Und keiner wird dich kennen
schenken.«
»Sag mal, was bist du nur für ein Arsch geworden!« Natascha funkelt ihn an. Sie ist seit einem Monat solo und natürlich weiß er das, die ganze Schule hat mitbekommen, wie sich Martin von ihr getrennt hat.
»Ich stelle eine Mappe zusammen«, rückt sie endlich heraus. »Um mich bei einer Agentur zu bewerben. Kennst du Laura aus der Parallelklasse? Die verdient nebenbei mit Modeln Geld.«
»Schön für sie.« Lorenzo wendet sich zum Gehen.
»Ich könnte bei Liliana ein gutes Wort für deinen Freund einlegen.«
Lorenzo hält an. Cedric ist schon seit Jahren in Liliana verliebt – es würde ihm so viel bedeuten, wenn sie wenigstens mal freundlich mit ihm reden würde. Ein paar Worte nur. Wenn es in seiner Macht liegt, Cedric diese Chance zu verschaffen ... kann er da Nein sagen?
»Okay«, sagt Lorenzo schließlich, und Natascha kann sich ein triumphierendes Grinsen nicht verkneifen. »Na also. Wir könnten das Ganze im Loft meiner Eltern durchziehen, die machen gerade einen Kurzurlaub.« Nataschas Vater ist Bildhauer und vermutlich stehen überall im Loft malerische Steinklötze herum. Klingt nicht schlecht. »Oder wäre dir ein anderer Ort lieber?«, fährt Natascha fort. »Wald, Autowerkstatt, oder so?«
»Ich wusste nicht, dass wir ein Shooting für den Pirelli-Kalender machen«, gibt Lorenzo zurück. Irgendetwas an dieser Natascha reizt ihn, er kann kaum anders, als grob zu ihr zu sein.
Aber das scheint ihr zu gefallen, jetzt grinst sie ihn noch frecher an. »Na, dann ist ja alles klar. Freitagabend, zehn Uhr?«
Lorenzo nickt und macht sich auf den Heimweg. Als er sich daheim in sein Zimmer einschließt und die neuesten Fotos ins Netz hochlädt, fragt er sich, warum Natascha ausgerechnet ihn ausgewählt hat. Schließlich gibt es in der Oberstufe noch zwei, drei andere Leute, die gut fotografieren.
Dann schweifen seine Gedanken weiter zu Cedric. Sollte er ihn fragen, ob er zum Shooting mitkommen mag? Er würde bestimmt gerne dabei sein. Nein, besser, Cedric kommt nicht mit, er soll möglichst nichts von seinem Deal mit Natascha ahnen.
Lorenzo freut sich schon auf Cedrics Gesicht, wenn seine Traumfrau ihn anspricht.
Easy Rider
»Hast du eigentlich einen Freund?« Stellas Frage kommt unvermittelt. Sie schlendern gerade auf dem Pausenhof herum, um frische Luft zu schnappen. Doch jetzt ist es Maja, als entweiche die Luft mit einem Schlag aus ihren Lungen.
»Ich ... hatte bis vor Kurzem einen«, sagt sie. »Aber der Umzug hat das beendet, fürchte ich.«
»Wieso denn das?« Stella blickt neugierig drein. »Man kann doch inzwischen ganz gut in Kontakt bleiben mit Mails, Facebook, Skype und so weiter ...«
»Das hat bei uns nicht geklappt«, versucht Maja zu erklären und weiß doch, dass sie es nicht erklären kann, nicht erklären darf , sonst ist sie viel zu dicht dran an der Wahrheit.
»Ach so, dann war es vor eurem Umzug sowieso schon fast aus, oder?«, meint Stella, aber Maja kann nicht antworten, weil ihr die Kehle so eng geworden ist und Tränen in ihre Augen drängen.
»O Mann, das tut mir leid, ich bin so blöd ... nach so was fragt man ja eigentlich nicht. Ich und meine große Klappe!« Stella sieht zerknirscht aus. »Ach, du, komm, ich muss dich gleich mal drücken.« Genau das macht sie auch und peinlicherweise rinnen Majas Tränen jetzt noch viel heftiger. Wieso nur darf sie Stella nicht die Wahrheit sagen? Ihr sagen, warum sie hier ist und was mit ihr los ist? Es fühlt sich scheußlich an, ihre neue Freundin belügen zu müssen. Kann man überhaupt befreundet sein, wenn man sich nicht die Wahrheit sagt? Fehlt da nicht etwas Wichtiges, etwas Entscheidendes?
»Wenn dich was belastet ... sagst du es mir dann?«, flüstert Stella und drückt ihr ein Taschentuch in die Hand.
»Ich ...« Maja weiß, dass sie nicht Ja sagen darf. Auch Stella darf es nicht erfahren, niemand darf erfahren, was mit ihr los ist. Besser, sie lenkt ab und drückt sich so vor der wahren Antwort. »Weißt du, ich kenne bisher kaum Leute hier, manchmal fühle ich mich schon ein bisschen einsam.«
Stella blickt nachdenklich drein, dann erhellt sich ihr Gesicht. »Ich hab ’ne Idee, wie du auf einen Schlag ziemlich viele neue Freunde gewinnen könntest.«
Maja versucht zu lächeln. »Was muss ich dafür machen? Freibier ausgeben?«
»Nö. Keine Sorge, es kostet nichts.« Doch mehr will Stella nicht verraten, sie sagt nur: »Heute Abend ist Easy Rider angesagt, bist du immer noch dabei? Wenn ja,
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