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Und jeder tötet, was er liebt

Und jeder tötet, was er liebt

Titel: Und jeder tötet, was er liebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Westendorf
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immer trug, der wohl gar nicht abgezogen werden konnte, ohne Gewalt anzuwenden.“
    „Aber wieso? Ich hab doch nichts getan.“
    Walter Reimers kaute nicht mehr. Anna Greve sah ihn mit hängendem Kopf dasitzen, sie mochte nicht an seine Schuld glauben. Doch der Ring sprach gegen ihn, und als Obdachloser war er in der klassischen Rolle eines Verdächtigen.
    Olaf Maas rieb seinen runden Bauch, dann sagte er: „Frau Greve, mir ist da noch etwas Wichtiges eingefallen.“
    Anna nickte Weber zu, der widerstrebend hinter den beiden her auf den Flur hinausging.
    „An dem Abend, als Esther verschwand, hat sie sich bei mir gemeldet.“
    „Was? Wann war das genau?“
    „Das Telefon hat in Esthers Wohnung geklingelt. Ich bin davon aufgewacht.“
    „Was hatten Sie denn mitten in der Nacht in einer fremden Wohnung zu suchen?“
    Weber sah Anna kopfschüttelnd an. Für ihn war der Versuch von Olaf Maas, in diesem Moment von seinem Kumpel Walter Reimers ablenken zu wollen, mehr als ärgerlich.
    „Am nächsten Nachmittag war doch der Gerichtstermin wegen Walters Schwarzfahrerei, und wir wollten alles noch einmal durchsprechen. Ich bin dann wohl auf der Couch eingeschlafen. Es muss nach eins gewesen sein, als Esther anrief. Sie sagte, dass sie gerade einen Autounfall gehabt hätte.“
    „Und diese Geschichte erzählen Sie uns so nebenbei und erst jetzt? Warum haben Sie das nicht der Polizei gemeldet, als Frau Lüdersen verschwunden blieb?“
    „Wollte ich doch, aber dann bin ich zuerst zu ihrem Mann gefahren, schließlich hatte sie ihn auch angerufen. Gleich am nächsten Morgen habe ich bei ihm auf der Matte gestanden, um mich nach Esther zu erkundigen, aber ...“
    Weber taxierte ihn eindringlich und brachte ihn damit zum Schweigen.
    „So, nun hübsch der Reihe nach, Herr Maas. Was genau hat Frau Lüdersen Ihnen erzählt?“
    Olaf Maas versuchte, sich eine Zigarette anzuzünden, doch seine Hände zitterten so stark, dass ihm das Metallfeuerzeug entglitt. Polternd landete es auf dem Steinfußboden. Anna hob es auf und gab ihm Feuer.
    „Ein Auto hatte sie überholt und von der Straße gedrängt, ihr Wagen saß im Graben auf irgendeiner gottverlassenen Landstraße zwischen Hetlingen und Heist fest. Esther sagte, sie hätte ihren Mann angerufen, der sie jede Minute abholen käme. Ich wollte ihr ja helfen, aber sie meinte, dass das nicht sein muss.“
    „Hat sie das wirklich gesagt? Hat sie mit ihrem Mann gesprochen, Herr Maas?“
    „Ich weiß nicht mehr, was sie genau gesagt hat. Jedenfalls bin ich am nächsten Tag zu Lüdersen gefahren, doch der wusste angeblich von nix. Wenn das nicht zum Himmel stinkt.“
    „Wir werden der Geschichte nachgehen“, schaltete sich die Kommissarin wieder in das Gespräch ein. „Hat Frau Lüdersen sonst noch etwas gesagt?“
    „Sie musste Schluss machen, weil ein Auto kam. Esther wollte die Leute um Hilfe bitten.“
    Anna steckte sich nun ebenfalls eine Zigarette an.
    „Hat sie Ihnen den Wagen, der da kam, beschrieben oder etwas über die Insassen gesagt? Überlegen Sie genau, Herr Maas, das könnten die Täter gewesen sein.“
    „Nein, sie war auf einmal in Eile und legte auf. Ich ärgere mich ja auch, dass ich nicht mehr gefragt habe. Zum Beispiel, auf welcher Höhe der Landstraße der Unfall genau passiert ist.“
    Olaf Maas setzte sich auf den Stuhl im Flur und stützte seinen Kopf mit den Händen ab. So, als sei sein Gewicht auf einmal zu schwer geworden.
    „Sie haben getan, was Sie konnten, Herr Maas. Im Nachhinein ist es immer leicht, alles besser zu wissen.“
    Anna legte ihm eine Hand auf die Schulter und überlegte. Hatten es die Täter vielleicht nur auf Esther Lüdersens Wagen abgesehen gehabt? In den letzten Jahren war es häufiger vorgekommen, dass Menschen inklusive ihrer Autos einfach verschwunden waren. Besonders wertvolle oder begehrte Marken wurden von organisierten Banden gestohlen, die sich nicht daran störten, ob deren Besitzer dabei mit im Wagen saßen. Wenn die Leute Glück hatten, wurden sie nur niedergeschlagen und lebend zurückgelassen. Manchmal jedoch verschwanden sie für immer.
    Erst neulich hatte Anna von einem solchen Fall in der Zeitung gelesen. Eine Frau war mit ihrem neuen Wohnmobil auf dem Rückweg von der Ostseeküste ins Ruhrgebiet spurlos verschwunden. Tage später hatte der Ehemann einen Anruf erhalten. Er wurde aufgefordert, zweihundertfünfzigtausend Euro zu zahlen, wenn er seine Frau lebend wiedersehen wolle. Dabei waren die beiden nicht

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