Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und Gott sprach: Wir müssen reden! (German Edition)

Und Gott sprach: Wir müssen reden! (German Edition)

Titel: Und Gott sprach: Wir müssen reden! (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Rath
Vom Netzwerk:
«Bring uns einfach wieder zurück nach …» Ich stutze. «Wo wohnt Jonas eigentlich?»
    «In Bonn», erwidert Abel. Im selben Moment befinden wir uns wieder in der Küche der Familie Fliedermann-Jakobi.
    «Bonn? Aber er hasst Bonn. Er hat hier zwei Jahre gearbeitet und war froh, als er endlich was in Berlin gefunden hat.»
    «In diesem Leben hat er Bonn überhaupt nicht verlassen. Er hat hier studiert, und bevor er abhauen konnte, hatte ihn Jana beim Wickel», sagt Abel und schlendert ins Wohnzimmer. «Du wirst dich sowieso ein bisschen wundern, vermute ich.»
    «Worüber?», frage ich und folge ihm. «Sag mir nicht, dass Jonas sich das Rauchen abgewöhnt hat.»
    «Das sowieso. Eigentlich hatte er wegen Jana kaum Gelegenheit, es sich richtig anzugewöhnen. Sie ist absolut rigoros, was Nikotin und Alkohol betrifft. Das Einzige, was sie ihm erlaubt, ist …» Abel tritt ein wenig zur Seite, damit ich freie Sicht auf den Frühstückstisch habe. «Ach, schau es dir einfach selbst an!»
    Meine Augen weiten sich. Jonas thront am Ende eines üppig gedeckten Tisches und hat geschätzte hundert Kilo Übergewicht. Aus seinem blütenweißen Hemdkragen ragt ein gerötetes Gesicht mit kleinen Augen und hängenden Wangen hervor. Sein Äußeres erinnert unwillkürlich an eine Bulldogge.
    «Als Krimineller sah er glücklicher aus», stelle ich kleinlaut fest.
    Bevor Abel etwas erwidern kann, kommt ihm eine von Jonas’ Töchtern zuvor.
    «Aber ihr habt versprochen, dass ihr euch das mit dem Pony überlegen wollt», motzt die Kleine. «Und von dem Geld, das ich zu Weihnachten von Oma und Opa bekommen habe, könnte ich bestimmt ein paar Monate das Futter bezahlen.»
    Jonas dreht seinen Bulldoggenkopf in Zeitlupe zur Seite und wirft seiner drahtigen Frau einen müden Blick zu. Jana zuckt mit den Schultern. «Da hat sie recht, Schatz. Wir wollten uns das durch den Kopf gehen lassen. Das haben wir ihr tatsächlich versprochen.» Sie klingt wie eine Altenpflegerin, die ihren klapprigsten Patienten zum wiederholten Male an seine Tabletten erinnern muss.
    «Och, bitte, Paps! Ich würde auch auf die Hälfte meines Taschengeldes verzichten», setzt die angehende Ponybesitzerin strategisch klug nach.
    Jonas’ Bulldoggenkopf dreht sich langsam zur anderen Seite, wo das Mädchen sitzt. Seine Wangen spannen sich nur minimal, als er mit einem gequält wirkenden Lächeln verkündet: «Also gut. Wenn das so ist, dann sollst du dein Pony bekommen.»
    Während das Mädchen aufspringt und ihrem Vater dankbar um den Hals fällt, greift Jana glücklich lächelnd nach der schwammigen Hand ihres Mannes.
    «Dann will ich aber auch eine neue Reitkluft», meldet sich die Älteste zu Wort. «Meine Jacke ist schon ganz verschlissen.»
    «Jetzt lasst euren Vater doch erst einmal in Ruhe frühstücken», bittet Jana in mildem Tonfall. Sie scheint den idyllischen Trubel am Weihnachtsmorgen zu genießen.
    «Sind die etwa immer so?», frage ich, leicht angewidert.
    «Was genau meinst du?»
    «Das alles hier wirkt irgendwie …» Ich suche nach einem passenden Ausdruck.
    «… verlogen?», schlägt Abel vor.
    «So würde ich es jetzt nicht gleich nennen», sage ich. «Eher: aufgesetzt.»
    «Meinetwegen: aufgesetzt. Dein Bruder scheint jedenfalls gern in Extreme zu verfallen», konstatiert Abel. «Ich persönlich finde, er übertreibt maßlos. Egal, ob als Betrüger oder als Biedermann.»
    Da ist was dran, denke ich und beobachte den verfetteten Kerl, der in einem anderen Leben mein Bruder ist. Ich kenne ihn als arroganten Fatzke. Aber wenn man ihn hier so sieht, inmitten seines Vorstadtkäfigs und umgeben von einer meterdicken Schicht Kummerspeck, dann muss man Mitleid mit ihm haben. Zu gerne würde ich ihn damit aufmuntern, dass er in einer anderen Welt ein schlanker Krimineller ist.
    Plötzlich durchzuckt mich ein beängstigender Gedanke. Warum ist Mutter eigentlich nicht hier? Jonas würde doch nie im Leben zulassen, dass sie Weihnachten allein verbringt. Und Mutter hätte bestimmt auch den dringenden Wunsch, das Fest der Liebe mit ihrem Sohn, ihrer Schwiegertochter und den Enkeln zu feiern.
    Abel beantwortet meine Frage, bevor ich sie stellen kann. «Deine Mutter ist gestern Abend hier gewesen», sagt er. «Alle haben zusammen Weihnachten gefeiert. Es war ein schönes und harmonisches Fest. Sie wäre auch sehr gern noch über Nacht und zum Frühstück geblieben, aber leider hat sie heute Morgen eine anderweitige Verpflichtung.»
    «Eine anderweitige

Weitere Kostenlose Bücher