Und führe uns nicht in Versuchung: Kriminalroman (German Edition)
zusammengesackt vor dem Esstisch und hatte Zigarettenschachteln vor sich aufgebaut. Auf den meisten stand: »Rauchen kann zu Durchblutungsstörungen führen und verursacht Impotenz« und »Rauchen kann die Spermatozoen schädigen und schränkt die Fruchtbarkeit ein«.
»Der Metzger erschießt doch keine Grabschänder«, sagte sie schließlich doch.
»Du wolltest doch den Metzger beobachten«, beschwerte ich mich. »Und jetzt, wo er sich strafbar gemacht hat, willst nicht zum Schorsch gehen. Vielleicht nimmt er die Anzeige auf, wenn du es auch noch sagst.«
Ich setzte mich ihr gegenüber und sah ihr eine Weile zu, wie sie die Zigarettenschachteln zu neuen Türmen baute.
»Meinst, der würd mal zum Rauchen aufhören?«, fragte sie düster. »Wenigstens für ein paar Wochen?«
»Was, er raucht?«, fragte ich erstaunt.
»Ja, freilich. Heimlich«, sagte sie noch düsterer. »Im Haus darf er nicht, aber in der Arbeit. Und manchmal geht er in den Garten raus.«
Ich sagte nichts, sondern sah ihr zu, wie sie einen Torbogen baute. Am liebsten hätte ich ihr gesagt, sie solle froh sein, dass der Thomas sich zeugungsunfähig rauchte. Die zwei Kinder, die sie bereits hatte, waren beide vom Pfarrer und deswegen nett und intelligent. Ich wollte nicht wissen, wie sich ein Kind von ihrem Ehemann dazwischen so ausmachte. Sie sagte auch eine ganze Weile nichts, dann packte sie einen kompletten Stapel, um ihn wegzuwerfen.
»Und«, fragte ich nach, um das Thema zu wechseln. »Hast du mittlerweile eine Idee, wer der Dings sein könnte, der den Roidl im Swingerklub getroffen hat?« Ich wusste zwar, dass Anneliese sich nicht mehr die Bohne für Marlis und die Umstände ihres Todes interessierte, aber mir spukte der Typ, an dessen Namen Großmutter sich nicht hatte erinnern können, gelegentlich noch durch den Kopf.
»Nein«, antwortete sie schlecht gelaunt. »Meinst, ich geh rum und frag, wer einen Leopardentanga daheim hat.«
Aber so oft, wie die Anneliese in der Kirche war, konnte man doch erwarten, dass sie ab und an ein paar wichtige Gespräche mithören konnte.
»Ich muss dann mal wieder«, verabschiedete ich mich.
Kapitel 7
Um mich herum war Gewitterstimmung. In weiter Ferne türmten sich schneeweiße Wolken in die Höhe, die immer dunklere Bäuche bekamen. Auch zwischen Max und mir war Gewitterstimmung, denn seit Maarten coole Jeans trug und eine Lederjacke, hatte Max anscheinend total was dagegen, dass Maarten öfter bei uns in der Küche saß als bei ihm im Präsidium.
Großmutter hatte mich mit den Worten empfangen: »Richtig dampfig ist’s heute. Am besten bleiben wir daheim.« Das war immer ihre Strategie. Bei gefährlicher Gewitterstimmung sollte man entweder daheim bleiben oder in die Kirche gehen, damit einem nichts passierte.
An diesem Tag konnte ich ihr nur recht geben. Und zwar nicht, weil ich wie meine Großmutter Angst hatte, dass mich ein Blitz aus heiterem Himmel erschlug, sondern weil bei diesem Wetter alle so wahnsinnig aggressiv waren. Der Kare zum Beispiel hätte mich beinahe beim Rechtsabbiegen vom Rad gemangelt. Dann hatte mir die Kreiterin beim Metzger die Tür vor der Nase zugeworfen, dass ich beinahe einen Nasenbruch davongetragen hätte. Und dann war noch mal der Kare aufgetaucht und hätte mich beim Überqueren der Hauptstraße fast überfahren. Was mich beim Kare dabei am meisten ärgerte, war, dass er immer ausstrahlte, er habe so viel Arbeit, dass er auf Passanten keine Rücksicht nehmen konnte. Die Botschaft an mich war, dass mir sowieso nichts G’scheites einfiel und ich genügend Zeit hatte, auf meine Vorfahrt zu verzichten.
Irgendwie machte selbst mich das Wetter reichlich aggressiv. Ich hatte mich zwar noch rechtzeitig an den Ratschlag von Großmutter – Reden ist Silber, Schweigen ist Gold – erinnert und war wortlos abgezogen, aber jetzt bereute ich, dass ich Schorsch nicht gesagt hatte, dass wir wegen seiner Bestechlichkeit die Würstl bei Mördern kaufen mussten.
Danach hatte ich ein paarmal die Nummer des Mörders gewählt, aber der war noch immer nicht »available«. Maarten war ebenfalls noch nicht aufgetaucht, deswegen hatte ich ihm auch noch nicht das Handy geben können. Langsam bereitete es mir wirklich Kopfzerbrechen, dass ich das blöde Teil noch immer bei mir herumliegen hatte. Ab wann machte man sich eigentlich wegen Beweismittelunterschlagung strafbar? Nachdem ich ein bisschen auf Facebook unterwegs gewesen war, rief Großmutter nach oben, dass sie noch ganz
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