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Und keiner wird dich kennen

Und keiner wird dich kennen

Titel: Und keiner wird dich kennen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Brandis
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abgeschleppt? Brauchst du wieder mal Frischfleisch, oder was?«
    Maja stutzt. Uff! Ganz schön harter Spruch. Aber Ben lacht nur und gibt zurück: »Na klar, Baby, vielleicht willst du dir ja auch mal meine Briefmarkensammlung anschauen?«
    »Ich dachte, du hast nur ’ne Sammlung von Porno-Bildern«, kontert das Mädchen lachend und schlendert in ihren Klassenraum.
    Ben bemerkt wohl, dass Maja ein Stück von ihm abgerückt ist, denn er wendet sich ihr zu. Seine dunklen Mandelaugen blicken auf einmal nachdenklich. »Nimm das nicht so ernst, okay? Stella ist eben ... Stella. Die zieht jeden auf.«
    Maja nickt – sie weiß nicht mehr, was sie denken soll. Ist Ben tatsächlich einer, der jede flachlegt? Wollte diese Stella sie warnen?
    Nach der Schule geht sie mit Johanna zusammen zu den Fahrrädern. »Also dann bis morgen«, sagt Johanna, lächelt ihr noch einmal fröhlich zu und steigt auf einen tomatenroten Motorroller. »Pfiat di!«
    Bevor Maja »Äh, was?« fragen kann, ist sie schon davongebraust.
    Sie hatte kein verdammtes Recht, mich so abzuservieren. Kein Recht . Manchmal kochen die Gefühle in ihm hoch, es fällt ihm schwer, das zu verhindern. Sie hatte kein verdammtes Recht ... Immer wieder geht es Robert durch den Kopf, bis es sich anfühlt, als würde sein Blut kochen. Stundenlang fährt er schon durch die Gegend, auf Patrouille, und hält die Augen offen. Sein Instinkt sagt ihm, dass Lila schon die Stadt verlassen hat. Aber selbst wenn sie hier nicht mehr wohnt, so führt vielleicht doch eine Spur von hier aus weiter. Keine Information ist wertlos, so klein sie auch sein mag.
    Er parkt in der Nähe ihrer Wohnung und schlendert durch die Straßen, versucht, ganz entspannt zu wirken. Bei einem kleinen Laden, der Wein und Oliven verkauft, hält er an. Sie hat gerne Oliven gegessen. Jede Wette, dass sie hier drin war, und nicht nur einmal. Einen Moment lang gibt er sich einer Fantasie hin – Lila mit den Daumen die Augen auszudrücken und in die leeren Höhlen ein paar grüne Oliven zu stecken.
    Erschrocken schiebt er das Bild von sich. Was denke ich da? Ich liebe sie doch! Stattdessen versucht er, sich einen gedeckten Tisch vorzustellen und sich daran zu erinnern, wie sie einmal in einem griechischen Restaurant gegessen haben. Ganz zu Anfang, als noch alles in Ordnung war zwischen ihnen.
    Als er die Tür öffnet, kündigt ihn die Türglocke an; er ist der einzige Kunde. Drinnen riecht es nach Parmesan, frisch gebackenem Ciabatta und Olivenöl. Nicht übel.
    »Kann ich Ihnen helfen?« Die Verkäuferin – oder ist es bei so einem kleinen Laden eher die Inhaberin? – ist eine hagere Frau mit schmalem, wettergegerbtem Gesicht. Sie schenkt ihm ein Lächeln, und er verzieht ebenfalls die Mundwinkel, das kann er, das hat er tausendmal vor dem Spiegel geübt. Aber noch immer findet er es albern, dass andere Leute Wert legen auf diese Anspannung der Gesichtsmuskeln. Die Frauen wollen es am liebsten ständig, nur wird ihm das nach einer Weile meist zu anstrengend.
    Er kauft zwei große Stücke Käse, eine Portion Oliven und toskanische Wildschwein-Salami. »Ach, übrigens ...« Er zögert, während er noch vorgibt, sich mit den Weinen zu beschäftigen. »Eine alte Freundin von mir wohnt hier in der Nähe, Lila Köttnitz. Kennen Sie sie? Groß, mit dunklen Locken?«
    »Ja, natürlich!« Ihr Gesicht leuchtet auf. »Eine sehr nette Frau.«
    »Ich weiß.« Robert Barsch seufzt. »Ich war in der fünften Klasse furchtbar in sie verliebt ... und jetzt wohne ich auch hier, ganz in ihrer Nähe ... aber ich weiß noch nicht, ob ich mich traue, sie anzurufen. Wissen Sie zufällig, ob sie inzwischen verheiratet ist?«
    Das Gesicht der Frau wird weicher – na also, die Masche mit der alten Liebe zieht immer. Und es ist nicht nur eine Masche. Er liebt sie ja wirklich. »Nein, ich glaube nicht«, sagt sie. »Einen Ring trägt sie jedenfalls nicht.«
    »Hm, das muss ja nichts bedeuten. Vielleicht ist sie trotzdem in festen Händen.« Er probiert es mit einem traurigen Blick. »Aber ich würde sie wirklich gerne wiedersehen ...«
    »Dann fassen Sie sich doch einfach ein Herz!« Die Ladeninhaberin lächelt. »Ehrlich gesagt habe ich sie nie mit einem Mann gesehen und sie hat auch nie von einem Freund erzählt. Nur ihre Tochter hat einen, das weiß ich, ich sehe die beiden manchmal ... Sie interessieren sich für diesen Bordeaux? Das ist ein sehr guter Jahrgang.«
    Na klar, sie will eigentlich nur was verkaufen.

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