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Und im Zweifel fuer dich selbst

Und im Zweifel fuer dich selbst

Titel: Und im Zweifel fuer dich selbst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Rank
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und versprach, sie zu schicken. Die Adresse schrieb man uns auf eine Ansichtskarte vom
     Ort. Es regnete dünne Strippen, als wir langsam zum Auto zurückgingen. »Das Wasser frisst den Garten fast auf.« Ich zog mir die Kapuze tief in die
     Stirn. (»Und seinen Kopf auch.«) Wir waren klatschnass, als wir den Parkplatz erreichten, zogen unsere Klamotten aus, Lenes Lippen waren schon blau
     geworden. Die Rücksitze klappten wir um, dann wickelten wir uns in einen Schlafsack und die Wolldecke. Die Scheiben beschlugen schnell.
13
    Sie atmete langsam und schwer, ihre Stirn war heiß. Die Dämmerung setzte gerade ein, als ich mich zwischen den beiden Vordersitzen hindurch wieder ans Steuer quetschte. Bevor ich den Zündschlüssel ins Schloss steckte, wartete ich noch einen Moment. Auf dem Parkplatz stand kein anderes Auto, der asphaltierte Weg hinter dem Strand jedoch war wieder bevölkert. Ein paar Jugendliche in weiten Hosen schlurften mit einer Langsamkeit durch mein Blickfeld, die mich beinahe verrückt machte. Sie setzten ihre Schritte in Zeitlupentempo, blieben im Pulk immer wieder stehen, die Mädchen fassten den Jungs an die Schultern, kniffen sie in den Bauch, und wenn sie lachten, warfen sie den Kopf zurück, dass ihre Haare herumwirbelten. Die Jungs berührten niemanden, einander nicht und auch nicht die Mädchen, sie hielten Abstand zu jedem, hatten die Schultern leicht nach vorne gezogen. Die dünnen Arme ließen darauf schließen, dass auch ihre Bäuche nicht sonderlich ausladend waren, alles schlackerte, selbst die schräg auf den Köpfen sitzenden Mützen, die nur locker auf dem Kopf und den geschorenen Haaren saßen. Sie ließen sich necken, und die Mädchen neckten. In kürzester Zeit hatte sich die mit den nackten Waden ungefähr fünf Mal einen Zopf am Hinterkopf geflochten, den Gummi wieder gelöst und war sich dann mit den Fingern durch die Haare gefahren, nur um sie dreißig Sekunden später erneut zusammenzunehmen und mit dem Flechten zu beginnen. Das war das Spiel. Eine andere mitkürzeren, blond gefärbten Haaren und einem großen Muttermal auf der nackten Wade benutzte immer wieder einen Lippenpflegestift. Mit diesem strich sie über die Unterlippe, um dann Ober- und Unterlippe aufeinander zu pressen und die weiche, sicher süßlich riechende Masse gleichmäßig über den ganzen Mund zu verteilen. Und immer, wenn sie das tat, drehte sie sich mit dem Rücken zu den anderen.
    Ich fuhr los und folgte der kurvigen Straße ein paar Orte weit. »Zimmer zu vermieten«-Schilder säumten den Wegrand. Lene hatte sich ganz unter dem Schlafsack verkrochen, nur ein Büschel Haare schaute heraus. Und kurz bevor es ganz dunkel wurde, hielt ich vor einem Einfamilienhaus, in dem noch Licht brannte. Hier stand das Schild in einem ordentlich angelegten Vorgarten. Ich stieg aus, öffnete vorsichtig das quietschende Gartentor und schritt langsam auf die Haustür zu. Ich wollte gerade klingeln, als eine Laterne an der Hauswand anging und die Tür aufgerissen wurde. Im Türrahmen stand ein kleines Mädchen mit wirrem Scheitel und einem kurzen Kleidchen, mit nackten Füßen stand sie auf der Filzmatte und grinste. »Guten Abend!«, plärrte sie mir entgegen. »Was kann ich für Sie tun?« Ich schätzte sie auf ungefähr acht. Der Wind rauschte in den umliegenden Baumspitzen, ich drehte mich kurz zum Auto um, aber von Lene sah man noch nichts. »Auf dem Schild steht, hier sei ein Zimmer zu vermieten. Ist das noch frei?«, fragte ich leise. »Aber klar doch!« Ich lächelte und betrat die kleine Treppe, worauf das Mädchen sich umdrehte und in einer Tür verschwand, die vom Wohnungsflur abging. Ich wartete vor der Tür und nach kurzer Zeit erschien es mit einem Zettel inder Hand und einem Stift zwischen den Zähnen. »Vierzig pro Nacht, Doppelzimmer, Selbstverpflegung, Endreinigung inbegriffen, einverstanden?« Ich nickte und unterschrieb dann einen Vertrag auf einem A5-Papier. Eine Katze lief an mir vorbei hinaus in den Vorgarten, als das Mädchen erneut in der Wohnung verschwand. Was hätte sie getan, wenn ich nicht einverstanden gewesen wäre? Mich hinausgeworfen, mit mir verhandelt? Die Katze blieb neben dem Gartentor sitzen. Ein Schlüssel klimperte neben meinen Ohren. »Möchten Sie nun oder möchten Sie nicht?« Wir gingen zu einem Hintereingang. Das Mädchen schloss auf, dann standen wir in einem muffigen Raum, der viel größer war, als ich erwartet hatte. Zwei massive Schränke und ein Sofa am Fenster. Das

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