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Und jeder tötet, was er liebt

Und jeder tötet, was er liebt

Titel: Und jeder tötet, was er liebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Westendorf
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Geld.“
    „Die meisten Morde werden durch Personen im engsten Umfeld der Opfer begangen.“
    Anna Greve blieb beharrlich.
    „Esther Lüdersen war anders als die meisten Leute, sie besaß ein großes Vermögen. Außerdem sind Sie doch derjenige, der an der Unschuld ihres Mannes festhält. Also, wenn es kein Mord aus Habgier oder Eifersucht war, was war es dann? Ich glaube immer mehr an einen Auftragsmord, Weber. Gestern habe ich noch einmal Dora Wegert besucht, sie hat vermutlich das Tatfahrzeug gesehen. Zwei Männer, die sie für Ausländer hält, saßen darin. Haben wohl wahrscheinlich, um nicht erkannt zu werden, Mützen auf dem Kopf gehabt. Wer trägt um diese Jahreszeit schon eine Mütze?“
    „Hip-Hopper oder Rapper tun das. Und es war Samstagnacht, da sind viele junge Leute unterwegs.“
    „Jedenfalls hatte der Wagen eine Hamburger Nummer, die Zeugin konnte sich sogar an Teile des Kennzeichens erinnern. Vielleicht ergibt sich eine Verbindung zwischen Alfons Lüdersen, dem HFC und diesem Auto.“
    „Wir werden sehen. Wie steht es jetzt mit einem Bier? Meine Frau hat gerade das Abendessen vorbereitet. Nur ein paar Brote, aber Sie sind herzlich eingeladen.“
    „Ich muss los, habe meine Familie vorhin im Stadion stehen lassen.“
    Der Nacktmulch verzog das Gesicht zu einer traurigen Grimasse.
    „Ist bestimmt kein Vergnügen, mit einem Polizisten verheiratet zu sein.“
    „Kopf hoch, Weber, wir sind die Guten.“
    Als Anna gegangen war, blieb Weber noch eine Weile auf seinem Sofa im Wohnzimmer sitzen, um nachzudenken. Aus der Küche hörte er ein lautes Tellerklappern, dann wie etwas auf den Boden fiel und dort scheppernd zerbrach.
    „Lukas!“
    Die Stimme seiner Frau Rita klang in Webers Ohren ebenso schrill wie zersplitterndes Glas. Er stand auf, aber anstatt nun in die Küche zu gehen, schloss er sich im Badezimmer ein. Anna Greve konnte ganz nett sein, dachte er, nur leider war sie es zu selten. Auch glaubte er nicht an ihre spontane Idee von einer großen Verschwörung irgendwelcher einflussreicher Leute als möglichen Hintergrund und Motiv für den Mord an Esther Lüdersen. Ferner gab es bisher keinerlei Hinweise für einen Auftragsmord. Nein, er blieb dabei: Die meisten Verbrechen wurden noch immer von Personen begangen, die ihren Opfern nahegestanden hatten. Trotzdem konnte es nicht schaden, den Blick weit zu halten.
    „Lukas, wo zum Teufel steckst du denn nur wieder?“
    Die Wut in Ritas Stimme sagte ihm, dass er sich jetzt auf jeden Fall besser zeigen sollte. Weber drehte den Wasserhahn auf und kühlte seine Schläfen. Als er sich einigermaßen gewappnet fühlte, rief er: „Komme schon.“
    Du hast das Haus gehütet, ich kümmerte mich um die Welt. So hatten es schließlich viele Generationen vor uns auch gemacht, ich konnte nichts Falsches daran sehen. Dann hat es eine Zeit gegeben, da stellte ich genau diesen Glauben in Frage. Vielleicht hätte ich nicht zulassen dürfen, dass du dich verkriechst, dich mehr fordern und aufbauen müssen, dich stärken und dir etwas zutrauen. Dabei war alles schon von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Er war schon da, lange vor mir. Hat dich mir weggenommen vor der Zeit, ich hatte nie eine Chance, um dich zu kämpfen. Egal, was ich tat, du hast immer nur ihn gewollt. Du konntest nicht aufhören, ihn zu lieben, nur deshalb hast du dich verkrochen. Wer lässt sich das auf Dauer gefallen?
    Die kleine Kapelle auf dem Nienstedtener Friedhof drohte, aus allen Nähten zu platzen. Anna hielt sich im Hintergrund und beobachtete die zusammengewürfelte Gesellschaft von ihrem Platz hinter dem Wacholderwäldchen. Gut gekleidete Damen und Herren der Hamburger Gesellschaft standen dort neben allerlei buntem Volk, das Esther Lüdersen wohl durch ihre Arbeit kennengelernt hatte. Anna suchte das Gesicht von Alfons Lüdersen und fand ihn schließlich neben Martin Kuhn und einer Frau mittleren Alters stehen.
    „Da ist der Chef mit seiner Frau“, sagte Weber.
    „Können Sie den Vater von Esther entdecken?“
    „Weiß nicht, wie er aussieht.“
    „Ich werde mich mal umsehen.“
    „Tun Sie das, aber seien Sie diskret.“
    Anna konnte Friedhöfe nicht leiden. Wenn sie tot wäre, sollte ihr Körper nicht langsam in feuchter Erde verfaulen, während ihre Söhne die Würmer von oben mit Blumen schmückten. Endlich entdeckte sie Wilfried Hinrichs. Er stand abseits, machte keine Anstalten, sich an die Spitze des Trauerzuges zu begeben, der sich nun in Richtung Grabstätte in

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