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Und jeder tötet, was er liebt

Und jeder tötet, was er liebt

Titel: Und jeder tötet, was er liebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Westendorf
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ziemlich sicher zu fühlen, der Mann. Hören Sie mir überhaupt zu?“
    Anna reagierte nicht, sie starrte weiter gedankenversunken aus dem Fenster.
    Sie musste einen Weg finden, das Gespräch mit Kuhn zu führen, ohne dass es zu sehr nach Unterstellungen oder Verdächtigungen klang. Sie würde sich dabei auf dünnem Eis bewegen. Immerhin war er ihr Vorgesetzter, und wenn sie nicht aufpasste, würde ihre schöne Stelle beim LKA schnell mit jemand anderem besetzt werden. Eine Vorstellung, die Anna ganz und gar nicht gefiel. Sie hatte wenig Lust, ihre Zeit in Zukunft auf einem örtlichen Kommissariat zu verbringen und dem Diebstahl von Handys oder dem Schlichten von Nachbarschaftsstreitigkeiten nachzugehen.
    „Um Maiwald werde ich mich später kümmern.“
    „Nein, Anna. Was soll denn das? Waren Sie nicht diejenige, die ihn verdächtigt und unter Druck gesetzt hat? Wie es aussieht, lagen Sie damit goldrichtig. Ich habe gestern noch zwei Kollegen von der Schutzpolizei losgeschickt, damit sie sich in der Diskothek umhören, in der Maiwald zur fraglichen Zeit gewesen sein will. Sein Alibi für die Nacht von Pfingstsamstag auf -sonntag ist jedenfalls geplatzt. In dem Schuppen konnte sich niemand an ihn erinnern.“
    Weber hatte recht, ihre Überlegungen Kuhn betreffend würden warten müssen.
    „Nach Sankt Petersburg ist er abgehauen, haben Sie gesagt? Wir brauchen einen Dolmetscher, um die dortigen Behörden zu informieren. Oder sprechen Sie Russisch, Kollege?“
    „Natürlich, ich habe es in der Schule lernen müssen. Wussten Sie nicht, dass ich in Halle an der Saale geboren bin?“
    „Seit wann sind Sie denn im Westen? Das muss doch auf jeden Fall lange vor der Maueröffnung gewesen sein, wir kennen uns ja schon einige Jahre.“
    Weber grinste. „Wie und wann ich ins Gelobte Land gekommen bin, erzähle ich Ihnen ein anderes Mal.“
    Weber telefonierte in fließendem Russisch mit einem Kollegen in Sankt Petersburg. Anna beobachtete ihn und war verblüfft, wie charmant er sein konnte. Mittlerweile war sie froh, mit ihm zusammenzuarbeiten. Was Weber an Spontanität und Durchsetzungsfähigkeit zu fehlen schien, konnte Anna ohne Probleme ausgleichen. Umgekehrt führte er das Team immer wieder auf den Weg zurück, plante pragmatisch einen Schritt nach dem nächsten und ließ sich von ihren spontanen Eingebungen nicht irritieren.
    Weber legte auf. „Der Kollege leitet die Fahndung ein. Ich schicke ihm eben noch ein Fax mit dem Foto von Holger Maiwald. Jetzt können wir nur abwarten und hoffen, dass die Polizisten vor Ort erfolgreich sind.“
    „Mir wäre es lieber, wir könnten diesen Job selbst erledigen.“
    „Ich glaube, die arbeiten auch ganz gut. Ich habe eben mit einem Mann namens Michael Antonowich gesprochen. Er ist Brigadeoffizier und zeigte sich sehr motiviert, der deutschen Polizei zu helfen. Er kennt sich sogar ein bisschen in Hamburg aus.“
    Weber machte eine Pause, zog seine Stirn in Falten und sah Anna dabei forschend an.
    „Womit waren Sie vorhin eigentlich so beschäftigt?“
    „Ich habe mir nur ein paar Gedanken gemacht.“
    „Und worüber haben Sie nachgedacht, Anna, oder ist das ein Geheimnis?“
    Weber war für sie schon lange nicht mehr nur der Nacktmulch, vielleicht war nun der Zeitpunkt gekommen, ihm zu auch vertrauen.
    „Es gibt ein paar Punkte in Kuhns Verhalten, die ich nicht verstehe.“
    In diesem Moment gab es einen lauten Knall, der die Fensterscheiben zum Vibrieren brachte. Dann hörten sie von draußen den Lärm eines Düsenflugzeugs.
    „Es ist nicht unsere Aufgabe, alles zu verstehen, was der Chef tut. Wichtig ist allein, dass wir mit den beiden Mordfällen weiterkommen. Er und auch wir werden es uns gefallen lassen müssen, dass man uns an den Ergebnissen unserer Arbeit misst.“
    „Ich frage mich, ob wir im Fall Lüdersen wirklich zusammenarbeiten. Die Tatsache, dass er mit einem Verdächtigten befreundet ist und man den Eindruck bekommt, er verheimlicht uns etwas, bringt mich zum Nachdenken.“
    Weber schwieg.
    „Dazu kommt, dass ich etwas erfahren habe ...“ Anna zögerte.
    „Was ist los?“
    „Mein Schwager hat mir etwas über Martin Kuhn erzählt.“
    „Kommen Sie, Anna, machen Sie es nicht so spannend.“
    „Kuhn möchte, wie es heißt, lieber heute als morgen der neue Präsident beim HFC werden. Wenn das stimmt, haben wir hier einen Interessenkonflikt, der es unserem Chef nicht erlaubt, den Fall Lüdersen weiter zu leiten. Und überhaupt missfällt mir, wie er mich

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