und ihre Gaeste
sie so laut, dass jeder im Raum es hören konnte. „Eine sehr wertvolle Kette ist fort.“
„Ja, du liebe Zeit, wie konnte das geschehen?“, fragte Herr Kersten.
„Ach, ich nahm die Kette gestern aus der Schatulle, weil ich sie heute Ihrer Frau zeigen wollte. Sie ist das Geschenk eines bedeutenden Künstlers - sein Name tut nichts zur Sache. Man nennt ihn ja nicht gern, nicht wahr? Ich bekam sie von ihm als Dank für einen Artikel zu seinem fünfundzwanzigjährigen Bühnenjubiläum. Eine goldene Kette mit einem Anhänger aus Brillanten und Rubinen. Sie ist weg - einfach weg.“
„Haben Sie überall nachgesehen?“, fragte Herr Kersten ruhig.
„Überall! Sie ist gestohlen, sage ich Ihnen.“
„Aber wer sollte sie denn nehmen? Es ist doch nachzuprüfen, wer in Ihrem Zimmer war.“
„Gewiss! Es war diese Margot. Der traue ich sowieso nicht.“
Hilda war stillschweigend hinausgegangen und hatte Frau Roberts aus ihrem Büro geholt. Herr Marcel kam auch mit.
Frau Merula wiederholte die Geschichte von der gestohlenen Kette.
„Margot war es bestimmt nicht“, sagte Frau Roberts sofort überzeugt. „Sie ist grundehrlich - wie alle meine Angestellten.“
„Man täuscht sich oft im Menschen“, erwiderte Frau Merula.
Alle hörten zu, es war für Frau Roberts äußerst unangenehm. „Wollen wir nicht in mein Büro hinübergehen?“, bat sie. „Oder in Ihrem Zimmer in aller Ruhe noch einmal gründlich nachsehen?“
„Das ist ganz überflüssig. Ich habe selbstverständlich alles durchsucht, bevor ich herkam.“
„Trotzdem bin ich dafür, dass Sie selber uns zeigen, wohin Sie die Kette gelegt hatten“, sagte Herr Marcel. „Und ich bitte Sie sehr, die Anschuldigung gegen das junge Mädchen fallen zu lassen.“
„Holen Sie sie doch“, zischte die Amsel, die jetzt mehr einer Schlange glich als einem Singvogel. „Ich werde sie selber fragen, was sie zu der ganzen Sache zu sagen hat.“
„Leider ist sie jetzt nicht hier. Sie ist heute früh mit mir zur Station gefahren, weil sie etwas in der Stadt erledigen musste.“
„Aha! Wahrscheinlich wird sie zu einem Juwelier gehen und meine Kette anbieten.“
Frau Roberts war rot vor Ärger und wollte antworten, doch Herr Marcel hob beschwichtigend die Hand. „Lassen Sie Frau Merula ruhig bei ihrem Verdacht. Es wird sich alles klären. Doch wollen wir jetzt hinübergehen!“
„Erst möchte ich in Ruhe essen.“
„Bitte sehr.“
Es war eine dumme Geschichte. Die Mädchen waren empört. Als Hetti erfuhr, was man ihrer Schwester in die Schuhe schieben wollte, weinte sie furchtbar.
Doch ein paar Gäste schienen misstrauisch geworden zu sein, besonders die beiden Bibliothekarinnen, die am Tag vorher eingetroffen waren, und der alte Lehrer, der sich zum Steinsammler an den Tisch gesetzt hatte. Wären die beiden Studentinnen noch da gewesen, die hätten bestimmt Margots Partei ergriffen. Doch sie waren gerade einen Tag vorher abgereist.
Margot kam erst mit dem letzten Zug zurück. Frau Roberts begleitete Herrn Marcel zur Bahn. Zwei Riesentaschen voll hatte Margot eingekauft - Sachen, die Gustel in der Küche brauchte - und Frau Roberts lobte sie sehr.
Zuerst erwähnten die beiden nichts von Frau Merulas Verdacht. Doch mit einem Mal stoppte Herr Marcel den Wagen und nickte Frau Roberts zu: „Es hilft nichts, erfahren muss sie es doch.“
Erstaunt und erschrocken sah das junge Mädchen von einem zum anderen. „Ist etwas passiert?“, fragte sie endlich.
„Ja!“ Frau Roberts gab sich einen Ruck. „Margot, Sie räumen doch das Zimmer von Frau Merula auf?“
„Ja, leider. Sie hinterlässt nämlich immer eine gewaltige Unordnung.“
„Haben Sie heute Morgen dort eine goldene Kette liegen sehen?“
„Nein.“ Margot sagte es überzeugt und völlig ahnungslos.
„Aber Frau Merula vermisst sie und behauptet, sie wäre gestohlen.“
„Gestohlen? Von mir etwa?“ Margot lachte kurz, wurde dann aber ärgerlich. „Wie kann sie so etwas behaupten? Die soll mich kennenlernen!“
„Nur nicht gleich so hitzig.“ Herr Marcel versuchte das Mädchen zu beruhigen. „Frau Roberts hat auch sofort Ihre Partei ergriffen.“
„Ach, hat die etwa meinen Namen genannt?“
„Ich bitte Sie, Margot, bleiben Sie ruhig. Wir tun alles, um die Sache aufzuklären.“
„Und inzwischen sickert es bei den Gästen durch, dass ich eine Diebin bin.“
„Margot, wer Sie kennt ...“
„Nein, nein, Frau Roberts, ich lasse das nicht einfach so durchgehen. Ich werde die
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