und ihre Gaeste
auch bei den Chinesen nicht. Nur, dass man dort am Meer die Kokospalmen rascheln hört und man seinen Reis auf Holzstäbchen jongliert ...“ An einem anderen Abend, als man in allen Himmelsrichtungen Wetterleuchten sah, fragte er: „Hat jemand schon einmal die Nordlichter über den nächtlichen Himmel tanzen sehen, diese bunten, breiten Bänder in der Polarnacht ...?“
Augenblicklich war es dann mäuschenstill, alle warteten auf die Erzählung, die nun folgte.
„Sie sind ja ein Dichter, lieber Marcel“, sagte Frau Wendland einmal, und Mamsell rief entzückt: „Vraiment, un poète!“
Was war er wohl wirklich? Darüber zerbrachen sich die Mädchen den Kopf. Doch sie scheuten sich, ihn selber zu fragen. „Vielleicht war er in der Fremdenlegion“, meinte Erika, die viel in den alten Illustrierten schmökerte, die überall in den Bücherregalen herumlagen.
Aber ihre Freundin Conny tippte ihr liebevoll an die Stirn. „Die Fremdenlegion ist doch in südlichen Ländern. Meinst du, die Polarlichter sind dort zu sehen?“
„Schiffsarzt?“, schlug Hilda vor. Das konnte schon eher sein.
„Oder Diplomat“, meinte Hanni.
Sie rätselten noch viel herum. Doch sie kamen nicht darauf. Auf jeden Fall fanden alle den Herrn Marcel sehr, sehr nett und rannten, sobald er einmal einen Wunsch äußerte, nach einem Sprudel oder einem Bier.
„Eigentlich könnte er doch Robby heiraten“, sagte Hanni eines Abends, als sie schon im Bett lagen und kurz vor dem Einschlafen waren.
„Was ... wer?“ Hilda und Nanni fuhren fast erschrocken auf. Doch sie errieten sofort, an wen Hanni gedacht hatte.
„Mach doch ein Heiratsbüro auf“, rief Hilda. „Die ersten Opfer hast du ja schon.“ Sie lachten, schliefen dann aber bald ein. Ihr letzter Gedanke war dann aber doch: So dumm ist Hannis Idee gar nicht.
Aufregung um einen Ausreißer
„Haben Sie Christian gesehen?“, fragte Frau Strube atemlos an der Tür von Frau Roberts’ Büro. Sie war die Mutter des kleinen Buben und der beiden größeren Mädchen.
„Nein.“
„Er ist fort.“
„Fort?“ Frau Roberts kam sofort hinaus auf den Flur und trommelte die Mädchen zusammen. „Christian Strube ist verschwunden. Bitte helft uns suchen.“
Vor dem Haus standen Christians Schwestern Birgit und Liesel. Sie machten ganz betroffene Gesichter.
„Hab ich euch heute Morgen nicht ausdrücklich gesagt, dass ihr auf den Kleinen aufpassen müsst, solange ich zu schreiben habe?“, fuhr ihre Mutter sie an. „Wo habt ihr den Buben zuletzt gesehen?“
„Am Sandkasten“, sagte Birgit kleinlaut.
„Wann war das?“
„Vor ein paar Minuten“, stotterte Liesel.
Aufgeregt wandte sich Frau Strube an Frau Roberts: „Haben Sie schon einmal solche lieblosen und unzuverlässigen Geschöpfe gesehen?“, fragte sie. „Ich mute ihnen wahrhaftig nicht oft zu, auf Christian aufzupassen. Aber nicht einmal, wenn es ausnahmsweise geschieht, achten sie auf ihn. Mein armer kleiner Bub“, jammerte sie. „Wohin mag er bloß gelaufen sein?“ Nach den Mädchen sah sie sich nicht mehr um.
Für die zehnjährige Birgit war das zu viel. Nanni sah, wie sie laut weinend hinauslief, und nahm sich vor, bald nach ihr zu schauen.
Einstweilen aber gab Herr Marcel Anweisungen an jeden, der bei der Suche helfen wollte. Alle meldeten sich - sogar die alte Lehrerin, die sich sonst bei gemeinsamen Unternehmungen nie beteiligte. Monsieur Marcel war der reinste Feldherr, fanden die Mädchen. Er zeichnete auf ein paar Wegekarten der Umgebung, die Frau Roberts stets für ihre Gäste bereithielt, jedem Einzelnen auf, wo er suchen sollte. „Immer zu zweit gehen“, sagte er. „Dann kann einer bei dem Ausreißer bleiben, wenn Sie ihn finden. Der andere kann uns Nachricht bringen. Frau Roberts bleibt hier bei der Mutter und Mademoiselle.“ (Er sagte nicht „Mamsell“!)
Christians Schwestern waren noch nicht wieder aufgetaucht, die anderen Kinder und jungen Mädchen wurden den Älteren zugeteilt. Nanni sollte mit der Lehrerin gehen. Sie verzog das Gesicht, doch sie widersprach nicht. Zuerst schwiegen beide. Dann platzte Nanni plötzlich heraus: „Dort hinten - ein Reh! Es hat uns noch nicht bemerkt.“ Sie blieben stehen und beobachteten ein paar Augenblicke lang das Tier, wie es nach allen Seiten sicherte, dann äste und plötzlich davonsprang.
„Du hast scharfe Augen“, sagte die Lehrerin. Der Bann war gebrochen. Mit einem Mal erzählten beide von ihren Schulen, Nanni voll Begeisterung, die
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