und ihre Gaeste
keinem ihrer Mädchen bei den Wanderungen eine Gefahr drohte. Sie bat sie trotzdem, vorsichtig zu sein. „Tut es mir zuliebe. Ich trage ja die Verantwortung für euch.“
Die Bibliothekarinnen waren selber aber auch nicht allzu ängstlich bei ihren Spaziergängen. Sie entfernten sich immer mehr von ihrem Ausgangspunkt. Vielleicht hielten sie ihre Regenschirme, die sie stets bei sich hatten, für ausreichende Waffen.
Bei einem ihrer Ausflüge stießen sie auf eine äußerst verdächtige Gestalt. Es war ein älterer Mann in - ja, man konnte sagen: in Räuberzivil! Er trug eine karierte Jacke und Bundhose. Kragen und Krawatte fehlten. Der Hut, den er im Vorbeigehen höflich lüftete, hatte eine speckige Krempe. Der ganze Mann wirkte gar nicht gepflegt, eher ein bisschen verwahrlost.
„Und sieh nur“, sagte Grete laut, nachdem sie beide dem seltsamen Waldläufer schweigend nachgeschaut hatten, „seine Haare sind rot.“
„Ja“, antwortete Hete, „sein Bart auch.“
Richtig, sein Gesicht umrahmte ein Vollbart! Das hatte man im Rundfunk nicht erwähnt. „Der ist ihm wahrscheinlich während seiner Rumtreiberei gewachsen.“
Vorsichtig drehten sie sich um. Dort hinten stand der Rübezahl und schien irgendwas zu suchen. Schnell versteckten sich die beiden Frauen im Gebüsch. Er brauchte ja nicht zu merken, dass sie noch in der Nähe waren und ihn beobachteten.
Aber was beabsichtigte er? Da ... er hatte ein Gewehr in der Hand! Er untersuchte es genau, hing es sich um die Schulter und bog in einen winzigen Jägerpfad ein. Das schien ein ganz gefährlicher Bursche zu sein!
Hete sah Grete an. Die nickte ihr zu. Das hieß: „Wir müssen ihn unschädlich machen!“
Vorsichtig schlichen sie ihm nach. Das war nicht schwer. Sie sahen ihn zwar nicht, aber sie hörten ihn. Denn der Mensch pfiff vergnügt vor sich hin. Er pfiff! Er musste sich ganz sicher fühlen.
Dort vorn schien eine Hütte zu sein ... Eine Tür klappte. Sicher war er hineingegangen. Die beiden Frauen folgten ihm langsam. Der Schlüssel steckte außen. Den hatte wohl ein Forstbeamter stecken lassen, welcher Leichtsinn! Oder hatte der Kerl einen Komplizen?
Mit größter Vorsicht drehte eine den Schlüssel herum und zog ihn heraus. Dann aber los!
Im Sturmschritt ging es zur Fuchsenmühle. Dort war alles still - wie meist in der Zeit nach dem Mittagessen. Aber das war gleichgültig. In der leeren Halle stand das Telefon, das die Gäste benutzen konnten. Die Polizei musste her!
„Hier Landpolizei!“
„Ja, hier ist das Kurheim Fuchsenmühle. Ich bin ein Gast und eben auf einem Spaziergang mit einer Freundin dem entsprungenen Sträfling begegnet ...“
„Moment ... dem, der gestern Abend im Fernsehen genannt wurde?“
„Ja, und im Rundfunk. Dort haben wir es gehört. Die Beschreibung stimmt.“
„Und wo ist er jetzt?“
„Wir haben ihn dingfest gemacht ... im Wald draußen ... in einer Hütte.“
„Sind Sie ganz sicher?“
„Absolut! Kommen Sie so schnell wie möglich.“
„Gut, in zwanzig Minuten sind wir bei der Fuchsenmühle. Finden wir Sie dort?“
„Wir erwarten Sie am Eingang. Aber beeilen Sie sich.“
Es dauerte keine zwanzig Minuten, da raste der Polizeiwagen heran. Der Fahrer öffnete: „Bitte, meine Damen, steigen Sie ein und weisen Sie uns den Weg.“
Im Wagen hinten saß noch ein Beamter. Auf ein Zeichen von Hete hielt der Wagen vor dem Jägerpfad an. „Dort entlang geht es.“
„Also lassen wir den Wagen stehen“, sagte der Polizist und ging schnell voran zur Hütte.
„Haben Sie Waffen?“, fragte Grete.
„Ja, natürlich.“
„Hier ist der Schlüssel!“
„Aha! Respekt, meine Damen, Sie machen es uns leicht.“ Er schloss auf und rief: „Hände hoch ...“ Er stockte, stand plötzlich stramm und grüßte höflich: „Herr Oberforstrat!“
„Nanu, das ist ja Laumann. Nun, mein Lieber, Sie kommen mit Schwung herein. Was verschafft mir die Ehre?“
Die Bibliothekarinnen waren platt. Sie wagten nicht wegzulaufen, was sie am liebsten getan hätten. Der Polizist drehte sich zu ihnen um. „Ja, meine Damen, das ist ein peinlicher Irrtum. Darf ich vorstellen: Dies ist Herr Oberforstrat Eisenreich.“
„Und für wen hielten Sie mich?“, wandte sich der Oberforstrat an die verlegenen Damen, die ihn stumm betrachteten.
An ihrer Stelle bekannte Laumann Farbe: „Da gab die Polizei in den letzten Tagen eine Meldung durch: Ein Sträfling ist ausgebrochen. Er hat rote Haare.“
„Ach so. Die habe ich auch.
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