Und keiner wird dich kennen
dem Weg nach unten.
Der nächste Tag ist übel. Johanna grüßt sie zwar, doch außer Alli redet niemand mehr mit Maja. Paloma lästert offensichtlich hinter ihrem Rücken über sie, jedenfalls verstummen sie und ihre Freundinnen plötzlich, als Maja in ihre Nähe kommt. Stattdessen grüßt sie mit scheinheiliger Freundlichkeit. Ihr könnt mich alle mal, denkt Maja und lächelt mit schmalen Lippen zurück.
Was jetzt? Sie kann Ben unmöglich erklären, warum sie so seltsam drauf ist. Aber wenigstens entschuldigen kann sie sich. Sie hat ihn mies behandelt, er hatte es nicht verdient, angepflaumt zu werden.
Auf dem Weg zu Ben suchen ihre Augen nach dem schwarzhaarigen Mädchen, nach Stella, doch sie ist nicht in Sicht. Dabei könnte Maja ein bisschen Aufheiterung gebrauchen. Und ihre Fragen wird sie wieder nicht los.
Ben steht in einem kleinen Grüppchen von Jungs auf dem Pausenhof und blödelt mit den anderen herum, das ist garantiert der falsche Moment, um ihn anzusprechen. Sie könnte ihm natürlich eine SMS aufs Handy schicken, nur hat er ihr noch nicht seine Nummer gegeben und in Facebook darf sie ja nicht mehr. Ist eh eine blöde Idee, entschuldigen muss man sich persönlich.
Als der Schulgong das Ende der letzten Stunde verkündet, ist Maja als Erste aus dem Klassenzimmer. Draußen bei den Fahrrädern postiert sie sich an einer der gelben Metallsäulen, die hier und da im Weg herumstehen, und wartet. Ja, da ist er und verabschiedet sich gerade von seiner Clique. Maja weiß, dass er sie gesehen hat, auch wenn er sie nicht anblickt und sein Rad aufschließt, als wäre alles wie sonst. Er weiß, dass sie auf ihn wartet, und lässt sie zappeln. Verabschiedet sich bei tausend Leuten, schiebt das Rad ganz langsam in ihre Richtung. Hält dann endlich an, kurz bevor er an ihr vorbeikommt, und wendet sich ihr zu. »Na, alles klar, Alissa?«
»Nein«, sagt Maja.
»Wieso nicht?«
Macht keinen Sinn, darum herumzureden. »Es tut mir leid. Ich war nicht gut drauf gestern, und ich hasse es, wenn mich jemand erschreckt.«
Lange sieht er sie an, länger, als sie diesen Blick aushält. »Du hast ’ne schwere Zeit hinter dir, was?«, hört sie seine Stimme, während sie zu Boden blickt.
Maja kann es kaum glauben. Woran hat er das gemerkt – ist er einfühlsamer, als sie es ihm zugetraut hat? Verblüfft schaut sie hoch und ihre Blicke treffen sich.
»Ich schleich mich nicht mehr an, okay?«, sagt Ben lächelnd. »Versprochen.«
Dann kritzelt er etwas auf einen Zettel, seine Handynummer? Mehr als das, auch seine Adresse, wie sie feststellt, als sie den Zettel in der Hand hält. Eisvogelweg.
»Äh, ja, und stattdessen soll ich deine Eltern kennenlernen?«, flachst Maja verlegen.
Ben grinst. »Samstag ist Party. Mein Geburtstag. Komm, wenn du magst.«
Er schwingt sich auf sein Rad, ruft ihr ein kurzes Ciao zu und fährt davon, ohne sich noch einmal umzudrehen.
Sie ist eingeladen. Wow. Einerseits – toll. Das heißt nicht nur, dass er ihr verziehen hat, es bedeutet auch, dass sie endlich mal mit ein paar Leuten quatschen und sie richtig kennenlernen kann. Andererseits sträubt sich alles in ihr davor, hinzugehen. Hat Ben eine besonders gute Beobachtungsgabe, oder sieht man ihr so deutlich an, dass etwas mit ihr nicht stimmt? Klebt die Scheiße, durch die sie gewatet ist, noch irgendwo an ihr?
Flugprüfung
Wie sucht man ein Geschenk aus für jemanden, den man praktisch nicht kennt? Ganz einfach – überhaupt nicht. Maja schlendert die Hauptstraße von Olching entlang, an allen möglichen Läden vorbei, und ihr wird immer klarer, dass sie jetzt auf keinen Fall etwas kaufen sollte. Es ist garantiert das Falsche. Also ruft sie mit ihrem neuen Prepaid erst mal Johanna an, um sich beraten zu lassen. Wie sie gehofft hat, reagiert Johanna freundlich, vielleicht weil der Streit mit Ben schon wieder Vergangenheit ist.
»Du bist zu seina Party eingeladen? Wow, der mog di wirklich«, meint Johanna, als Maja das mit dem Geschenk anspricht. »Sei nett zu eam, okay? Das letzte Madl, in das er verliebt war, hod eam ganz fies das Herz brocha.«
Maja reimt sich zusammen, dass ein Mädchen Ben das Herz gebrochen hat. »Echt?«, fragt sie verblüfft. Irgendwas passt hier nicht. Wieso hat Stella sie dann davor gewarnt, dass er ein Verführertyp sei? Maja will erklären, dass sie im Moment lieber solo bleiben möchte, doch schon redet Johanna weiter und erzählt, dass Ben Fechten macht und viel liest – querbeet von Fantasy bis
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