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Und jeder tötet, was er liebt

Und jeder tötet, was er liebt

Titel: Und jeder tötet, was er liebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Westendorf
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Besonderes?“
    „Nein, ich bin jetzt nur viel in der Stadt, und da dachte ich, ich verbinde das Angenehme einmal mit dem Nützlichen.“ Sie legte Unverbindlichkeit in ihre Stimme. „Außerdem könnte ich deinen Rat gebrauchen, es geht um Dinge, die den HFC betreffen. Ich frage mich, ob es überhaupt einen Klub in der ersten Liga gibt, der keine finanziellen Probleme hat.“
    „So um 14 Uhr?“
    „Wunderbar, also bis dann.“
    Anna entspannte sich. Morgen würde sie aus dem Augenblick heraus entscheiden, wie weit sie gehen wollte. Zur Not konnte sie sich immer noch auf den Mord an Esther Lüdersen und seine möglichen Berührungspunkte zum HFC zurückziehen. Ihr würde der Gesprächsstoff nicht ausgehen.
    „Ich treffe mich morgen mit Jan in der Stadt“, sagte Anna am Abend so beiläufig wie möglich zu ihrem Mann Tom.
    „Das ist schön, grüß ihn bitte von mir. Wo geht ihr hin?“
    „Zum Portugiesen.“
    „Zu unserem Portugiesen?“
    „Wir waren doch schon oft mit der Familie da.“
    Das stimmte wohl, aber Tom Greve wunderte sich trotzdem. Warum ging Anna mit seinem Bruder ausgerechnet in ihrer beider Lieblingslokal?
    Die Kommissarin fuhr über die Köhlbrandbrücke und blickte in Richtung Zentrum. Unter ihr lag, vom Mittagssonnenlicht beschienen, eine der grünsten Städte Europas ... und die wasserreichste: Nicht ohne Grund wurde Hamburg das Venedig des Nordens genannt. Dass hier aber, im Unterschied zu Venedig, die Durchschnittstemperatur viel niedriger war, hatte Anna nie gestört. Sie brauchte die Nähe des Hafens. Von Zeit zu Zeit musste sie einfach die großen Schiffe sehen und den Geruch des Meeres schnuppern. Da störten die Touristen wenig, die sich von den Koberen an den Landungsbrücken zu einer großen Hafenrundfahrt verführen ließen. Die vielen kleinen Trödelläden waren vollgestopft mit Kitsch aus Korea, und doch fand das geübte Auge immer etwas Wertvolles, Altes, das von der großen Vergangenheit dieser Stadt zeugte.
    Anna fand einen Parkplatz und stieg nur einen Steinwurf von ihrem Ziel entfernt aus dem Auto.
    „Coole Robe.“ Zwei Männer Mitte zwanzig sahen ihr anerkennend hinterher, als sie die Straße überquerte. Sie hatte sich heute aber auch alle Mühe gegeben. Anna wäre fast zu spät ins Büro gekommen, weil sie sich nicht entscheiden konnte, was sie anziehen sollte. Anscheinend war ihre Wahl gar nicht so schlecht gewesen.
    Das „Lusitano“ war ein kleines, von außen unscheinbar aussehendes Lokal im Portugiesenviertel. Hier gab es schmackhaften Fisch. Vielleicht nicht den feinsten von ganz Hamburg, doch er war frisch und wurde mit viel Liebe und Professionalität zubereitet. Das kleine Lokal war ein Familienbetrieb und hatte auch tagsüber geöffnet. Am Abend, wenn die wenigen Tische immer voll besetzt waren, empfahl es sich, zu reservieren. Zu dieser Zeit bestand allerdings keine Gefahr, hungrig seiner Wege zu gehen. Als Anna die drei Stufen in das Souterrain hinunterstieg und die Tür öffnete, lief der Fernseher an der Theke. Die wenigen Gäste waren ausschließlich Portugiesen, und sie betrat eine Insel, die sie augenblicklich die Welt draußen vergessen ließ. Der Wirt begrüßte sie mit Handschlag, man kannte einander. Bei ihrem ersten Rendezvous hatten Tom und Anna das Restaurant durch Zufall entdeckt und einen wundervollen Abend dort verbracht. Seitdem war es eines ihrer Lieblingslokale.
    Anna hatte schon seit Monaten keinen Sex mehr mit Tom. Zuerst hatte sie es ihren unterschiedlichen Arbeitszeiten zugeschrieben und der Tatsache, dass sie abends durch den ungewohnten Job jedes Mal vollkommen erschöpft war. Irgendwann war sie dazu übergegangen, das Problem zu verdrängen. Und mittlerweile konnte sie sich kaum mehr daran erinnern, wie es war, von einem Mann begehrt zu werden und selbst zu begehren.
    „Hübscher Pulli, ist der neu?“
    Jan Greves grüne Augen strahlten, als er mit seiner Hand nicht nur Annas Haar durcheinanderbrachte. Ihr Blick verweilte kurz auf seinem durchtrainierten Körper, dann rief sie sich zur Ordnung.
    „Nee, mit Perwoll gewaschen.“
    Sie lächelte kokett, während sie ihn umarmte. Mit Jan zusammen schien das Leben leicht, er war wie das positive Abziehbild von Tom. Immer ein wenig zerstreut, das Hemd aus der Hose, ging er gelassen und mit Humor durch die Welt. Er hatte etwas von einer jungen Weide, war biegsam und doch nicht zu zerbrechen. Wenn man genau hinschaute, hatte er seinen Standort keinen Millimeter verschoben. Jan besaß ein

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