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Und Jimmy ging zum Regenbogen

Und Jimmy ging zum Regenbogen

Titel: Und Jimmy ging zum Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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sehen. Es hilft Ihnen nicht weiter, Herr Aranda, bei Ihrer Suche, nicht wahr?«
    »Es hilft mir sehr weiter«, sagte er hilflos und erschüttert über diese junge Frau. »Ich verstehe jetzt alles, was damals geschah, viel besser … die Verzweiflungen … und die Glückseligkeiten …«
    Bianca sagte: »Es war wundervoll, wie er sich benahm, damals, so wundervoll, nicht wahr?«
    Manuel konnte nur nicken, aber Irene sagte laut: »Ja.«
    »Die Wahl, vor die er mich stellte … Er war ein einzigartiger Mensch … und niemals, niemals«, sagte Bianca, »werde ich einen anderen Menschen so bewundern, so verehren, so lieben können wie ihn, nein, niemals. Heinz ist mein Vorbild und meine Sehnsucht und mein ganzer Lebensinhalt geworden, mein ewiger Geliebter …«

24
    Zu dieser Zeit lauschte der Anwalt Dr. Rudolf Stein gerade der bewegten Klage einer gewissen Victoria Rayo. Seine achtundzwanzigjährige, sehr attraktive und elegante Besucherin, Wienerin, erzählte dem Anwalt, an den sie sich, wie sie sagte, wegen seiner großen Erfahrung in solchen Fällen gewandt hatte, diese Geschichte: Fünf Jahre lang war sie die Freundin und Verlobte eines überaus vermögenden Fabrikanten in Innsbruck gewesen. Während dieses Zeitraums hatte sich der um viele Jahre ältere Mann zwei schweren Tumor-Operationen unterziehen müssen, was eine Heirat immer wieder verzögerte. Victoria Rayo sollte jedoch, so hatte ihr Freund feierlich versprochen, im Falle seines Todes die Haupterbin sein, eine Schwester, mit der er in Feindschaft lebte, nur ihren Pflichtteil erhalten. Eine Woche zuvor, am Abend ehe er sich in das Krankenhaus begab – eine neuerliche Operation war notwendig geworden –, hatte der reiche Mann angeblich der Schwester, die ebenfalls in Innsbruck lebte, ein Testament in die Schreibmaschine diktiert und es dann mit fast gelähmter rechter Hand mühsam unterzeichnet. Das Testament war durchaus in dem versprochenen Sinn abgefaßt gewesen, jedoch hatte der Kranke es unbegreiflicherweise verabsäumt, das nicht handgeschriebene Dokument von zwei Zeugen unterschreiben zu lassen. Solches erschien bei einem gewieften Geschäftsmann höchst ungewöhnlich, fand Victoria Rayo.
    Ihr Freund starb während der Operation. Unmittelbar nach dem Begräbnis holte die Schwester heimlich das Testament aus dem Haus und brachte es zum Bezirksgericht, wo es denn auch sofort für ungültig und die Schwester zur Universalerbin erklärt worden war. Gegen diese Entscheidung erhob Steins Besucherin Klage. Sie sprach den Verdacht aus, die Schwester selber habe das Testament verfaßt und mit einer hingekrakelten Unterschrift versehen. So weit hatte Victoria Rayo ihren Fall erläutert, als plötzlich von draußen, aus dem Sekretariat der Kanzlei, das Geschrei mehrerer Mädchen und das Toben einer Männerstimme durch die gepolsterte Bürotür drangen. Dieses Büro war sehr groß, alte Möbel standen darin, die schweren Vorhänge der Fenster, die auf den Kohlmarkt hinausgingen, waren geschlossen, elektrisches Licht brannte und ließ die silbergraue, mannshohe Tür des Tresors, der hinter dem Schreibtisch des Dr. Stein in die Mauer eingelassen war, mild schimmern, das verchromte große Rad der Panzerplatte aufleuchten.
    »Entschuldigen Sie, gnädiges Fräulein. Ich muß sehen, was da los ist … Es dauert nur einen Moment …« Stein eilte aus dem Büro und schloß die Doppeltür hinter sich. Im Sekretariat, in dem vier Mädchen arbeiteten, wütete ein riesiger Betrunkener. Er jagte hinter den kreischenden Sekretärinnen her, fegte Akten und Papiere von Tischen, hob und zertrümmerte einen Stuhl und warf sich mit einem heiseren Aufschrei auf Stein, als er dessen ansichtig wurde.
    »Du Schwein, du hast mir mein Geld gestohlen!« brüllte er.
    Stein, überrumpelt durch die plötzliche Attacke, stürzte. Der Betrunkene, der nach Schnaps stank, als wären seine Kleider mit Fusel getränkt, fiel über ihn und versuchte, Stein zu schlagen und zu würgen. Dabei fluchte und brüllte er unentwegt weiter. Sein übler Atem traf des Anwalts Gesicht. Aus einer anderen Tür kam der Kompagnon Weber. Die Mädchen schrien laut um Hilfe. Eines von ihnen versuchte, die Polizei zu alarmieren. Mit einem Anlauf stürzte der jüngere Weber sich auf den Betrunkenen, der Riesenkräfte entwickelte. Nun rollten die drei Männer auf dem Boden umher. Der Telefonapparat, von dem aus das Mädchen die Funkstreife rufen wollte, krachte zu Boden und brach entzwei. Hausbewohner kamen

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