Und in der Hölle mach ich weiter
Profi-Regionalliga, das zufällig in zwei Stunden ein Spiel hatte. Mark wollte unbedingt zum Eishockey gehen und hielt das für die beste Idee aller Zeiten. Damit war ich eigentlich gar nicht einverstanden, denn ich wollte nur einen entspannenden Abend verbringen.
Irgendwie schaffte er es dann, mich davon zu überzeugen, dass es doch ein »entspannender Abend« sei, wenn man 15 Biere kippt und dann zu einem Eishockeyspiel geht. Aber er wollte nicht nur zum Eishockeymatch, sondern unbedingt auch noch eine Camelbak-Trinkflasche mitnehmen, über die er etwas gelesen hatte. Ich überlegte kurz und wog die verschiedenen Möglichkeiten, die ich jetzt hatte, gegeneinander ab. Ich konnte:
A) es ablehnen, irgendwo hinzugehen, denn ich kenne mich gut genug, um zu wissen, dass dieser Abend ganz sicher mit einem katastrophalen Absturz enden würde;
B) zwar mit zu dem Eishockeymatch gehen, mich aber weigern, die Trinkflasche mitzunehmen, weil das ziemlich sicher meinen frühen Niedergang zur Folge haben würde;
C) »scheiß drauf« sagen, alle Vorsicht und Mäßigung in den Wind schießen, zu dem Spiel eine Trinkflasche voll mit tödlichem Tucker-Mix mitnehmen, und dann die Konsequenzen meines Handelns selbst ausbaden.
Da ihr inzwischen meine anderen Geschichten kennt – wie, glaubt ihr wohl, habe ich mich entschieden?
Ich füllte die Trinkflasche also mit dem tödlichen Tucker-Mix, diesmal aber nahm ich statt Everclear-Schnaps einen echten Kentucky Moonshine. Meine Mutter lebt in Kentucky, und einer ihrer Nachbarn brennt Moonshine in seiner Scheune. Ehrlich.
Wir kamen also völlig besoffen vor der Arena an, hatten keine Eintrittskarten, und der einzige Schwarzhändler, den wir ausfindig machen konnten, war ausgerechnet der am dreckigsten, erbärmlichsten und abgerissensten aussehende Cracksüchtige von Chicago. Er versuchte zwei verfickte Tickets loszuwerden, die aus sahen, als hätte er sie zusammen mit einem Sonderangebot von McDonald ’ s bekommen. Das hinderte mich aber nicht daran, mit ihm zu feilschen. Im Verhandeln bin ich grandios, vor allem wenn ich betrunken bin.
Tucker: »Was sollen die Tickets kosten?«
Cracksüchtiger: »40 pro Stück.«
Tucker: »Is nich dein Ernst, oder? Kriegen wir dafür auch noch einen gewichst? Spinnst du? Ich geb dir 20. Für beide.«
Cracksüchtiger: »Hey, Alter. Sind echt geile Plätze.«
Tucker: »Die Dinger hier zu verticken ist illegal.«
Cracksüchtiger: »Oh, Mann, komm mir nich so. Iss achte Reihe, an der Bandenecke.«
Tucker: »40 ist unverschämt. Du gibst die Kohle doch sowieso gleich wieder für Crack aus.«
Cracksüchtiger: »Mann, verpiss dich.«
Wir einigten uns schließlich auf 40 Dollar für beide und kamen gerade rechtzeitig zum Anpfiff zu unseren Plätzen. Zu meinem großen Missvergnügen waren in der ganzen Arena gerade mal zehn Frauen zu sehen. Nicht, dass wir zu diesem Spiel gegangen wären, um Frauen aufzureißen, aber man hofft ja doch immer, dass sich was ergibt. Also sagte ich laut und vernehmlich zu Mark: »Ach du lieber Heiland, sind wir hier bei ’nem Hockeyabend für Schwule?« Die beiden Trottel links von uns starrten mich entsetzt an, aber die beiden Alten rechts brachen in Lachen aus. Scheiß auf die Knallköpfe links.
Wir kamen mit den Alten ins Gespräch, lästerten ein bisschen über Frauen und alles Mögliche. Dann fing einer von den beiden an zu erzählen: »Neulich abends, da war ich mit zwei superhübschen Mädels zusammen. Tolle Frauen. Der Abend lief gut an – bis sie damit anfingen, alle möglichen fürchterlichen Nicht-Wörter zu benutzen. Grausame, grässliche Nicht-Wörter wie › kann nicht ‹ , › geht nicht ‹ , › will nicht ‹ , › is nicht ‹ . Echt total miese Nicht-Wörter.« Die beiden Alten waren zum Schießen. Natürlich waren wir bald schon dem Tucker-Max-Koma nahe; ein tanzender Teletubby hätte uns wahrscheinlich zu Tränen gerührt.
Da ich die Möglichkeit, mich gut zu amüsieren, schon von Weitem erkennen kann, quatschte ich die unterbelichtete Schwuchtel zu meiner Linken an. Am liebsten hätte ich ihm gleich eine in die Fresse gegeben. Das war einer von diesen ätzenden Pseudointel lektuellen, die ’ne Hornbrille auf der Nase tragen, ihren Pinot Grigio brav an der Bar süffeln, kein dunkles Fleisch essen, in angesagten Parfümerien shoppen, bei Howard Stern [34] empört aufschreien und in ganz gewöhnlichen Gesprächen gerne Namen wie »Foucault« und »Sartre« fallen lassen. Einen oder zwei von dieser
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