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... und ich höre doch!: Ein technologisches Abenteuer zwischen Silicon Valley und den Alpen (German Edition)

... und ich höre doch!: Ein technologisches Abenteuer zwischen Silicon Valley und den Alpen (German Edition)

Titel: ... und ich höre doch!: Ein technologisches Abenteuer zwischen Silicon Valley und den Alpen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Geoffrey Ball
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gehen. Die Ironie lag darin, dass wir noch jahrelang am Markt gewesen wären und unser Aktienkurs auch wieder irgendwann einmal gestiegen wäre, hätten sie auch nur eine bescheidene Anzahl an Implantaten eingesetzt. Durch die Annahme, dass es Symphonix bald nicht mehr geben würde, dadurch dass sie aufgrund unseres Aktienkurses unsere Produkte nicht mehr verwendeten, schufen sie eine selbsterfüllende Prophezeiung. Das gilt für jedes Produkt. Wenn es zum Beispiel eine weltweit führende Schrittmacherfirma gäbe und alle Ärzte mit einem Schlag diese Schrittmacher nicht mehr verwenden würden, weil sie an der Zukunft der Firma zweifelten, würde selbstverständlich der Aktienkurs der Firma fallen, und ohne Verkäufe würde die Firma irgendwann einpacken müssen.
    Das einzig Gute an der Finanzkrise von 2010 ist, dass ich jetzt über Leerverkäufe und deren Auswirkungen auf Symphonix reden kann, ohne paranoid oder verrückt zu klingen. Zwischen 2006 und 2007 wetteten Goldman Sachs und viele andere gegen Produkte, die sie ihren eigenen Kunden verkauften. Gleichzeitig sicherten sie diese Verkäufe mit einem Dickicht an Transaktionen ab. Die Moral der Geschichte ist, dass diese Unternehmen Öl in das Feuer der amerikanischen Hypothekenkrise gossen und die Weltwirtschaft gleich mitverheizten. Wozu?
    Szenenwechsel zu Symphonix, direkt nach dem Börsengang. Zu dem Zeitpunkt war Symphonix das einzige börsennotierte Unternehmen, das Mittelohrimplantate herstellte. An der Börse gehandelt zu werden, hat den Vorteil, dass man durch den Börsengang Zugang zu frischem Geld bekommt, und wenn die Aktienpreise hoch sind, zusätzliche Kapitalerhöhungen durchführen kann. Der Nachteil ist, dass die Bilanzen öffentlich zugänglich werden. Wenn eine Firma wirtschaftliche Turbulenzen erfährt, und sei es nur für kurze Zeit, läuft sie Gefahr, von den Finanzmärkten bestraft zu werden, manchmal auch zu unrecht. Firmen können auch überbewertet werden, aber Leerverkäufe dienen theoretisch gerade dazu, Bewertungen wieder näher an die Realität heranzuführen.
    Symphonix ging 1998 an die Börse. Kurz danach ermöglichte die Entstehung von Yahoo Finance und ähnlichen Websites jedem mit einem funktionierenden E-Mail-Account, anonyme Kommentare abzugeben. Die Kommentarseite von Symphonix ( NASDAQ : SMPX ) wurde dadurch zum Blitzableiter für Leerverkäufer. Schon am ersten Tag ging es los. Ich hatte schon davor mit Aktien gehandelt und virtuelle Pinnwände gesehen, also wusste ich, dass im Internet billige Aktien oft hochgelobt und dann fallengelassen werden. Einmal kamen etwa die ReSound-Aktien unter die Räder. Was Symphonix widerfuhr, fiel in eine andere Kategorie. Unsere Nachrichtendichte war rekordverdächtig. Ich erinnere mich heute noch an die Betreffzeilen.
    JAWS : „ SMPX geht unter, unter, unter. CEO weg. Wer ist der nächste? Verkauft diesen Stinker!“
    SSHORTX : „Dieser Hund bellt nicht, aber ich beiße. Ich bin raus, bevor die untergehen.“
    Es hörte nicht auf, war brutal und legal.
    Es war auch unseren Mitbewerbern erlaubt, unsere Aktien zu handeln. Firmen, die uns auf die Pelle rücken wollten, konnten die SMPX -Aktien leer verkaufen, um den Preis in den Keller zu treiben. Das rückte zukünftige Kapitalerhöhungen in weite Ferne und schädigte unseren Ruf, was unseren Handel weiter drückte.
    Natürlich habe ich weder Rechnungen noch sonstige Aufzeichnungen, die zeigen, dass unsere Mitbewerber unsere Aktien runtergedrückt haben. Ich werde sie auch nicht bekommen. Schließlich sind solche Transaktionen rechtmäßig, und es gibt keine Pflicht zur Offenlegung. Genauso wie es den großen Banken erlaubt war, gegen ihre eigenen Kunden zu wetten, war es unseren Rivalen gestattet, SPMX -Aktien leer zu verkaufen. Vielleicht war es auch zulässig, unsere Online-Pinnwände zu missbrauchen, um den Preis in den Keller zu treiben. Jedenfalls aber war es für Symphonix unmöglich, zwischen 1999 und 2001 diesen Praktiken nachzuspüren oder ihnen gar ein Ende zu setzen. War es nun so, wie ich vermute? Ich zweifle nicht im Geringsten daran, dass meine Konkurrenten mit unseren Aktien handelten, vielleicht sogar im Glauben, dass sie einmal zulegen könnten. Jeder mit einem halbwegs seriösen MBA hätte sich ausrechnen können, dass man uns mit ein oder zwei Millionen Dollar aus dem Weg räumen und dabei noch eine Stange Geld verdienen konnte. Eine kleine Zahlung an eine der kleinen Firmen, die in den Chatrooms und Gerüchteküchen

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