Und kein Ende (German Edition)
auszukommen. Das wäre jetzt auch nicht mehr nötig gewesen“ antwortete ich im spitzigen Ton.
Er rollte die Augen.
„Noch was. Kannst Du Morgen Roy vom Flughafen abholen. Er kommt um sechzehn Uhr in Miami an“
„Ja mach’ ich“
„Was wirst Du mit Deinem freien Tag anfangen?“
„Ich werde versuchen mich ein bisschen auszuruhen“
Ich fuhr ins Hotel und legte mich hin um etwas zu schlafen. Es ging aber nicht. In meinem Schädel rumorte es gewaltig. Die Gedanken blubberten wie Blasen in heißem Schlamm nach oben und zerplatzten an der Oberfläche und gaben dann jedes Mal eine neue, tief greifende Erkenntnis frei.
„Kein Wunder, dass alles Daheim verkehrt läuft, dass wir keinen Sex haben und dass wir keine Freunde haben. Werde nicht persönlich, sonst wirst Du heiraten müssen. Nach einer gewissen Zeit an belangloser Kommunikation wollen die Menschen nicht tief schürfender Reden, sondern sie wollen einfach nur ficken. Warum hat sie mich immer so gehetzt, dass wir gehen. Bei Lara und Volker zum Beispiel oder im Urlaub mit Reiner und Bodo. Die wollen nicht stundenlang abends dasitzen und erzählen so wie ich. Nein, die wollen nur das Eine. Aber weil ich nicht mitgespielt hatte wurde der Besuch dann lästig und ich habe das nie gemerkt. Ja, aber im Sportheim, wie soll das gehen. Klar, da gibt es den Nebenraum und da gehen die ab und zu hinein und kommen dann fix wieder zurück. Jeder weiß es und es passiert immer im Verborgenen. Nur bei mir nicht. Kein Wunder, dass sie bei Tanzveranstaltungen immer so lange auf der Toilette verschwunden ist. So lange braucht ja auch kein Mensch für ein kleines Geschäft. Nur ich Idiot glaubte das immer. Mann, was bin ich naiv. Und klar doch, meine Mutter. Mein Vater ist gar nicht mein Vater. Es ist der Hausarzt. Ich hatte ihn ja auch schon mit Papa angesprochen, als er am frühen Morgen zu einem Hausbesuch zu mir ans Bett kam. Jetzt muss ich mich auch nicht mehr für die Dummheit meines Vaters schämen. Nein, um dieses neue Wissen bin ich wirklich froh.“
Mit diesen Gedanken verging der Tag und die Nacht.
Punkt sechzehn Uhr war ich am Flughafen und wartete am Ankunftstor. Plötzlich stand Renate neben mir.
„Was machst Du denn hier“ wollte ich von ihr wissen.
„Ich soll Roy abholen“
„Aber Dein Mann hat mich damit beauftragt. Warum müssen zwei jetzt hier stehen. Oder traut er mir nicht“
„Was schreist Du mich denn so an“
„Ich schreie nicht“
„Er hat gestern Abend ein siebzig Dollar essen rausgekotzt“
„Warum das? Ist ihm nicht gut. Hätte er besser mal nicht so viel gegessen“
„Er macht sich sorgen um Dich“
„Ja, das habe ich gemerkt“ antwortete ich in zynischem Ton.
Da kam Roy aus dem Gate. Ich stürzte auf ihn zu und viel ihm um den Hals. Er schaute mich nur ganz irritiert an. Es war wohl nicht die normale Umgangsform die wir sonst hatten. Renate machte sich nach kurzer Begrüßung schnell von dannen und ich fuhr mit Roy los.
„Kennst Du dich aus hier in dieser Gegend“
„Ja, Roy“ mach Dir keine Sorgen.
„Ich glaube wir müssen hier von der Autobahn runter“
„Was hier schon“ fragte ich ungläubig.
„Ja, ja“ antwortet Roy nervös.
Nach wenigen Metern waren wir in einer stockdusteren Gegend. Kaum eine Laterne, halb zerfallene Häuser und an der Ecke lungerten finstere Gestalten herum. Die Ampel schaltete auf Rot. Ich lies den Wagen aber weiter rollen. Ich dachte: “Jetzt nur nicht stehen bleiben“
„Das sieht hier aber gar nicht gastlich aus. Los, dreh schnell um und fahr zurück“
„Hab’ ich Dir doch gesagt Roy“
„Sag’ mal, was ist denn mit Dir passiert“ wollte er auf der weiteren Fahrt wissen.
Ich erzählte Ihm, dass ich nicht geschlafen und nur gearbeitet hatte von meinen ganzen neuen Theorien bezüglich der zwischenmenschlichen, nonverbalen Kommunikation. Er hörte mir einfach nur zu.
Am nächsten Morgen fuhren wir zusammen in die Psychiatrie.
„Er ist ein Programmierer und hat seit mehr als einer Woche nicht mehr geschlafen“ Renate war auch mitgekommen.
„Das ist nicht das erste Mal hier in dieser Gegend passiert. Es muss wohl auch mit dem Klimawechsel zu tun haben und dann noch der Stress und der Jetlack.“
Ich bekam ein Medikament. Ich spürte wie ich sofort in eine Art Schwerelosigkeit katapultiert wurde. Ich fühlte mich nur noch frei.
„Roy, wollen wir uns hier die Gegend etwas anschauen“
Roy schaute den Arzt an und er nickte. Wir gingen los. Als wir uns
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