... und ich höre doch!: Ein technologisches Abenteuer zwischen Silicon Valley und den Alpen (German Edition)
es ebenso. Er übte eine ganze Stunde das Putten, also übte ich mit, ebenso bei den Sandschüssen. Als er endlich seine Aufwärmübungen beendet hatte, stellten wir uns um einen Platz am ersten Tee an. Mit erstaunlicher Disziplin befolgten die Österreicher dort die Etikette. Zwei Freunde von Alois stießen zu uns, und wir bildeten einen Vierer.
Am Tee verzog Alois den Ball dann etwas nach rechts. Als nächstes kam ich dran und setze den Ball in eine Wiese mit hüfthohem Gras. Da ich den Ball nie wieder finden würde, erklärte ich den Ball für verloren und schickte einen provisorischen Schuss nach. Als wir dann am Fairway entlangspazierten, um unsere zweiten Schläge zu erledigen, bildeten die drei Österreicher sehr zu meiner Verwunderung einen Suchtrupp, um im hohen Gras nach meinem Ball zu suchen. Ich sah ihnen verblüfft zu.
„Was macht ihr bloß?“
„Wir suchen deinen Ball!“
„Wieso denn? Ich habe ihn doch als verloren deklariert!“
Ich dachte mir: Was zum Teufel machen die denn da? Ich will Golf spielen und nicht eine Nadel im Heuhaufen suchen. Aber in Rom ... Ich begab mich also zu den anderen ins Gras, um meinen Ball zu finden. Als Alois ihn dann tatsächlich entdeckte, musste ich ihn auf den Fairway zurückspielen. Das war mir noch nie passiert.
Beim nächsten Loch schoss einer unserer Gefährten den Ball ins Gestrüpp neben einem Gleis, das den Golfkurs querte. Sofort formierte sich der Suchtrupp, und wir gingen erneut auf Expedition. Mit großer Systematik fanden wir auch diesen Ball. Beim nächsten Loch war es dann wieder so weit. Und danach nochmal. Jedes Mal fand unser Suchtrupp den Ball. Am Tagesende hatten wir acht Exkursionen durchgeführt, aber keinen einzigen Ball verloren. Ich hatte noch nie erlebt, dass verhauten Schlägen so viel Aufmerksamkeit zuteil wird. Als ich entdeckte, dass normale Bälle in Österreich ein Vierfaches dessen kosten, was man dafür in den USA bezahlt, ergab das natürlich etwas mehr Sinn. Gute Bälle sind sogar noch teurer.
Durch Alois verfiel ich dem Golf erneut. Über einen irischen Klub konnte ich mir ein echtes internationales Handicap besorgen, und in Österreich kaufte ich mir eine Saisonkarte, mit der ich so viel spielen konnte, wie ich wollte. Ich spielte mit Alois vor der Arbeit, nach der Arbeit und ganze Wochenenden lang. Ich übte ständig Pitches, Putts und Sandschüsse und setzte auf der Range alle meine Schläger beim Zielschießen ein. Ich nahm Gruppenunterricht, Solounterricht und änderte meine Haltung. Kurzum, ich verwarf meine Spielweise und meine Gewohnheiten aus Amerika und fügte mich in das straff organisierte österreichische System. Mit der Zeit lernte ich sogar, die teuren Bälle im hohen Gras wiederzufinden.
Wissen Sie, wozu das führte? Mein Spiel hat sich maßlos verbessert. Innerhalb von zwei Jahren hatte ich ein Handicap von 8,5. Ich fuhr mit meiner Frau regelmäßig nach Irland in meinen Klub und erreichte dort regelmäßig niedrige Achtziger, manchmal sogar ein paar Siebziger. An einem Tag wäre mir sogar fast eine Par-Runde gelungen, wenn ich nicht zwei schreckliche Bogeys geschlagen hätte (einer davon peinlicherweise sogar auf einem Par drei Loch).
Nach der Geburt unserer Zwillingssöhne Travis und Trevor hörte ich mit dem Golfen auf. Aber ich hatte gelernt, dass die österreichische Art eigentlich gar nicht so schlecht war. Auch wenn der österreichische Weg nicht immer der mir gewohnte ist, er funktioniert.
So neu das Golfen in Österreich für mich war – die Frisörbesuche hatten es auch in sich. Als ich das erste Mal einen Haarschnitt brauchte, ging ich einfach zum nächsten Frisör, der mich in einen Stuhl drückte und mich fragte, was ich wolle.
Ich verlangte in meinem besten Deutsch „Haar Rasur bitte!“
Ehe ich mich versah, pflasterte der Frisör mein Gesicht mit heißen Tüchern zu. Ich wusste nicht, wie mir geschah! Er entfernte die Handtücher und seifte mein Gesicht ein. Dann zückte er ein Rasiermesser und verpasste mir die genaueste Rasur meines Lebens. Als er fertig war, kam ein Assistent zu mir und fragte auf Englisch, ob ich zufrieden sei?
„Ja, schon, aber könnten Sie jetzt auch die Haare auf meinem Kopf schneiden?“
„Ach, sie wollten einen Haarschnitt! Das tut uns aber schrecklich leid.“
Also drückte mich der Frisör wieder in den Stuhl und schor mir fast alle Haare vom Kopf. Sehr zu meinem Schrecken wurde bei der neuerlichen Prozedur auch ein kleiner Flammenwerfer eingesetzt, um
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