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Und jeder tötet, was er liebt

Und jeder tötet, was er liebt

Titel: Und jeder tötet, was er liebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Westendorf
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ging?“
    „Wahrscheinlich um Walters Anhörung bei Gericht. Der Bursche kann ungeheuer stur sein.“
    Er sah, wie Weber die Stirn in Falten legte.
    „Nun glauben Sie bloß nicht, Walter hat etwas mit Esthers Tod zu tun. Er ist bestimmt ein armer Teufel, aber sanftmütig.“
    „Wo finden wir ihn?“
    Olaf Maas sah auf die Uhr über der Tür und schwieg.
    „Wir möchten nur ein paar Worte mit Walter reden“, schaltete sich Anna ein. „Vielleicht hat er etwas beobachtet, das uns auf die Spur des Mörders bringt.“
    „Um die Mittagszeit gibt es Essen bei der Heilsarmee am Georgsplatz. Ich bringe Sie hin.“
    Walter Reimers aß gerade Linsensuppe, als sie hereinkamen.
    „Hallo, Walter, Besuch für dich. Ich hoffe, du hast nichts dagegen.“
    „Schon in Ordnung, min Jung. Schau mal, meine Schuhe sehen immer noch aus wie neu.“
    Stolz streckte er seine Füße unter dem Tisch hervor.
    „Aber ich könnte dringend ’ne neue Jacke gebrauchen.“
    Walter Reimers bedachte die beiden Polizisten mit einem misstrauischen Blick. Lukas Weber zückte seinen Dienstausweis.
    „Wir möchten, dass Sie uns ins Dezernat begleiten, können wir?“
    „Will erst in Ruhe aufessen.“
    Anna Greve schaute sich um. In dem karg eingerichteten Raum stand die Luft. Der Geruch von Essen mischte sich mit Zigarettenqualm und den Ausdünstungen ungewaschener Körper. Hier saßen fast ausnahmslos ältere Männer. Eigentlich waren sie schon tot, dachte Anna. Aber sie bewegten sich noch, sie hatten noch immer die Gesichter von Menschen. Niemand schien in Eile zu sein, das Sterben würde warten müssen. Anna bemerkte die feindseligen Blicke, das Geschehen am Tisch von Walter Reimers schien jeden hier zu interessieren. Zeit, den Standort zu wechseln.
    „Wir haben noch ein paar Brötchen im Büro, Kaffee ist auch da. Wir müssen uns mit Ihnen über Esther Lüdersen unterhalten.“
    Walter Reimers verzog seinen nahezu zahnlosen Mund zu einem Lächeln.
    „Wenn eine schöne Frau mich bittet, kann ich nicht widerstehen, die Würstchen sind sowieso alle weg.“
    „Esther konnte eine verdammte Ziege sein.“
    Walter Reimers mümmelte schmatzend an seinem Käsebrötchen herum, welches er zwischendurch immer wieder in den Becher Kaffee tunkte. Seine Augen blickten gierig auf die beiden noch auf dem Teller liegenden Hälften.
    „Es ging einfach nicht in ihren sturen Schädel, dass ich ganz zufrieden bin.“
    Weber nahm sich ein Mettbrötchen mit Zwiebeln vom Teller.
    „Haben Sie sich am Samstag, den 27. Mai, auf dem Hauptbahnhof mit ihr gestritten?“
    „Bei uns flogen oft die Fetzen.“
    Walter Reimers angelte sich die letzte Metthälfte.
    „War es nicht vielmehr so, dass an diesem Samstag etwas Besonderes geschehen ist?“
    Weber schaute den Alten durchdringend an.
    „Weiß nich’, was Sie meinen.“
    „Sie haben beschlossen, es ihr heimzuzahlen, ihr einen Denkzettel zu verpassen.“
    Jetzt biss Weber herzhaft ab, dabei rutschte eine Zwiebelscheibe herunter und fiel zu Boden. Anna stand auf und warf das Zwiebelstück in den Mülleimer. Weber aß weiter, hielt dabei aber nun eine Hand schützend unter das Brötchen.
    „Leeren Sie doch bitte einmal Ihre Taschen aus, Herr Reimers.“
    Der alte Mann zog ein paar abgegriffene Fotografien aus seiner Jackentasche. Dann kam ein zerknautschtes Päckchen Zigarettentabak zum Vorschein. Aus seinen Hosentaschen holte er etwas Kleingeld, ein Einwegfeuerzeug und einen Ring. Weber drehte ihn zwischen den Fingern. Es war ein kleiner, goldener Siegelring mit der Gravur E. L. und einem Brillanten auf der Oberseite. Olaf Maas atmete hörbar aus.
    „Was ist, erkennen Sie ihn wieder?“
    „Mensch, Walter, das ist doch Esthers Ring, sie hat ihn immer am kleinen Finger getragen. Wie bist du denn dazu gekommen?“
    „Kann ich Ihnen sagen“, entgegnete Weber. „Herr Reimers, ich nehme Sie unter dem dringenden Tatverdacht der Entführung und des Mordes an Esther Lüdersen fest. Lesen Sie ihm seine Rechte vor, Frau Greve.“
    Walter Reimers hatte zu essen aufgehört. Ungläubig sah er Anna an.
    „Wovon redet der überhaupt? Esther hat mir den Ring geschenkt. Ehrlich, das ist die Wahrheit!“
    „Wollen Sie uns für dumm verkaufen?“, schnaubte Weber. „Da verschwindet eine Frau, die sie gut gekannt haben. Zwei Wochen später ist sie tot, ermordet. Es gibt keine Hinweise auf den Täter, niemand hat etwas gesehen. Und nun findet sich der Ring des Opfers in Ihrer Tasche wieder, Herr Reimers. Der Ring, den sie

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