Und Jimmy ging zum Regenbogen
zu, daß Unrecht besteht oder ungesühnt bleibt. Die Sechsunddreißig sorgen auch dafür, daß Sie wieder Frieden finden werden in der Kenntnis der Wahrheit.«
Das Telefon läutete.
Seelenmacher hob ab und meldete sich. Dann reichte er den Hörer zu Manuel.
»Für Sie. Eine Frau.«
»Wie heißt sie?«
»Sie nannte mir nicht ihren Namen. Sie sagte nur, es sei sehr dringend.« Manuel nahm den Hörer und meldete sich: »Hier ist Aranda. Mit wem spreche ich? Was ist so dringend?«
Eine dunkle Frauenstimme ertönte: »Außerordentlich dringend ist es, Herr Aranda. Man hat mir gesagt, daß Sie in Grinzing sind.«
Die Autos, die uns folgten, dachte Manuel. Also warten sie noch immer. Er fragte: »Wer hat es Ihnen gesagt?«
»Es ist weit zu mir. Und kompliziert von Grinzing aus. Sie haben einen eigenen Wagen. Er steht vor dem Hotel, höre ich. Vom Hotel aus ist es einfacher. Ich erkläre Ihnen den Weg genau. Nehmen Sie ein Taxi zum ›Ritz‹ und dann Ihren Mercedes.«
»Wer sind Sie?«
»Sie werden es nicht bereuen, wenn Sie kommen. Ich habe Ihnen das anzubieten, was Sie suchen.«
»Hören Sie nicht? Ich frage, wer Sie sind!« rief Manuel.
»Mein Name«, erwiderte die tiefe, dunkle Stimme, »ist Nora Hill. Ich bin die Frau, von der Valerie Steinfeld die Zyankali-Kapseln bekam.«
28
»Yvonne war sehr böse. Sie muß bestraft werden. Wer von Ihnen will sie auspeitschen, meine Herren?« fragte Nora Hill mit rauher, tiefer Stimme. Sie sprach nicht besonders laut, und doch schienen ihre Worte zu hallen, so groß war die Stille in der kreisrunden Halle, die schwach von blauem Licht erhellt wurde. Manuel, den ein athletisch gebauter Mann im Smoking ins Haus gelassen hatte, wartete weit hinten, fast im Dunkeln. Nora Hill stand im Lichtkreis eines Scheinwerfers. Manuel wußte, daß es Nora Hill war. Der Athlet hatte erklärt: »Madame ist im Moment beschäftigt. Aber sie hat mir Ihr Kommen avisiert. Ich werde melden, daß Sie da sind. Bitte, warten Sie hier.«
Hier – das war ein antik eingerichteter kleiner Salon gewesen, in den der Athlet Manuel geführt hatte. Von draußen waren viele Geräusche und Musik hereingeklungen. Ihnen folgte plötzliche Stille und danach die harte, befehlende Stimme einer Frau. Manuel hatte die Bitte des Athleten mißachtet, seine Neugier war zu groß gewesen. Er wollte die beschäftigte Madame sehen. Leise verließ er den Salon und gelangte durch einen menschenleeren kurzen Gang in die Halle. Da erblickte er dann die Dame des Hauses …
Neben Nora Hill stand, gleichfalls im gleißenden Lichtkegel des Scheinwerfers, ein junges Mädchen mit flammend rotem Haar. Nora Hills Abendkleid war knöchellang und aus Silberlamé. Sie hatte schwarzes Haar, schwarze, große Augen, einen großen Mund und war stark geschminkt. Eine faszinierende Frau, dachte Manuel. Wie alt? Vierzig, höchstens. An jedem Ohr trug Nora Hill einen großen tropfenförmigen Smaragd, ein Smaragdkollier mit vielen Steinen um den Hals und einen Smaragdring. Der Schmuck funkelte. Mit beiden Händen stützte Nora Hill sich auf die Griffe von zwei modernen Leichtmetallkrücken, deren gepolsterte Enden ihren Ellbogengelenken angepaßt waren.
In der rechten Hand hielt sie eine Peitsche. Die Peitsche hatte einen kurzen Stiel und zahlreiche dünne braune Riemen. Leder ist das wohl, dachte Manuel. Nun hob Nora Hill die rechte Hand samt der Krücke, stützte sich schwer auf die linke und ließ die Peitsche durch die Luft sausen. Die Riemen pfiffen.
»Also, meine Herren! Yvonne muß ihre Strafe bekommen. Auf der Stelle! Wer will, kann sie schlagen, bis sie ohnmächtig wird!«
Das Mädchen neben ihr war vollkommen nackt. Es versuchte, die Scham und die Brüste mit Armen und Händen zu verbergen.
»Hände weg!« sagte Nora Hill.
Das Mädchen zögerte.
Nora Hill schlug ihr klatschend die vielschwänzige Peitsche über den Rücken. Das Mädchen schrie auf.
»Hände weg!«
Yvonne ließ die Arme sinken. Nun stand sie völlig entblößt da. Das Dreieck ihrer Scham leuchtete rot wie das Kopfhaar.
»Sie werden sich doch nicht genieren! Vorwärts, meine Herren!« Nora Hill hob nie die Stimme. Sie lehnte den Krückstock, den sie zusammen mit der Peitsche hielt, gegen ein Fauteuil. Nun hatte sie die Rechte frei für die Peitsche. Die Linke stützte sich schwer auf die zweite Krücke.
In dem bläulich erhellten Halbdunkel der großen Halle, in die Nora Hill blickte, saßen mindestens zwanzig Männer und mindestens ein Dutzend Mädchen
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