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Und jeder tötet, was er liebt

Und jeder tötet, was er liebt

Titel: Und jeder tötet, was er liebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Westendorf
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Entscheidungen, vielleicht macht sie gerade Ferien.“
    „Sie wäre nicht verreist, ohne mir Bescheid zu sagen. Hast du eine Fahndung veranlasst?“
    „Natürlich. Trotzdem, es könnte auch einen anderen Grund für ihr Verschwinden geben. Weiß sie eigentlich von deinen Affären?“
    „Was tut das zur Sache? Ich glaube kaum, dass sie sich dafür interessiert.“
    „Frauen sind geheimnisvoll, für unsereinen schwer zu begreifen. Vielleicht ist sie auf ihre alten Tage eifersüchtig geworden.“
    Alfons Lüdersen kaute auf Kuhns Worten herum. Nein, er wusste es besser. Überhaupt würde Esther niemals einfach davonlaufen. Heute nicht mehr. Könnte er Martin doch nur die Wahrheit sagen. Nein, denn damit würde er alles riskieren. Selbst wenn Martin doch eigentlich sein Freund war, würde er ihn irgendwann wohl kaum mehr schützen können.
    „Wir müssen abwarten, ich halte dich auf dem Laufenden“, holte Martin Kuhn ihn aus seinen Gedanken zurück.
    Als er vor der Haustür stand, machte er ein paar Schritte in Richtung Straße und wusste nicht, wohin. Alfons Lüdersen lief die Zeit davon.
    Schmerzen, kein Halt. Esther wusste nicht mehr, ob es Tag oder Nacht war. Keine Kirchenglocken, nichts zu hören. Kein Muezzin in irgendeiner Moschee, der irgendein Ritual vollzog. Das Mittagsgebet. Wie spät war es? Das Rauschen des Blutes in ihren Ohren wollte einfach nicht nachlassen. Dröhnte, darüber hinaus Stille. Der Schmerz in der Hand, mittlerweile im ganzen linken Arm, kroch langsam höher. Esther wusste, wenn er erst angekommen war in ihrem Herzen, würde sie sterben. Kein sanftes Schimmern, keine Sommernächte, nie mehr. Hier drinnen hatte die Zeit ausgesetzt. Esther war zum Opfer geworden: Angst, nur noch Angst. Opfer wurden geopfert. Opfer verhungerten, verdursteten, erstickten oder verbluteten. Schwere Schritte auf der Treppe. Die Tür öffnete sich. Esther ohne Maske; ein schmaler Streifen Tageslicht lag auf ihrem Gesicht. Es war der Große. Mittagsgebet.
    „Kommen Sie, ich helfe Ihnen.“
    George nahm die mitgebrachte Mullbinde und wickelte sie, so gut es ging, um die Wunde an ihrem Finger. Dann gab er ihr ein schmerzstillendes Mittel und ein Glas Wasser. Er hielt ihr den Kopf hoch, damit sie die Tablette herunterbekam.
    „Sie müssen etwas tun“, flüsterte Esther. „Bitte.“
    George horchte auf.
    „Er ist zurückgekommen. Versuchen Sie zu schlafen, ich werde Sie befreien.“
    Schnell schloss George die Stahltür hinter sich und ging, so leise sein schwerer Körper es ihm erlaubte, die Kellertreppe hinauf.
    „Wo kommst du her?“
    „Unten hat es gepoltert, ich habe nachgesehen. Alles in Ordnung, Alex.“

3
    Wie ein abgelegter Mantel hing der leblose Frauenkörper über dem Jägerzaun des Wegert’schen Vorgartens. Nachdem Wallo ihm weder durch Bellen noch beherztes Zubeißen eine Bewegung entlockt hatte, lief er nun aufgeregt im Garten hin und her.
    Es war 4:30 Uhr an diesem Sonntagmorgen und Dora Wegert quälte sich in Gedanken an ihre bevorstehende Familienfeier. So hatte sie den Hund in den Garten gelassen und war gerade dabei, sich einen Kräutertee aufzubrühen, als sie den Krach von draußen hörte. Wallo bellte normalerweise höchstens, wenn ihre Tochter zu Besuch kam. Als Ramona noch ein kleines Mädchen gewesen war, hatte Dora unbedingt einen Collie haben wollen. Ramona und Wallo, so wie Timmy und Lassie. Auf jeden Fall hatte es ein Hund mit einem ausgeprägten Hüteinstinkt sein müssen. Wallo jedoch schlug von jeher gänzlich aus der Art. Seine Leidenschaft galt ausschließlich frischem Pansen und seinen Ruhephasen, die er auf dem Wegert’schen Gästebett genoss.
    „Der weckt mir noch die ganze Nachbarschaft auf.“
    Barfuß, nur mit einem hellblauen Nachthemd bekleidet, riss sie die Haustür auf.
    „Du blöder Köter, lass den Quatsch, sei ruhig!“
    Der Hund sprang übermütig an ihr hoch, in der Schnauze apportierte er stolz einen Damenschuh.
    Dora blickte in den Garten. Keine sechs Meter von ihr entfernt sah sie eine fremde Frau halb verdeckt durch die bunte Pracht ihrer blühenden Pfingstrosen liegen. Seltsam verdreht lag sie da, mit dem Oberkörper über den flachen Gartenzaun gebeugt. Wären die schlaffen Beine nicht gewesen, man hätte meinen können, dass sie etwas am Boden suchte und sich nun gerade bückte, um es aufzuheben. Dann entdeckte Dora das Blut am Kopf der Frau.
    „Hilfe, Herbert!“
    Dora Wegert schrie in einer ohrenbetäubenden Lautstärke, die so gar nicht zu ihrer

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