Und keiner wird dich kennen
die letzte Käsestange kenne ich keine Gnade«, gibt Maja gespielt finster zurück, und es kommt ihr so vor, als habe sie eine Prüfung bestanden, denn jetzt lächelt Stella auch und blickt sie mit zusammengekniffenen Augen an. Abschätzend irgendwie. »Gut«, sagt sie nur, und um mehr zu sagen, reicht die Zeit gar nicht, denn jetzt ist Maja dran und wird gefragt, was sie möchte.
Mit dem Snack in der Hand wartet Maja, bis Stella ebenfalls versorgt ist. Jetzt ist die Gelegenheit da, sie zu fragen, ob sie das gestern tatsächlich so gemeint hat und was für einen Ruf Ben an der Schule hat. Doch ausgerechnet jetzt ertönt der Gong, die Pause ist vorbei und Maja muss erst eine ziemlich öde Doppelstunde Deutsch hinter sich bringen, bevor die nächste Chance kommt.
Diesmal geht sie gezielt auf die Suche und findet Stella im Gespräch mit einem Lehrer vor, ausgerechnet dem berüchtigten Herrn Osterhof.
»... und wenn Sie nur irgendwelche offiziellen Verlautbarungen da reinstellen, interessiert das kein Schwein, verstehen Sie?«, sagt Stella gerade geduldig.
»Hm, ja, das stimmt, mir ist schon aufgefallen, dass kaum jemand bei mir den Like -Button klickt«, gibt Herr Osterhof nachdenklich zurück, und Maja muss sich das Grinsen verkneifen – ist der Wikinger etwa bei Facebook?
Stella ist jetzt voll in Fahrt. »Vielleicht mal eine Neuigkeit aus Ihrem Privatleben, muss ja nichts Großes sein, aber ich weiß von Jan, dass Sie gerade junge Katzen haben – das wär doch was. Einfach ’n nettes Foto von denen reinstellen, ich wette, dazu kriegen Sie tonnenweise Kommentare. Macht Sie auch menschlicher, wenn man mitbekommt, dass Sie Tiere mögen.«
Herr Osterhof verschluckt sich fast vor Lachen. »Soso. Ich wirke also nicht wirklich menschlich.«
»Das kommt auf Ihre Tagesform an«, sagt Stella nachsichtig.
Maja muss sich beherrschen, um nicht laut herauszuplatzen. Sie dreht sich halb weg, damit die beiden nicht bemerken, dass sie belauscht werden. Aber nötig ist das nicht mehr, jetzt verabschiedet sich Stella schon mit einem lässigen »Also, man sieht sich«. Maja dreht sich um zu ihr, doch zu spät. Mit federnden Schritten läuft Stella die Treppe hinunter und ist weg. Stattdessen bemerkt Maja, dass Ben dicht hinter ihr steht. Wo ist der denn auf einmal hergekommen? Der führt sich ja auf wie ein beschissener Stalker!
»Mann, wieso schleichst du dich denn so an, verdammte Scheiße?« Bevor sie es sich versieht, hat sie ihn angeblafft, und Ben sieht perplex aus.
»Jetzt chill erst mal«, sagt er kühl. Ganz offensichtlich fragt er sich, was das denn eben sollte.
»Ich mag es nicht, wenn man sich von hinten nähert«, versucht Maja zu erklären, aber sie sieht schon an Bens Gesichtsausdruck, dass er nichts versteht, gar nichts. Wie soll er auch?
»Das hab ich gemerkt. Aber ich will mich ja auch nicht aufdrängen. Bis später.«
»Ben, ich ...«
Doch er hört schon gar nicht mehr zu und begrüßt stattdessen einen seiner Kumpels, ohne sie weiter zu beachten.
In Majas Magen liegt ein Klumpen Blei. Ich bin dabei, schon jetzt alles kaputt zu machen an dieser neuen Schule ... Was wird Ben jetzt über sie erzählen? Hat sie es sich mit ihm verdorben und damit bei Johanna und Korbinian gleich mit?
Als sie wieder in ihrer Wohnung ist, überfällt sie das Heimweh mit brutaler Gewalt, packt sie wie ein Tornado aus heiterem Himmel und reißt sie fast in Stücke. Lila und Elias sind nicht da, ein Glück – Maja rollt sich auf ihrem Bett zusammen, das Schluchzen schüttelt ihren Körper und Tränen überschwemmen ihr Gesicht. Lorenzo, Lorenzo, Lorenzo. Maja wiederholt seinen Namen wie eine Beschwörung. Was hat sie getan, wieso hat sie ihn aufgegeben? Wie konnte ich das tun, verdammt noch mal?
Sie kann sich kaum vorstellen, wie er sich jetzt fühlt.
»Was ist, wenn er mehr Geld verlangt, als ich habe?«, sagt Lorenzo, er hat die Hände in den Taschen seines Hoodies vergraben. Einerseits ist er gespannt, andererseits etwas unsicher – nie hätte er gedacht, dass er einmal einen Detektiv beauftragen würde!
»Du lässt dir einfach einen Kostenvoranschlag machen, dann passiert das gar nicht erst«, sagt Cedric, sein Blick scannt die Hausnummern, gleich sind sie da.
»Man sollte meinen, dass du so was jeden Tag machst«, ätzt Lorenzo.
»Na ja, nicht ganz. Aber ich habe in der Tat was davon mitgekriegt, als mein Vater einen Schnüffler auf die Fährte seiner letzten Freundin angesetzt hat. Die hatte ihm das Konto
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