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Und jeder tötet, was er liebt

Und jeder tötet, was er liebt

Titel: Und jeder tötet, was er liebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Westendorf
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    Ihre Kollegen gingen nicht weiter auf Annas bedauernswerten Zustand ein. Stattdessen begann Weber, von der neu aufgetauchten Spur im Fall Lüdersen zu berichten. Anna war froh darüber, dass es wieder Arbeit gab, und konzentrierte sich. Diesmal würden sie schnell sein müssen, schneller als Lüdersen und seine Komplizen. Günther Sibelius machte einen Termin beim Staatsanwalt, um Einsicht in die Konten der bauconsult zu beantragen. In diesem Fall ging alles sehr schnell, aber leider erbrachte die Überprüfung keinen neuen Ansatzpunkt.
    „Wir müssen die Suche auf Bodes Privatkonten ausdehnen“, überlegte Günther Sibelius. „Das wird allerdings nicht gehen, ohne dass Herr Bode davon etwas mitbekommt. Wir werden es trotzdem versuchen. Wenn er nichts zu verbergen hat, sollte es außerdem keinen Grund für ihn geben, nicht mit uns zusammenzuarbeiten.“
    Tatsächlich reagierte Dieter Josef Bode kooperativ auf die Anfrage der Staatsanwaltschaft, und so wurden sie bald darauf fündig. Bode hatte am 7. Juli, also genau zwei Tage, nachdem Lüdersen das Geld von seiner Bank abgehoben hatte, einen Betrag von über einer Million und neunhundertachtzigtausend Euro auf ein privates Konto in bar eingezahlt. Es war an der Zeit für ein Gespräch mit ihm, doch vorher mussten sie zuerst einmal ihre Hausaufgaben machen. Anna und Weber beschäftigten sich mit den Aktivitäten der bauconsult. Bodes Firma arbeitete zurzeit an mehreren Projekten, aber nur an einem wirklich großen. Dabei ging es um den Neubau eines Einkaufszentrums auf der grünen Wiese in Ribnitz-Damgarten in Mecklenburg-Vorpommern. Ribnitz-Damgarten war eine Kleinstadt zwischen Rostock und Stralsund. Weber kannte den Namen des Ortes, weil ein bekannter deutscher Tennisprofi dort Inhaber eines Nobel-Autohauses geworden war. Damals hatte Weber sich darüber gewundert, wie der Sportler nur auf die Idee gekommen war, ausgerechnet in dieser strukturschwachen Gegend in einen Luxusartikel zu investieren, und sich deshalb den Ortsnamen gemerkt.
    Sie hatten sich für den Nachmittag einen Termin mit Bode geben lassen. Günther Sibelius regte allerdings an, früher loszufahren, um vorher noch einen Blick auf die Baustelle werfen zu können.
    Noch immer hielt Tom Greve Annas Zettel in der Hand und starrte darauf, obwohl er mittlerweile doch schon jedes Wort darauf auswendig kannte. Trotz ihrer augenblicklichen Schwierigkeiten klangen ihre Zeilen im Wesentlichen ganz zuversichtlich, es war noch längst nicht alles entschieden. Tom würde das Feld einem anderen nicht kampflos überlassen, er würde versuchen, um seine Liebe zu kämpfen. Gerade kam Tanja Greve aus dem Wohnzimmer in die Küche zurück und legte ihrem Sohn einen Arm um die Schultern.
    „Jan hat gerade angerufen. Weißt du, was mit ihm los ist?“
    „Was meinst du, Mutter?“
    „Seit einiger Zeit ist er uns gegenüber total wortkarg. Ich glaube, er hat sich ernsthaft verliebt.“
    „Welchen Grund sollte er haben, dir nicht davon zu erzählen?“
    Sie seufzte. „Genau das lässt mir ja keine Ruhe. Wer weiß, vielleicht ist die Frau verheiratet oder anderweitig gebunden, und er will sie nicht in Schwierigkeiten bringen.“
    In diesem Augenblick fühlte sich Tom, als hätte man ihm mit einer Faust ins Gesicht geschlagen. Was wäre, wenn Annas Verhalten und die Verschlossenheit seines Bruders in direktem Zusammenhang stünden? Ja, auf einmal schien ihm alles klar zu sein, Jan könnte tatsächlich Annas neue Liebe sein. Jan war der Hampelmann, den sie sich nun nach ihren Wünschen zurechtbog. Wie dumm war er nur gewesen, so unendlich dumm. Hatte die Vertrautheit der beiden miteinander gesehen und sich darüber gefreut. Nie hatte er für möglich gehalten, was nun klar auf der Hand zu liegen schien. Aber war sein Bruder wirklich zu einem solchen Verrat fähig?
    „Wird schon nicht so schlimm sein“, brummte Tom.
    Noch an diesem Abend würde er Jan zur Rede stellen, Tom brauchte endlich Gewissheit.
    Du bist so erbärmlich gewesen, zum Schluss. Und ich werde mich nicht zur Rechenschaft ziehen lassen dafür, einen Wurm zertreten zu haben. Wie kann ein Mensch nur so feige sein. Warum sonst hast du gezögert, mit dem anderen fortzugehen, als es noch nicht zu spät war? Und du hattest auch nicht Verstand genug, zu erkennen, was ich zu gern für dich gewesen wäre. Hast lieber weiter vom Prinzen geträumt, der ein großes Reich besitzt; deine Eltern müssen miserable Ratgeber gewesen sein. Kein Mensch kann alles

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