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Und im Zweifel fuer dich selbst

Und im Zweifel fuer dich selbst

Titel: Und im Zweifel fuer dich selbst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Rank
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irgendwann, da wären dann die elementarstenFunktionen dran. Er legte eine Hand auf ihr Knie und schaute nach unten. Wie sie ihn anlächelte, konnte er nicht sehen. Aber den Teich,
     den habe er schon noch zu Ende bringen wollen, das habe er ja noch vor der Diagnose angefangen, erzählte sie, nun mit festerer Stimme, während Lene mit
     Daumen und Zeigefinger an der gummierten Tischdecke spielte. Das Ehepaar schaute geradeaus in seinen Garten, als läge da ein ganzes Land, als könne man
     bis an den Horizont sehen über Felder und Wälder und kleine Ortschaften. Königin und König. Früher, da habe sie immer auf dem Festland auf ihn gewartet,
     sie traue dieser Brücke noch immer nicht (ich nickte), obwohl sie schon ihr ganzes Leben in diesem Ort verbracht habe. Wir saßen auf Plastikstühlen, zwei
     Windmühlen aus Holz drehten ihre Flügel auf dem kleinen Stück Rasen, das noch übrig geblieben war. Der Rest war ein Teich, sieben Steine lagen so im
     Wasser, dass man ihn ganz überqueren konnte, Porzellanfrösche saßen am Rand und quakten nicht. Regenwolken zogen am Himmel auf, es windete wie meistens
     hier oben, und das Wasser schwappte ungeduldig immer wieder gegen alle Ufer. »Den hab ich renoviert«, erklärte er stolz und stellte sein Bier mit einem
     Knall auf den Tisch. Er stand auf, stemmte die Hände in die Hüfte und schaute auf sein Werk. »Vor 25 Jahren hab ich angefangen, Mann Mann. Ich hab das
     Loch gebuddelt, da war die Emmi gerade ins Krankenhaus gekommen. Die wusste nich genau, wat dat war mit ihrem Bauch da, aber sie hamse da behalten«, er
     nickte in unsere Richtung. »Und meine Frau war ja die ganze Zeit bei ihr, aber ich, ich konnt dat nich. Da so rumsitzen und warten und sehen, wie sie
     leidet. Da binich in den Garten gegangen und hab an bessere Zeiten gedacht und dass sie sich bestimmt freut, wenn sie nach Hause kommt
     und wir Fische haben. Das hat mich beruhigt, das Graben. Ich hab gebuddelt und gebuddelt, jeden Abend. Ich musste sogar irgendwann eine zweite Schaufel
     kaufen, weil die erste dat nich mehr mitgemacht hat. Da ging es der Emmi schon wieder besser und ich dachte: jetzt erst recht.« Seine Frau rückte die
     Teller auf dem Tisch ein wenig herum, nicht einmal Zentimeter. Lene nahm ihre Tasse in die Hände und pustete. »Dann kamse wieder, noch ganz schwach, die
     konnt da noch gar nich richtig laufen wieder, aber wir hamse geholt, und wiese strahlte, als sie den Teich gesehn hat, da hab ich auch gestrahlt, wisst
     ihr?« Und er ging zum Rand und schaute hinein, und die Girlanden auf der Veranda, pink und gelb, wogten im Wind, und die Wimpel an der Markise
     flatterten. Erste Tropfen fielen auf die Tischdecke, eine aus diesem knautschigen Plastikzeug, die nicht rutscht und leicht abzuwischen ist, die man
     eigentlich auch den ganzen Winter auf dem Tisch liegen lassen kann, damit der Garten bewohnt aussieht. Hermann stand an seinem kleinen See, die Hände
     wieder in den Hüften, den Blick gesenkt, und Lene fragte: »Kommt Emmi heute auch noch?« Doch er reagierte nicht, vielleicht hatte er ihre Frage nicht
     gehört. Sanne flüsterte uns zu: »Die Emmi wohnt nicht mehr in Deutschland. Die wohnt mit ihrem Mann jetzt in Amerika, die weiß noch nicht, dass es dem
     Papa so schlecht geht, er will nicht, dass wir es ihr sagen.« – »Wenn die dat sehen könnte, die Emmi«, rief Hermann vom Rasen aus, »dass der jetzt wieder
     so flott is wie früher, der Teich.« Dann öffnetesich das Gartentor und ein paar Menschen erschienen, die Flaschen in den Händen trugen,
     einer hatte einen Blechkuchen auf dem Arm, eine Frau hielt sich eine Tüte über ihre Fönfrisur. »Wir feiern jetzt noch einmal viel. Also auch, weil der
     Teich fertig ist«, sagte Sanne. »Man weiß ja nicht, ob er das morgen noch weiß. Und wie lange er das so schafft. Aber für den Moment, wisst ihr. Für den
     Moment tut ihm das gut.« Sie stand auf, um den Besuch zu begrüßen.
    »Wir machen uns dann mal auf den Weg«, sagte ich und schaute fragend zu Lene. Die nahm noch schnell einen Schluck Tee, bedankte sich, legte die Finger erneut
     auf das weiche Gummi der Tischdecke und drückte ein paar Dellen hinein. Hermann empfing seinen Besuch leise, aber gab jedem lange die Hand, bevor er mit
     hinter dem Rücken verschränkten Armen folgte, den Blick gen Boden gerichtet, aber er sah uns direkt in die Augen, als wir uns verabschiedeten. Lene machte
     noch Fotos vom Teich, den Fröschen, dem Schilf, den Hopssteinen

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