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Und im Zweifel fuer dich selbst

Und im Zweifel fuer dich selbst

Titel: Und im Zweifel fuer dich selbst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Rank
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ruhig. Das Holz unter meinen Fußsohlen, der Lastwagen der Müllabfuhr hielt vor unserem Haus, zwei Männer mit Latzhosen sprangen heraus. Eine Tür fiel ins Schloss. Mir wehte es Haare in die Stirn, vor die Augen, ich sah nach unten und bemerkte, dass die Erde fehlte in den Blumenkästen. Der Winter klebte unter den Fingernägeln, ich konnte ihn sehen, so sah er aus, weiß und eingerissen, ich atmete ruhig. Ein leichter Druck legte sich um meine Hüfte, ich ließ mich schieben. Meine Kniescheiben knallten gegen die Heizung, der Bauch drückte gegen das Fensterbrett, mein Körper beugte sich. Die Füße wurden neben die Blumenkästen gestellt, es waren wirklich meine Füße. Ich atmete ruhig, zehn Handflächen auf mir mit jeweils zehn Fingern. Meine Haut an den Schienbeinen war weiß wie der Winter, das Metall kalt unter meinen Füßen, ich hatte keinen Schnupfen. In dieser Nacht erstickte ich und fiel auf die Straße. Und die Männer in den Latzhosen taten mir leid.
    Als ich aufwachte, stand mir kalter Schweiß auf der Stirn. Es war unerträglich heiß. Ich brauchte einen Moment, um wieder zu wissen, wo ich war. Meine Füße steckten noch in den Schuhen, jemand tippte mir auf die Schulter. Lene saß mit hochrotem Kopf auf ihren Waden, ihre Haare standenwild vom ganzen Kopf ab, einige Äderchen waren im Weiß ihrer Augen geplatzt. Alles tat weh, meine Schulter knackte, als ich mich aufsetzte, meine Knie fühlten sich an, als hätte ich sie eben erst angeschraubt, und in meinem Nacken zogen sich die Muskeln zäh auseinander, als ich den Kopf langsam drehte und wendete. Als ich mich aufrappelte und die Vorhänge beiseite zog, die Tür öffnete und dabei die Stehlampe umriss, blieb Lene unberührt sitzen. Sie schaute, und ich nahm ihr Gesicht in meine Hände, küsste sie auf die Stirn und die Nase und sagte: »Es wird besser werden. Ich verspreche es dir.« Im Garten zwitscherten Vögel.
    Auf dem Weg ins Bad stützte ich Lene mit einem Arm, dann stellte ich sie aufrecht hin und massierte ihr den Nacken, während sie sich Gesicht und Hände wusch. Sie wartete auf dem Toilettendeckel sitzend, bis ich unsere Sachen eingesammelt und die Bettdecke zurück in den Bettkasten gestopft hatte. Danach brachte ich sie zum Auto, schnallte sie an und klingelte dann noch einmal an der Tür, hinter der mich gestern das Mädchen erwartet hatte. Es öffnete erneut, nur hatte es dieses Mal grüne Haare, grüne Farbe im Gesicht und von oben bis unten grüne Kleidung an. »Guten Morgen«, sagte ich schnell, und bevor sie losplappern konnte, fragte ich: »Können wir noch eine Nacht bleiben?« – »Aber klar doch!« quakte sie und hob ihr rechtes Bein an. »Die nächsten kommen erst übermorgen!« – »Spitze!«, sagte ich und machte auf dem Absatz kehrt. Ohne mich umzudrehen marschierte ich durch das Gartentor, setzte mich ins Auto und fuhr los. Ich musste aufpassen, keine mit aufblasbaren Badetieren und Kühlboxen bewaffneten Menschen zuüberfahren. Sie liefen, ohne zu schauen, über die Straßen, kamen aus den Lücken zwischen den parkenden Autos geschossen und wackelten dann im Entengang Richtung Meer. Es dauerte nicht lang, bis wir eine Apotheke gefunden hatten. Ich orderte Taschentücher und Paracetamol, die Apothekerin, eine Frau mit Dutt, machte mich verlegen. Beinahe hatte ich das Gefühl, sie könne mir alles ansehen, jeden Moment der letzten Tage. Langsam verließ ich die Apotheke, nicht sicher, ob ich irgendetwas vergessen hatte. Vor dem Schaufenster drehte ich mich noch einmal um und bemerkte, wie die Apothekerin mir lächelnd nachsah. Und ich hob die Hand leicht zum Gruß, aber lächelte nicht zurück.
    Lene schien indessen eingeschlafen zu sein, sie seufzte, als meine Autotür zuknallte, und öffnete die Augen. Schweiß stand ihr auf den Schläfen. Blind suchte ich mit den Händen unter ihrem Sitz nach einer Wasserflasche und verabreichte ihr sofort die erste Tablette. Sie verzog das Gesicht, aber schluckte alles hinunter. Ein kleines Rinnsal lief aus ihrem Mundwinkel und blieb am Kinn hängen. »Wir bleiben noch eine Nacht«, versuchte ich sie zu beruhigen, denn ihr Brustkorb hob und senkte sich viel zu schnell. »Es ist alles okay, du kannst gleich wieder ins Bett.« Erst jetzt bemerkte ich, wie warm es eigentlich war, dass die Sonne an einem Himmel ohne Wolken stand und sich auf den roten Schultern der Seebadurlauber weiße Linien abzeichneten. Als wir beim Haus ankamen, lag die Katze neben einem Rosenstrauch auf dem

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