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Und jeder tötet, was er liebt

Und jeder tötet, was er liebt

Titel: Und jeder tötet, was er liebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Westendorf
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Alten.
    „Tut mir leid, Walter, ich habe getan, was ich konnte.“
    Walter Reimers hob den Blick. Das Weiße in seinen Augen war von roten Äderchen durchzogen und hatte eine ungesunde, graugelbe Farbe.
    „Geh ich eben für einen Monat in den Bau. Ungerecht ist es trotzdem, ich hab doch weiter nichts verbrochen, als schwarzzufahren.“
    „Bist nur leider wieder erwischt worden und hattest außerdem Hausverbot. Du weißt doch, da kennen die Schergen kein Pardon.“
    Die Rückseite des Hauptbahnhofs diente ihnen als Treffpunkt. Heute schien die Sonne. Ein wundervoller, weißblauer Himmel spannte sein sommerliches Zelt über der Großstadt. Wären sie nicht so schmutzig gewesen, so verloren, der eine oder andere Passant hätte auf die Idee kommen können, die Obdachlosen zu beneiden. Um die Zeit, die Freiheit, die sie scheinbar besaßen. Doch die meisten Leute senkten ihren Blick oder schauten peinlich berührt in eine andere Richtung, einige wechselten sogar die Straßenseite.
    Alfred Mansfeld von der Bahnhofsmission machte seinen täglichen Kontrollgang.
    „Na, Walter, wie isses gelaufen?“
    „Was glaubst du denn, ich hatte keine Chance ohne Esther. Die haben mich zu einem Monat Bau verknackt, dabei wollte ich doch bloß meine Schwester besuchen.“
    Walter Reimers schlug um sich.
    „Diese ekelhaften Wespen machen mich verrückt, gerade hat mich eine in den Knöchel gestochen. Habt ihr noch ein paar feste Schuhe da? Größe 43. Meine sind völlig hin.“
    Zum Beweis hob er seinen Schuh und zeigte die schadhafte Sohle.
    „Esther wollte mir welche mitbringen, aber sie ist nicht gekommen, und in diesen Dingern kann ich keinen Schritt mehr machen. Hab schon überall Blasen.“
    Alfred Mansfeld sah ihn abschätzig an. „Du weißt doch genau, dass wir für so etwas nicht zuständig sind. Beweg deinen alten Hintern in die Kleiderkammer, da kriegst du vielleicht welche.“
    „Unsereinem geben sie da immer die letzten Galoschen.“
    Doch der Mann von der Bahnhofsmission winkte ab und wandte sich dann zum Gehen.
    „Versauf halt nicht immer die ganze Kohle.“
    Walter drehte sich zu Olaf um: „Alfred ist und bleibt ein Mistkerl.“
    Olaf Maas sah in seine Brieftasche.
    „Komm, wir gehen rüber, Schuhe kaufen. Und hinterher gebe ich ’n Frühstück aus, ich hab heute meinen Spendablen.“
    Es war gerade 10 Uhr morgens, George hatte aus dem Dorf Croissants, Butter und ein Glas Erdbeermarmelade mitgebracht. Langsam begann ihm die Arbeit mit Alex auf die Nerven zu gehen. Die Kohle von der Frau im Keller könnte vielleicht seine Eintrittskarte in ein neues Leben werden. Bedächtig schnitt er die duftenden Croissants auseinander, bestrich sie mit der Marmelade, füllte einen Becher mit Kaffee und wollte sich gerade auf den Weg nach unten machen, als Alexander ihn aufhielt.
    „Was machst du da, George?“
    „Warum soll sie nicht auch etwas abbekommen?“
    Alexanders Gesicht bekam einen verschlagenen Ausdruck.
    „Hast Recht, Kumpel“, sagte er. „Setz du dich und iss, ich bringe der Alten das Tablett.“
    „Nein, das mach ich selber.“
    „Ich sage doch, ich erledige das!“
    George hatte gehofft, allein mit der Frau sprechen zu können.
    „Vielleicht gibt es doch eine andere Lösung“, sagte er vorsichtig.
    „Wirst du sentimental auf deine alten Tage?“
    „Blödsinn. Ich wüsste nur gern, wer ihr dermaßen ans Leder will, dass er gerade uns dazu braucht.“
    „Genau deshalb weißt du es auch nicht, damit du keine Dummheiten anstellst. Aber im Vertrauen, deine Freundin scheint wichtigen Leuten auf die Füße getreten zu sein.“
    Es war völlig egal, welche Geschichte er sich ausdachte, solange George nur Ruhe gab.
    „Wenn dir das nicht passt, musst du zurück nach Russland gehen. Kannst dich ja als Landarbeiter versuchen, wie früher. Im Ernst, du solltest an deine Familie denken.“
    Nun hatte George Gewissheit. Was immer er unternahm, um das Leben dieser Frau zu retten, er würde es allein tun müssen.
    Stille. Die Entführer hatten sich schon lange nicht mehr blicken lassen. Was Alfons wohl machte? Hatten sie ihn angerufen? War er damit beschäftigt, Geld zu besorgen? Nur, warum dauerte das so lange? Warum hatte Alfons nicht darauf bestanden, mit ihr zu sprechen? Wer in einem Entführungsfall bezahlen sollte, verlangte doch immer ein Lebenszeichen des Opfers, ein Lebenszeichen von ihr. Und wenn das alles gar nicht stimmte, wenn es um etwas ganz anderes ging? Esther konnte nicht länger darauf warten, von

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