag. Der war so laut, als würde in einiger Entfernung jemand hämmern.
Eigentlich war es unlogisch, dass der Metzger und der Troidl die Roidls umgebracht haben sollten.
Ich dachte eine Weile an die Marlis, Gott hab sie selig. Sie war ja ein selten ordinäres Stück gewesen, aber so ein Ende wünschte man trotzdem keinem. Wenn sie nicht so oft brunzen gesagt hätte, wäre sie mir vielleicht sogar sympathisch gewesen.
Es roch nach Friedhofskomposthaufen. Das roch immer ganz anders als unser eigener Komposthaufen, und ich wollte nicht darüber spekulieren, wieso.
Vielleicht hatten sie vor, den Grabschänder zu erschießen, fiel mir plötzlich siedend heiß ein. Und wenn sie mich hier in der Hainbuchenhecke hörten oder sahen, dachten sie vielleicht, ich wäre die Grabschänderin. Noch dazu, wo dieser blöde Grabschänder um unser Grab einen Riesenbogen gemacht hatte.
Vielleicht hatte ich mich aber auch verhört, und es gab überhaupt kein Treffen.
Meine Hoffnung wurde gleich darauf zerstört, denn ich hörte ein Motorengeräusch, das schon lange vor dem Friedhofseingang erstarb. Ein Auto rollte mit ausgeschaltetem Licht näher und blieb dann stehen.
Der BMW vom Troidl. Dicht gefolgt vom Mercedes des Metzgers. Beide ohne Licht, die letzten Meter rollend. Vorsichtshalber presste ich die Augen zusammen.
Ich bekam sofort meine Herzrhythmusstörungen.
»Servus«, sagte der Metzger, der Troidl sagte gar nichts. Ich machte die Augen wieder auf.
Vor dem Gesicht des Metzgers flammte es auf, dann sah man den orangenen Punkt einer glühenden Zigarette vor seinem Mund. Der Troidl holte etwas aus dem Kofferraum, das haargenau so aussah wie ein Gewehr.
Plötzlich war das kein Spiel mehr. Ich hörte meinen Herzschlag nur noch als fernes Hämmern. Vielleicht würde ich jetzt ohnmächtig und dann als vermeintliche Grabschänderin erschossen werden. Und wer würde sich dann um meine Großmutter kümmern? Mir kamen fast die Tränen. Dann hörte ich meine Großmutter sagen, ich kümmer mich schon um mich selber, da brauchst ned meinen.
Dann war es ganz
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