Und keiner wird dich kennen
fassen, dass sie schon am ersten Tag hier Anschluss gefunden hat, das läuft ja besser, als sie es sich hat träumen lassen.
Als sie die letzte Aufgabe abschreibt, stößt sie versehentlich ihr Mäppchen zu Boden, und Ben hilft ihr sofort, die Stifte aufzusammeln. »Jetzt könnten wir Graffiti unter die Platte malen, ohne dass es jemand merkt«, murmelt er unter dem Tisch und lächelt sie verschmitzt an.
»Gute Idee«, flüstert Maja zurück. »Mir fällt nur leider gerade kein Spruch ein.«
Ben hat ein unglaublich warmes Lächeln, und etwas in der Art, wie er sie ansieht, verrät ihr, dass sie ihm gefällt. Sein Pech, dass sie gerade nur an Lorenzo denken kann.
Als sie wieder auf ihren Stühlen sitzen, fragt er: »Hast du dich eigentlich schon entschieden, welches Wahlfach du machst? Ich spiele Saxofon in der Big Band, Paloma macht im Chor mit.«
Saxofon? Wie cool! »Mit meiner akustischen Gitarre passe ich da leider nicht so gut dazu«, erklärt Maja enttäuscht. Schade eigentlich, es wäre bestimmt lustig gewesen, in einer Band zu spielen.
»Du könntest aber auch bei unserem Zirkus Wunderbar mitmachen – die letzte Aufführung war klasse«, meint Korbinian. »Eine Theatergruppe haben wir auch.«
Instinktiv entscheidet sich Maja dagegen. Theater spielt sie sowieso schon ... wenn sie noch eine Rolle annimmt, gerät sie unter Garantie durcheinander und bekommt ihr neues Leben gar nicht mehr auf die Reihe. »Mal schauen – ich bin mehr so der Typ Jugend forscht «, erklärt sie, und Paloma blickt leicht angewidert drein. Wissenschaft ist anscheinend nicht so ihr Ding. Doch ihre Miene wird etwas milder, als Maja hinzufügt: »Aber vielleicht wäre der Zirkus was für mich, ich kann ganz gut Einrad fahren.«
»Wie wär’s eigentlich mit einem Danke, weil wir dich aus den Fängen von Alli befreit haben?«, wechselt Paloma das Thema. Gerade will Maja sich tatsächlich bedanken, da fügt Paloma hinzu: »Die ist der größte Loser hier an der Schule, man kann sie eigentlich nur minutenweise ertragen.«
Maja schluckt das Danke wieder hinunter. Wäh, was für eine widerliche Bemerkung, spontan tut Alli ihr leid. Kein Wunder, dass sie versucht, sich mit neuen Schülern anzufreunden, die zu keiner Clique gehören und noch nicht wissen, was sie hier für einen Ruf hat. Fast bekommt Maja Lust, aufzustehen und sich jetzt gleich mit Alli zu unterhalten.
Aber das macht zum Glück schon jemand anders, wie sie sieht. Wahrscheinlich ein anderer Biss -Fan. Es ist ein Mädchen mit schwarzen Haaren, die wie eine Rabenschwinge glänzen, klobigen Silberringen an den Fingern und einem orange-grauen Tuch um den Hals. Gerade amüsiert sie sich über irgendetwas – sie kichert nicht, sondern lacht richtig, ein tiefes, herzliches Lachen aus dem Bauch heraus. Dieses Lachen gefällt Maja, am liebsten würde sie mitlachen, jetzt gleich, das würde so guttun. Wie lange hat sie eigentlich schon nicht mehr gelacht?
Ihre vier neuen Freunde – oder zumindest Bekannten – beobachten die beiden Mädchen kurz, blicken sich dann an und ziehen die Augenbrauen hoch. Was auch immer das heißen soll.
Nach der Pause geht es weiter mit Physik. Maja ist schon neugierig auf den berüchtigten Herrn Osterhof. Er stellt sich als bärtiger Typ im Norwegerpulli heraus, der sich locker als Wikinger ausgeben könnte. Als er gleich zu Beginn der Stunde durch die Reihen geht und sämtliche Hausaufgaben überprüft, ist Maja froh, dass sie den Kram rechtzeitig abgeschrieben hat. Korbinian zwinkert ihr zu und Maja lächelt zurück.
Die nächste Pause verbringt Maja mit Ben, Johanna und Korbinian; Paloma schlendert zum Glück mit einer anderen Freundin herum. »Wo genau seid ihr denn hingezogen?«, will Ben wissen, und auch Johanna und ihr Freund haben jede Menge Fragen. Maja erzählt, dass sie in Neu-Esting wohnt, einen kleinen Bruder hat und ihre Mutter gerade versucht, Autorin zu werden. Mann, sind die hier alle neugierig, ganz wohl ist Maja nicht dabei.
Schon ertönt der Gong, es geht weiter. Auf dem Weg zu ihrem Klassenzimmer bleibt Ben neben ihr, einmal legt er ganz leicht die Hand auf ihren Arm, um sie in eine bestimmte Richtung zu weisen. Maja zuckt weg, sie kann nicht anders.
»Du bist ja echt schreckhaft«, murmelt Ben.
Auf dem Weg die Treppen hoch läuft ihnen wieder das schwarzhaarige Mädchen über den Weg, es scheint in ihrer Klassenstufe zu sein. Sie grinst breit, ihre grünen Augen blitzen. »Hey, Ben, wen hast du denn da
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