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... und ich höre doch!: Ein technologisches Abenteuer zwischen Silicon Valley und den Alpen (German Edition)

... und ich höre doch!: Ein technologisches Abenteuer zwischen Silicon Valley und den Alpen (German Edition)

Titel: ... und ich höre doch!: Ein technologisches Abenteuer zwischen Silicon Valley und den Alpen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Geoffrey Ball
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einmal 25.000 Dollar kostete. Damals arbeiteten wir noch mit analogen Messgeräten, die sehr teuer, schwierig zu bedienen und in ihren Möglichkeiten beschränkt waren.
    Fast alle unsere Aufgaben waren mühsam. Um die nötige Anzahl von Ohren zu erhalten, musste ich jeden Tag in die Prosektur, entfernte die Schädeldecke von einer Leiche und bohrte die Felsenbeinregion heraus, die das Mittelohr und das innere Ohr enthielt. Dann entnahm ich sie mit einer Pinzette, setzte die Schädeldecke wieder auf und nähte alles zusammen. Das klingt makaber, aber durch die zahllosen Autopsien erhielt ich viel Erfahrung und Einsicht in die Anatomie und Physiologie. Mir machte diese Arbeit nichts aus, ich fand sie faszinierend. Mr. Kelly war eine Persönlichkeit, die die Leichenhalle samt ihren Freiwilligen und Auszubildenden ernsthaft, aber verwegen leitete.
    Eines Tages, als ich gerade an einer Schädeldecke arbeitete, sollte ein neuer Turnusarzt eine Autopsie durchführen, was ihm in dieser Atmosphäre offensichtlich ziemlich zu schaffen machte.
    Zögernd fragte er Mr. Kelly: „Und was ... was war jetzt die Todesursache?“
    Mr. Kelly schaute ihm ernsthaft in die Augen. „Kurzatmigkeit … Doktor.“
    Der Arzt senkte den Blick und antwortet: „Oh, ja. Klar.“
    Darauf Mr. Kelly: „Passiert häufiger als man denkt. Manchmal werden Leute so kurzatmig, dass sie einfach zum Atmen aufhören. Sehen wir häufig hier.“
    „Ah ja, ja, ich verstehe.“
    Keiner von uns sagte ein Wort. Mit ernsten Gesichtern arbeiteten wir weiter, während wir eigentlich schon vor Lachen platzten. Logischerweise hört jeder, der stirbt, zu atmen auf, daher kann man diese Todesursache überall anführen. Und da war ein armer Turnusarzt, der gerade an einer der weltweit besten medizinischen Fakultäten sein Studium beendet hatte, der vollgestopft mit Wissen und Training war und dennoch Mr. Kellys „Kurzatmigkeit“ auf den Leim ging. Galgenhumor, der diese Arbeit oft erleichterte.
    Sobald ich Ohren entnommen hatte, legte ich sie in eine vorbereitete Lösung, damit sie nicht verunreinigt werden konnten, und trug sie ins Labor, wo ich sie sezierte, um zum Mittelohr zu gelangen. Meist musste ich dazu bohren, bis ich die Stapesfußplatte und die anderen Knöchelchen sehen konnte. Ich durfte unter keinen Umständen diese winzigen Strukturen verletzen. Jetzt ging es an die eigentliche Messung. Dazu führte ich einen Lautsprecher mit einer Röhre in den hinteren Kanal ein, versiegelte ihn und vergewisserte mich, dass alle Geräte und der Kompressor-Schaltkreis richtig eingestellt waren. Dann begann ich bei niedrigen, mittleren und hohen Frequenzen zu messen. Wenn wir ein Video-Stroboskop einsetzten, begannen wir meist bei 134 dB. Das entspricht etwa dem Lärm eines Presslufthammers. 1988 konnten wir allerdings nur bis auf Zellniveau genau messen. Um zu einem wirklichen Verständnis zu kommen, hätte man ins Innere der Zellen dringen müssen. Die Messungen dauerten bei einem einzigen Ohr einen ganzen Tag, und wir machten mindestens vier pro Woche. Ich arbeitete meist im Tandem mit japanischen Wissenschaftlern der Universität Ehime zusammen. Es gefiel mir, mit den japanischen Ärzten zu arbeiten: Da sie kaum Englisch sprachen, waren wir auf Pantomime, Gestik und sehr langsames Sprechen angewiesen. Das war natürlich perfekt für mich.
    Eines meiner Hauptprojekte, das aktive Mittelohrimplantat, erforderte viel kreatives Denken. Theoretisch könnte so ein Gerät direkt angetrieben werden, um die winzigen Strukturen des inneren und mittleren Ohres mechanisch zu aktivieren. Der Einsatz solcher mechanischer Energie, um Mikrovibrationen auf das Ohr zu übertragen, erfordert – wie der Name schon sagt – einen direkten Kontakt zwischen dem Ohr und dem Wandler. Theoretisch könnte so ein Gerät akustische Hörhilfen ersetzen und dauerhaft ins Ohr eingesetzt werden. 1988 existierte allerdings kein solches Gerät. Das einzige, das überhaupt verwendet worden war, wurde in Japan von Dr. Suzuki und Dr. Yanigihara erforscht.
    Da Dr. Yanigihara von der Universität Ehime und Dr. Goode eng zusammenarbeiteten, fanden wir auch hier einen Patienten, dem wir dieses japanische Implantat chirurgisch einsetzen konnten. Dr. Yanigihara flog eigens aus Japan ein, um bei der Operation zu assistieren, die technisch gesehen erfolgreich verlief, doch ließ sich das Gerät trotz aller Bemühungen nicht aktivieren. Wir erwogen eine zweite Operation, aber der Patient kam nicht zurück. Wir

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