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Und immer wieder Liebe Roman

Titel: Und immer wieder Liebe Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paola Calvetti
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ins Bett gehe, stelle ich den Wecker. Dann krieche ich unter die Decke und stelle mir vor, dass Federico schläft. Im Flugzeug, das den Atlantik überquert.
     
    Lust&Liebe, Lust&Liebe, Lust&Liebe, Lust&Liebe, Lust&Liebe, Lust&Liebe, Lust&Liebe, Lust&Liebe, Lust&Liebe, Lust&Liebe, Lust&Liebe, Lust&Liebe, Lust&Liebe, Lust&Liebe, Lust&Liebe: Für gewöhnlich funktioniert mein Mantra – beim Zähneputzen oder wenn mir die Straßenbahn vor der Nase wegfährt. Das Mantra funktioniert, wenn ich bis zehn zählen muss, bevor ich Mattia mit neutraler Stimme frage, welchen tieferen Sinn die Müllberge in seinem Zimmer hätten. Der heroische Taxifahrer lässt mich in Linate heraus. Die Startbahn erwartet mich sehnlichst.
    Ich spüre es.
    Ich möchte es.
    Ich weiß es.
    Das Radio verkündet in die morgendliche Dunkelheit des II. April: »Praktisch alle eintreffenden und abgehenden Flüge in Mailand sind gestrichen, wegen zugeschneiter Start- und Landebahnen und heftiger Windböen.« Praktisch alle. Ich spüre so etwas wie Hoffnung – die sich im Laufe des Vormittages jedoch in Luft auflöst: Kein einziges Flugzeug lässt den Motor warmlaufen, nicht
die Sieben-Uhr-Maschine, und auch nicht die Acht-Uhr- oder die Zehn-vor-zwölf-Maschine. Ich werde den Nachmittag abwarten müssen. Mit meinem widerstrebenden Koffer schleppe ich mich in die Lounge der Air France und rufe Alice an. Klassische Telefonkabinen gibt es hier offenbar schon lange nicht mehr, aber an der Wand hängen silbrige Apparate mit Tasten: »Dein Tipp war gut, ich habe am Gardasee eine Beauty Farm gefunden und bereits reserviert«, lüge ich, ohne mit der Wimper zu zucken.
    »Gute Idee, Emma, fahr ruhig. Ich bereite gerade eine Überraschung für dich vor. Gestern habe ich nicht viel verkauft, aber Mailand im Schneetreiben ist auf unheimliche Weise faszinierend.«
    Auf mich wirkt es nur unheimlich, denke ich, nachdem ich aufgelegt habe und für die Bodenstewardess meine Flying-Blue-Karte zücke.
    »Mit Silver haben Sie hier keinen Zutritt, Madame. Dazu bräuchten Sie Gold oder Platinum, je suis desolee.«
    Ich grabe mein Balzac-Französisch aus und mache sie darauf aufmerksam, dass ich seit zwei Tagen auf meinen Flug warte und außerdem keine Passagiere in der Lounge seien, aber sie bleibt unerbittlich. Ich werde ärgerlich. Wenn man keine Goldkarte hat, ist man an Flughäfen offenbar ein Niemand. Das ist, als würde ich den Umgang mit meinen Kunden davon abhängig machen, wie viele Bücher sie kaufen, oder als würde ich die Käufer von Hardcovern und jene von Taschenbüchern in ein Kastensystem einordnen.
    Plötzlich schießt mir ein Gedanke durch den Kopf: Wenn Federico – vergiss Morgan und die Titanic und den 10. April – an einem beliebigen Tag im Juni in die Buchhandlung gekommen wäre, dann würde ich jetzt ein geblümtes Kleid und hochhackige Sandälchen tragen und längst in seinen Armen liegen. Ich kehre zu meinem Platz zurück und versuche es mit einer Liste, das funktioniert
immer. Als Kind war ich eine einzige Liste – ein Sammelsurium von Vorwarnungen, Entbehrungen, Projekten, Wünschen und Träumen.
    Die von heute, dem 11. April 2003, sieht so aus:
     
    Was bist du bereit zu tun, um ein Flugzeug von der Erde abheben zu sehen?
    Pi mal Daumen: alles
    Und etwas realistischer, denn sonst funktioniert es nicht:
    • mit dem Rauchen aufhören (das kommt auf jede Liste). Zweimal habe ich es schon geschafft, beim ersten Mal für neun Monate, beim zweiten Mal für acht. Ich weiß nicht, warum ich wieder angefangen habe. Aber es wird garantiert nie wieder passieren. Deshalb also:
    • FÜR IMMER mit dem Rauchen aufhören.
    • Fantasy-Romane lesen.
    • Jeden Tag einen Brief an Leute schreiben, die ich seit Jahren nicht mehr gesehen habe.
    • Mit dem Studium irgendeiner orientalischen Sprache anfangen.
    • Auf Tee, Kaffee, Bier und frisch gepressten Orangensaft verzichten.
    • Mindestens zehn Fremde am Tag zuvorkommend grüßen.
    • Alkohol trinken lernen.
    • Endlich meinen Führerschein machen.
    • Keine Kleider, Schuhe und Taschen im Ausverkauf mehr kaufen.
    • Beten und daran glauben, dass jemand zuhört.
    • Mich um das Grab meiner Mutter kümmern, statt so zu tun, als wäre sie gar nicht tot.
    • Endlich zugeben, dass ich sie liebe.

    Der Schnee ist leicht schwächer geworden, meine Beschwörungsliste zeitigt erste Resultate. Die Dame am Check-in mit der dominanten Hochsteckfrisur schaut allerdings auf, schüttelt den Kopf und lässt die

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