und ihre Gaeste
Dame selber fragen, wie sie auf so eine Idee kommt.“
„Das sollen Sie auch - gleich morgen früh.“
„Glauben Sie, dass ich noch ein einziges Mal in ihr Zimmer gehe?“
„Das mutet Ihnen niemand zu, Margot. Nur lassen Sie bitte die Geschichte heute Abend noch auf sich beruhen - mir zuliebe!“
Das war viel verlangt - Frau Roberts wusste es selber. Aber sie wollte mit ihrer Tante sprechen und sich noch einmal mit Marcel beraten.
Margot war schließlich einverstanden. Aber dann kam es doch anders. Die Amsel saß mit Frau Kersten auf der vorderen Terrasse, als das Auto hielt. Frau Kersten deutete auf die drei, die in der Dämmerung aufs Haus zukamen. Marcel versuchte noch, seine Begleiterinnen zur Küchentür zu dirigieren.
„Na“, rief da die Amsel, „ob sie die Kette absetzen konnte?“ Natürlich begriff Margot sofort, was sie meinte. Sie lief hinüber und pflanzte sich vor der boshaften Frau auf. „Sie sollten sich in Acht nehmen mit dem, was Sie sagen“, schrie sie empört. Alle, die in der Nähe waren, kamen jetzt her. „Meinen ehrlichen Namen lasse ich mir nicht beschmutzen - und von so einer liederlichen Person wie Sie schon gar nicht.“
Arme Frau Roberts! Sie konnte nicht so tun, als merkte sie von der Sache nichts. „Margot, hören Sie auf!“, rief sie nur und wollte auch Frau Merula beschwichtigen, die nach Margots Wutausbruch ganz still geworden war und fast ängstlich wirkte. Aber nun redete Frau Kersten.
„Unglaublich“, schalt sie, „was sich solch ein grünes Ding einer Künstlerin gegenüber herausnehmen darf! Ja, einer Künstlerin! Ich rechne jeden dazu, der sich nicht mit Alltagskram abgibt und höhere Interessen hat. Wie können die netten, gebildeten Mädchen hier im Hause nur mit so einem Geschöpf zurechtkommen!“ Aber die „netten, gebildeten Mädchen“ waren längst zur Stelle und sie gingen prompt zu Margot hinüber und trösteten sie.
„Lass sie doch reden“, sagte Hanni laut, „wir kennen dich ja, Margot, und Robby weiß auch, dass du ehrlich bist.“
Die Lage war für Frau Roberts mehr als unangenehm. Was tun? Da klang ein Pfiff vom Gartentor her.
„Na, hier geht es ja lebhaft zu“, rief ein lustiger Bursche in Jägertracht. „Da kann ich wohl auch noch hineinkommen und meinen Fund abliefern.“ Dabei hielt er eine Damentasche hoch. „Die lag draußen auf der Bank im Steintal.“
„Meine Tasche!“ Die Amsel konnte wieder flöten. Sie streckte die Hand nach der Tasche aus.
Doch Herr Marcel war schneller. Er nahm sie dem Jäger aus der Hand und sagte zu Frau Merula: „Erlauben Sie, dass ich korrekt vorgehe. Nach allem, was heute geschehen ist, erscheint mir das nötig. Bitte, beweisen Sie, dass es wirklich Ihre Tasche ist. Was enthält sie?“
„Empörend“, murmelte Frau Kersten, aber die Amsel fügte sich kleinlaut. „Ein Taschentuch, eine rote Geldtasche“, zählte sie auf, „ein blauer Taschenkalender, ein paar Stifte ...“
Herr Marcel hatte die Tasche geöffnet und nickte bei jedem Gegenstand. Als die Amsel schwieg, sagte er: „Eines haben Sie noch vergessen: diese Kette mit dem wunderbar glitzernden Anhänger. Ob es echte Steine sind, kann ich nicht sagen.“ Er hielt die Kette hoch, ließ sie wieder in die Tasche gleiten und überreichte sie Frau Merula mit einer ironischen Verbeugung. Dann holte er einen Zehnmarkschein aus seiner Tasche und drückte ihn dem überraschten Jäger in die Hand. „Für Hilfe in großer Not“, sagte er dazu und Frau Roberts nickte.
Die Aufklärung dieser unangenehmen Geschichte kam wirklich für alle überraschend. Die Mädchen jubelten und umarmten die strahlende Margot. Die Gäste gingen zu Frau Roberts hinüber und drückten ihr die Hand. Sie ahnten, was für schreckliche Stunden sie hinter sich hatte.
Und die Übeltäterin? Frau Merula war auf einen Stuhl gesunken und wagte nicht, sich umzuschauen. So eine Blamage! Dass der Jäger aber auch derart hereinplatzte! Scheu sah sie sich schließlich nach Frau Kersten um. Die stand zwar noch in der Nähe, doch sie kehrte ihr den Rücken zu. So schlich die arg zerzauste Amsel still ins Haus.
Mamsell brachte ihr am nächsten Morgen persönlich das Frühstück ins Zimmer und sagte: „Es wird am besten sein, wenn Sie abreisen. Sie werden zum Mittagszug gebracht.“
So nahm der Amsel-Urlaub also ein unrühmliches Ende! Doch hatte sie es besser verdient? Sie hatte sich nicht gescheut, jemanden zu beschuldigen, ohne Beweis, aus reiner
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