Und keiner wird dich kennen
abgeräumt.« Cedric sagt es ganz unbeschwert, als spreche er über irgendwelche Fremden.
»Oh«, sagt Lorenzo lahm. Cedrics Familie ist immer für eine Überraschung gut! Soweit er weiß, haben die von Braunfels’ eine Menge Kohle, aber sie sind auch fleißig damit beschäftigt, sie auszugeben oder sich darum zu streiten.
Lorenzo fühlt sich elend. Das Geld, das jetzt für den Detektiv draufgeht, war eigentlich für seinen und Majas ersten gemeinsamen Urlaub gedacht. Monatelang hat er Pizzas ausgefahren, um ihn sich leisten zu können. Norwegen – Fjorde, Gletscher, tiefe Wälder, das wäre bestimmt total cool geworden. Und jetzt gibt er das Geld aus, einfach so. Aber ohne Maja wäre er sowieso nicht gefahren; um trübe herumzuhängen, muss er nicht ins Ausland, das kann er auch daheim.
Sie sind da. Am Klingelschild steht Auskunftei Adler . Lorenzos Zeigefinger schwebt über der Klingel. »Vielleicht hätten wir vorher anrufen sollen.«
Cedric schnaubt nur und Lorenzo klingelt. Eine knappe, geschäftsmäßige Männerstimme fragt: »Ja?«
Verlegen erklärt Lorenzo, dass er einen Auftrag habe, und kommentarlos summt der Türöffner. Das Büro der Auskunftei Adler wirkt nüchtern – grauer Teppichboden, schwarzer Schreibtisch, silberne Rollcontainer mit Akten darin. Es ist nur ein einziger Mensch in Sicht – ein Mann mit Stirnglatze und blondem Pferdeschwanz. Ganz entspannt lehnt er sich in seinem ledernen Bürosessel zurück und schnippt ein Staubkorn vom Ärmel seines Anzugs. »Na, Jungs, wie kann ich euch helfen? Setzt euch.«
»Sind Sie Herr Adler?«, fragt Lorenzo etwas eingeschüchtert und lässt sich auf einen der beiden Stühle sinken, die vor dem Schreibtisch stehen.
»Nee.« Der Mann grinst. »Den gibt’s gar nicht. Ich hab den Laden nur so genannt, damit er in Branchenverzeichnissen ganz vorne auftaucht.« Er schnickt ihnen eine Visitenkarte über den Tisch, auf der Ole Nikisch steht und eine Handynummer, sonst nichts.
Cedric blickt sich mit zusammengekniffenen Augen um und der Mann lässt sie nicht aus den Augen. »Also?«, fragt er schließlich, und Lorenzo erklärt die Sache mit Maja, wann genau sie verschwunden ist und was er bisher unternommen hat. Nur seinen missglückten Einbruch lässt er lieber aus. Zum Abschluss schiebt er noch Majas letzten Brief über den Tisch, ganz vorsichtig. Ole Nikisch nimmt ihn mit spitzen Fingern und betrachtet ihn von allen Seiten. Schließlich schiebt er ihn zurück.
»Soso, und dafür willst du dein Taschengeld opfern? Gibt doch viele Fische im Meer.« Sein Ton klingt jetzt halb freundlich, halb herablassend. Lorenzo beißt die Zähne zusammen. Es war eine Scheißidee, herzukommen, warum hat er nur auf Cedric gehört? Oder zumindest hätten sie zu jemand anderem gehen können als zu diesem schmierigen Typen, der zufällig in ihrer Nähe wohnt.
»Wollen Sie den Auftrag oder nicht?«, fragt Lorenzo kühl.
Der Mann beobachtet ihn und drückt dabei ständig auf einen Kuli, klack, klack, scheint ein nervöser Tick von ihm zu sein, oder soll das dazu dienen, seinen Kunden den letzten Nerv zu rauben? »Hast du mal darüber nachgedacht, dass sie vielleicht einen guten Grund hatte, zu verschwinden?«
»Äh, was meinen Sie damit?«
»Hatte die Familie Schulden? Oder hat einer von ihnen gedealt?«
Gedealt? Niemals. Lila nicht, die hatte doch einen guten Job, bei Maja kann er sich das sowieso nicht vorstellen und Elias war noch zu jung für so was. Aber was die Schulden angeht, muss Lorenzo passen. »Das weiß ich nicht.«
Der Blick von Ole Nikisch sagt so klar Was weißt du überhaupt?, als hätte er es ausgesprochen. »Kann sein, dass sie nicht gefunden werden will«, sagt er schließlich.
Lorenzo ist mittlerweile völlig durcheinander. Nicht gefunden werden? Das hat er nie in Betracht gezogen. »Sorry, aber das kann ich nicht glauben. Sie liebt mich, da bin ich sicher.«
»Weißt du, Kleiner«, sagt Nikisch – ist da ein Hauch von Mitleid in seiner Stimme? »Besser, du sparst dir dein Geld. Es macht dich nur unglücklich, wenn du dich an etwas klammerst, was eigentlich vorbei ist.«
»Es ist nicht vorbei!«, brüllt Lorenzo, er ist mit geballten Fäusten aufgesprungen, fast ohne es zu merken. »Und zu Ihren bescheuerten Fischen im Meer – ich will keine andere, auch wenn sie aussieht wie Kirsten Stewart!«
Cedric redet auf ihn ein, aber Lorenzo hört nicht mehr zu. Er stürmt aus dem Büro der Auskunftei Adler und nimmt zwei Stufen auf einmal auf
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